Reise

Lombardei: Ciao Italia!

Chervò Golf San Vigilio: Vom erhöhten Aussichtspunkt des Clubhauses fingen wir am frühen Morgen dieses noch taubedeckte Doppelgrün ein.
Von Johannes Oberlin

Carlo Carozza! Der Name liest sich wie aus dem Drehbuch eines legendären US-Mafia-Klassikers. Carlo Carozza ist jedoch nicht mit Don Vito Corleone alias Marlon Brando („Der Pate“) verwandt und hat auch nichts mit der sizilianischen Mafia zu tun. Carlo Carozza ist schlichtweg Clubdirektor.

Schnitt! Wir sind in keinem Hollywoodstreifen und haben auch keine endlosen Filmnächte hinter uns. Fotograf Oliver Hardt und meine Wenigkeit hat es vielmehr in die oberitalienische Lombardei verschlagen. Sechs Plätze stehen auf dem Plan. Unsere Mission: Herauszufinden, ob die knapp 10-Millionen-Einwohner-Region um Mailand, Bergamo und den Gardasee einen Golftrip wert ist.

Im GardaGolf Country Club, einer der schönsten Italiens, treffen wir auf den bereits erwähnten „Golfpaten“. „Direttore“ Carlo Carozza ähnelt seinem Filmpendant ungemein: sizilianischer Akzent, feuchter Händedruck (ohne Blickkontakt), Visitenkartentausch. Das wars! Carozzas kalter Zigarren-Qualm macht sich noch einmal in der taufrischen Morgenluft sichtbar, dann dreht er ab. Scheinbar hat er wichtigeres zu tun, als sich um Golfjournalisten zu kümmern.

Der etwas seltsam nachwirkende erste Eindruck ist schnell vergessen, als wir unsere Bälle über die leicht hügeligen Fairways spielen. Der 27-Löcher-Parklandkurs in unmittelbarer Nähe zum Gardasee – dem größten und beliebtesten des Landes – ist ein echtes Juwel an Golfplatz und strotzt nur so vor altem Baumbestand.

Zypressen, jahrhunderte alte Eichen, Mittelmeerpinien, Olivenbäume und Teiche grenzen die variantenreichen topgepflegten Bahnen voneinander ab. Die meiste Zeit thronen die Alpen im Hintergrund: Der Rocca di Manerba (ein riesiger Felsen mit steil abfallender Kante zum Wasser des Gardasees) und die Hügel der Valtensi sind echte Hingucker. Bernhard Langer muss vor 13 Jahren bei der Italian Open seinen Erfolg hier sichtlich genossen haben. Damals bezwang er José Maria Olazábal um einen Schlag und feierte hier seinen 36. Sieg auf der European Tour.

Jährlich kommen 16.000 Gäste

Nicht zuletzt deswegen genießt der GardaGolf Country Club – drei Autostunden von München entfernt – einen exzellenten Ruf in Italien. Jährlich kommen etwa 16.000 Gäste an den Gardasee, um hier zu spielen. Zu den prominentesten zählen Oliver Kahn und Franz Beckenbauer. „Die sind häufig bei uns“, erzählt Rezeptionist Elio Podanni, der im Gegensatz zu seinem Chef sehr offen und gesprächig ist.

Der Club verfügt über 600 Mitglieder. Eigentlich nicht der Rede wert. Für Italien ist die Zahl jedoch relativ hoch. Mit durchschnittlich etwa 250 Mitgliedern pro Club (viele der elitären alteingesessenen Clubs wollen nicht mehr) ist das Land des amtierenden Fußballweltmeisters beileibe keine Golfhochburg. „Trotzdem gibt es mehr Mitglieder als Golftouristen in Italien“, erzählt Massimo Mottola, der für Touristen Golfreisen in der Region organisiert. Wenig Mitglieder, noch weniger Greenfeespieler bedeutet: viel Ruhe, wenig Spielbetrieb, was folgerichtig einen entspannten Golfurlaub garantieren kann.

Das ist auch unser Eindruck. Abgesehen vom gut gebuchten GardaGolf CC geht es auf den anderen Plätzen etwas gemächlicher zur Sache. Der La Pinetina Golf Club, den wir ebenfalls unter die strenge GOLFmagazin Testlupe nehmen, ist der beste Beweis dafür. Der in einen beschaulichen Wald eingebettete sehr hügelige Par 70-Kurs ist fast vollständig verlassen (zumindest auf neun der 18 Bahnen), als wir hier um die Mittagszeit auf- und abschlagen. Das Layout weiß hier deutlich mehr zu überzeugen als der etwas dürftige Platzzustand.

Das Besondere: die Ruhe. La Pinetina liegt im Naturpark Pineta von Appiano Gentile (einer Gemeinde in der Provinz Como), fernab von Autolärm und Alltagsstress – mit Blick auf den Monte Rosa, die Voralpen und die Apeninen. Das Clubhaus bietet gutes Essen und sogar ein paar Gästezimmer zum Nächtigen. Nach Como sind es knapp 30 Autominuten. Die Besichtung der idyllischen Kleinstadt ist Pflicht. Und wer im Juni kommt, kann mit  Glück sogar auf Frauenschwarm George Clooney (aktueller Film: Up in the Air) treffen. Der Hollywoodstar ist „Wahl-Comoraner“ und Mitglied im Menaggio & Cadenabbia Golfclub, den wir leider nicht zu sehen bekommen.

Dritte und vierte Station unserer Golfreise durch die Lombardei sind die Provinzen Brianza und Bergamo. Brianza mit ihren vielen Bergen ist ein wichtiger Industriezweig Italiens und darüber hinaus vor allem für ihre gute einheimischen Küche bekannt. Eine Kostprobe gibt es im Golf Brianza Country Club zwischen Mailand und Lecco. Hier genießt man (u. a.) feinste Paninis, serviert von Küchenchef Vigliotta Tonino. Der nennt sich selbst „Panino-Tonino“ und hat seinen Spitznamen zum Beruf, vielmehr zur Spezialität des Hauses gemacht.

Sind wir ehrlich: Das war zu erwarten. Italien lebt von gutem Wein, Pasta, Pizza, Parma und natürlich Paninis. Das alles bekommen wir erster italienischer Klasse im Clubrestaurant von Panino-Tonino. Sogar Formel 1-Pilot Giancarlo Fisichella hat hier schon einen Boxenstop eingelegt, als er vor drei Jahren in Monza – etwa zehn Autominuten vom Club – den berühmten Formel 1-Grandprix bestritt. Und: Er hat hier Golf gespielt. Kein Wunder, denn der relativ offene 18-Löcher-Kurs – designt von Marco Croze, einem der bekanntesten Golfarchitekten in Italien – ist neben den Paninis ein echter Leckerbissen. Sanft gewellte Bahnen und schnelle ondulierte Grüns erstrecken sich in einer wundervollen Parklandschaft. Schöne Weitblicke auf die Gipfel von Resegone und der Grigna-Gruppe machen die Runde zum Naturschauspiel.

Der Golf Club La Rossera, 15 Kilometer von Bergamo, hingegen zeigt sein hügeliges Gesicht bereits auf dem Platz. Die alpine 9-Löcher-Anlage auf 450 Meter geht steil bergauf und bergab. Bei gutem Wetter genießt man herrliche Weitblicke auf Bergamo und die Apenninen, die einen eher mittelmäßigen Platz (immerhin der zweitälteste der Lombardei: seit 1972) sehr gut entschädigen.

Unsere Golfreise führt uns weiter nach Iseo. Iseo gehört zur Region Brescia und ist vor allem durch seinen gleichnamigen See bekannt geworden. Der ist kleiner als der Gardasee, weniger mit Touristen überflutet und befördert binnen zwei Stunden wintersportaffine Passagiere in die Schweiz nach St. Moritz. Südlich des Iseosees erstreckt sich die Weinanbauregion Franciacorta, wo wir den nächsten Golfplatz testen. „The Wine Golf Course“ nennt sich der Franciacorta Golf Club auch. Zu erkennen an den stilechten Weinflaschen an den Abschlagboxen, den Weinbergen in der Umgebung und natürlich den edlen Tropfen im delikaten Clubhausrestaurant. Unbedingt probieren: Rinderfilet (englisch gebraten), serviert auf heißem Lavastein.

Die anspruchsvolle 18-Löcher-Parkland-Anlage (plus 9 Übungslöcher), designt von Pete Dye und Marco Croze, hat es in sich. Die ersten Löcher sind für höhere Handicapper schwer zu spielen, allen voran die schmale 3 mit dem vielleicht schwierigsten Abschlag der Lombardei. Nach hinten raus spielt sich der Kurs leichter (weil breiter) und überzeugt mit diversen Signature Holes. Positiv zu erwähnen sind: eine gut erkennbare Handschrift, abwechslungsreiche Löcher und eine ruhige Atmosphäre. Mankos: der teilweise nicht ganz optimale Pflegezustand und die unschönen Strommasten.

Der erste Eindruck ist gewaltig

Die hat man leider auch im Chervò Golf San Vigilio. Das neue Golfresort der Lombardei wurde erst Ende 2008 eröffnet und liegt zwischen Sirmione und Desenzano in der Gemeinde von Pozzolengo – auf den Hügeln, die den Gardasee umrunden. Die Anlage, designt von Kurt Rossknecht, verfügt über 27 Championship- und neun Par 3-Übungslöcher und ist damit die größte der von uns gespielten.

Der erste Eindruck ist gewaltig. Neue flotte E-Carts im Chervò-Grün und ein bombastisches Clubhaus (das schönste und eleganteste), von dessen Terrasse man vielversprechende Impressionen vom Kurs bekommt. Der wird seinen Erwartungen jedoch nicht ganz gerecht. Fairways und Grüns sind zwar neu und in entsprechendem Zustand, jedoch sind viele der 18 meist breiten Bahnen (wir spielten die gelben und die weißen 9) ähnlich und noch wenig bewachsen (im Sommer gibt es kaum Schatten).

Der neue Kurs ist für die meisten Handicapklassen spielbar, und die zugehörigen Appartements sind auch nicht weit entfernt. Davon gibt es 320 an der Zahl, die ausschließlich zum Kauf und leider nicht zur Miete angeboten werden. Die Hälfte davon sei schon verkauft, erzählt Hotel- und Golfdirektorin Barbara Bignotti. Und seit 2009 steht nun auch das 4-Sterne-Wellness Golf Hotel San Viglio seinen Gästen zur Verfügung.
 Der Golfplatz ist definitiv (noch) nicht auf Augenhöhe mit dem GardaGolf CC. Dennoch: Wer eine gehobene italienische Küche in spektakulärem Clubhausambiente, einen zuvorkommenden Service und eine solide, nicht zu schwere Anlage sucht, kann in Pozzolengo durchaus einen entspannten Golfurlaub verbringen.

Dies gilt übrigens für die ganze Lombardei – so unser Fazit! Zwar haben die von uns gespielten Plätze – bis auf den GardaGolf CC – kein türkisches Belek-Niveau, dafür gibt es Kultur, italienisches Flair und eine Küche, die man so nur in Oberitalien genießen kann. Unsere Empfehlung: Lassen Sie sich am Gardasee nieder. Dort gibts zwar die meisten Touristen –  doch auch die beste Wasserqualität, den besten Golfplatz und mit Carlo Carozza einen filmreifen Clubdirektor.

Info Lombardei
Zur Region: Die Lombardei ist eine norditalienische Region, in der über 9,7 Millionen Einwohner leben – und Italiens führende Wirtschaftsregion. Aufgeteilt ist sie in zwölf Provinzen: Bergamo, Brescia, Como, Cremona, Lecco, Lodi, Mantua, Mailand, Monza und Brianza, Pavia, Sondrio und Varese.

Lage: Sie liegt zwischen dem Lago Maggiore, Po (Fluss) und dem Gardasee. Letzterer ist von München aus in drei Autostunden zu erreichen. Die Hauptstadt ist Mailand.

Klima: Der Gardasee bietet ganzjährlich ein relativ mildes Klima. Die Sommer können heiß werden und der Herbst beginnt später als in Deutschland. Wir waren Mitte Oktober vor Ort und stellten fest: Man kann hier auch im Herbst noch bei gutem Wetter Golf spielen. Das gilt für alle Regionen, die wir besuchten.

Landschaft: Die Lombardei ist vor allem für ihre vielen Seen bekannt. Allen voran der Gardasee, der Lago Maggiore, der Luganer See und der Comer See. Entsprechend groß ist das Freizeitangebot. Zudem ist die Gegend durch viele Weinanbaugebiete geprägt (z. B. Franciacorta; www.baronepizzini.it).

Städte: Unbedingt einen Besuch wert sind Como, Bergamo, Iseo, Franciacorta, Sirmione und natürlich Mailand.

Anreise: Von Süddeutschland (München, Stuttgart) ist man bequem und schnell in wenigen Autostunden am Gardasee. Flüge nach München und Mailand bieten die meisten der großen und günstigen Fluganbieter an.

Mehr Infos: Alles Wichtige für Ihre Italienreise finden Sie auf der Homepage der italienischen Zentrale für Tourismus Enit (www.enit.it, www.enit-italia.de). Unterkünfte um den Comer See unter www.comersee.de und www.labreva.com. Weitere hilfreiche Webseiten: www.co.camcom.it, www.provincia.como.it, www.diamondgolf.it, www.bresciatourism.it, www.turismo.bergamo.it, www.agenzialagoiseofranciacorta.it, www.sirmionehotel.com, www.sirmioneboats.it.

GardaGolf Country Club
5 Sterne
Adresse: Via A. Omodeo 2; 25080 Soiano del Lago (Brescia)
Tel.: 0039/0365/67 47 07
www.gardagolf.it
Designer: Cotton, Pennick Steel & Partners
Platz: 27 Löcher
Rot: 2.986 m (gelb)/2.629 m (rot)
Weiß: 3.069 m (gelb)/2.711 m (rot)
Gelb: 2.798 m (gelb)/2.432 m (rot)
Greenfee: Hochsaison: 18 Löcher 85 Euro; Nebensaison: 60 Euro
HCP-Begrenzung: 36
Fazit: Der beste Platz, den wir hier gespielt haben. Tolle alte Bäume (vor allem Zypressen), variantenreiche Bahnen und ein top Platzzustand.

Golf Brianza Country Club
4 Sterne
Adresse: Località Cascina Cazzù 20040 – Usmate Velate
Tel.: 0039/6829/08 90 79
www.brianzagolf.it
Designer: Marco Croze
Platz: 18 Löcher, Par 72
5.744 m (gelb)/5.098 m (rot)
Greenfee: Wochentags: 18 Löcher: 48 Euro. Wochenende: 70 Euro
HCP-Begrenzung: Keine
Fazit: Sehr schönes gemütliches Restaurant mit hervorragender italienischer Küche (unbedingt probieren: Paninis). Der Platz überzeugt mit schnellen, ondulierten Grüns, altem Baumbestand, Wasser und ondulierten Fairways.

La Pinetina Golf Club
4 Sterne
Adresse: Via Al Golf 4, 22070, Appiano Gentile (Como)
Tel.: 0031/93 32 02
www.golfpinetina.it
Designer: Harris Albertini Mezzalane
Platz: 18 Löcher, Par 72
5.528 m (gelb)/4.842 m (rot)
Greenfee: Wochentags: 18 Löcher: 50 Euro. Wochenende: 70 Euro
HCP-Begrenzung: 36
Fazit: Der Platz liegt mitten im Naturpark Pineta von Appiano Gentile und garantiert Ruhe und Erholung. Das Layout ist besser als der etwas dürftige Platzzustand (teils löchrige Fairways). Praktisch: Es gibt sogar ein paar Zimmer zum n ächtigen.

Franciacorta Golf Club
4 Sterne
Adresse: Via Provinciale 34/B, 25040 Nigoline di Corte Franca (BS)
Tel.: 0030/98 41 67
www.franciacortagolfclub.it
Designer: Pete Dye und Marco Croze
Platz: 18 Championsship-Löcher, Par 73, plus neun Extralöcher (Par 34)
5.921 m (gelb)/5.231 m (rot)
Greenfee: Wochentags: 18 Löcher: 50 Euro. Wochenende: 75 Euro
HCP-Begrenzung: 36
Fazit: Der Kurs beginnt schwer, wird später aber offener und leichter. Es werden 160 Turniere pro Saison angeboten. Sehr gute italienische Gastronomie mit edlen Tropfen aus der heimischen Weinregion.

Golf Club La Rossera
3 Sterne
Adresse: Via Montebello 4, 24060 Chiuduno (BG)
Tel.: 0035/83 86 00
www.rossera.it
Platz: 9 Löcher, Par 35
2.609 m (gelb)/2.293 m (rot)
Greenfee: Wochentags: 18 Löcher: 35 Euro. Wochenende: 45 Euro
HCP-Begrenzung: 36 (nur am Wochenende)
Fazit: Nur 15 km von Bergamo entfernt bietet diese raffinierte 9-Löcher-Anlage aus 450 Metern Höhenlage schöne und vor allem nebelfreie Weitblicke auf die Apenninen und das Monte Rosa-Massiv. Das Restaurant ist exzellent!

Chervò Golf San Vigilio
4 Sterne
Adresse: Loc. San Vigilio, 25010 Pozzolengo (BS)
Tel.: 0039/ 03 09 18 01
www.chervogolfsanvigilio.it
Designer: Kurt Rossknecht
Platz: 27 Championsship- plus neun Par 3-Übungslöcher
Rot: 3.107 m (gelb)/2.646 m (rot)
Weiß: 2.846 m (gelb)/2.375 m (rot)
Gelb: 2.964 m (gelb)/2.508 m (rot)
Greenfee: Hochsaison: 18 Löcher: 70 Euro; Nebensaison: 60 Euro
HCP-Begrenzung: Keine
Fazit: Großflächige neue Parkland-Anlage, 5 km vom Gardasee. Noch wenig bewachsen. Resort-Flair! Bestes Clubhaus, teure Gastronomie!