Reise

Parklandflair im Ländle

Saubere Schnittkanten belegen den guten Zustand des GC Schönbuch. Hier die 2
Von Johannes Oberlin
und Stefan von Stengel (Fotos)

Die 115 Kilometer von Augsburg nach Donzdorf nahm Bernhard Langer gerne in Kauf. Donzdorf? Mit knapp 11.000 Einwohnern beileibe keine Weltstadt, doch für den damaligen Teaching Pro im Golfclub Augsburg-Bobingen eine wichtige Anlaufstelle. Hier, im Golfclub Hohenstaufen, traf sich der ambitionierte Jungspund mit Schwungcoach Willi Hofmann und arbeitete an den Grundlagen für seine beispiellose Karriere.

„Zwischen 1978 und 1982 kam Bernhard öfter zu uns“, erinnert sich Clubpräsident Dieter A. Kuberski (70, HCP 16), als wäre es gestern gewesen. „Damals war Golf hier einzigartig.“ Zu jener einmaligen Zeit hatte der Club im Landkreis Göppingen (60 km östlich von Stuttgart) gerade mal 20 Jahre auf dem Buckel, und die neun Löcher waren eben erst unter dem Ramsberg in der schwäbischen Kleinstadt eingeweiht worden. Vorher ließ man auf einer auswärtigen Golfanlage Tees, aber vor allem Bälle fliegen. Seit 1999 verfügt der Kurs am Fuße der Kaiserberge Staufen, Stuifen und Rechberg über 18 vollständige Bahnen. In diesem Jahr feierte man hier das 50-jährige Bestehen.

Als wir den „gemütlichen Club auf historischem Gelände“ (Kuberski) besuchen, haben wir den Parkland-Kurs in ruhiger Waldatmosphäre fast für uns allein. Eduard Hirsch, Berliner und Wahl-Schwabe, begleitet uns auf den ersten Löchern und lenkt rasch ein: „Nomalerweise ist hier mehr Spielbetrieb.“ Eigentlich ist der aus Berlin zugezogene Club-Manager seiner Mundart treu geblieben. Als er seinen Abschlag an der langen 1 (Par 5, 462 m bergauf) verzieht, wird durch ein örtliches „Menschenskinder“ jedoch schnell klar, dass er seit Jahren im Ländle heimisch ist. Auch mein „Fairwayhölzle“ bleibt nicht gerade; es landet auf dem entgegen kommenden zweiten Loch. Kein Problem, wir habens ja nicht eilig, oder wie man hier sagt: „Pressiera tuts uns net!“
 
Nach zwei Pärchen an Loch 3 und 4 nehmen Spiel und „Hölzle“ endlich Fahrt auf. Die 18 Löcher oft mit erhöhten Grüns ziehen sich wild durch die Landschaft. Es geht bergab, bergauf, und immer wieder durch Laub- und Tannenwälder. So richtig eben ist kaum eine Spielbahn. „Berühmt sind ebe au unsere Schrägen“, hatte Präsident Kuberski schon vor der Runde in breitem Heimat-Slang gewarnt. Wundern tut das nicht, schließlich bewegen wir uns am Rande der Ostalp.

Erst den Hang „ra“, dann auf’n „Affenbuckel“

Lauschige Ausblicke auf Berg und Tal hat man im Golfclub Hohenstaufen ständig. An der drivebaren 10 (Par 4, 295 m) gehts steil den Hang „ra“ (herunter). Club-Pro Thomas Ihle gelangen hier im vergangenen Jahr zwei Asse (!) oder eben auch Albatrosse (3 unter Par). Von oben genießt man eine herrliche Weitsicht auf die süddeutsche Naturkulisse. Ebenso vom 5. (Par 4, 341 m) und 15. Abschlag (Par 3, 162 m). Die skurrilste Bahn ist die 14: Blinder Drive durch eine Schneise ins Donzdorfer Nirvana. Schlag 2 muss auf den „Affenbuckel“ hier warten Grün, Fahne und Loch auf präzise Luftangriffe. Für den Puristen Schwachsinn, für den anderen eine riesige Gaudi.

Misslungen, weil topografisch anders schwer lösbar, sind die Abschläge 17 und 18, die parallel in die gleiche Richtung verlaufen. Auch die Wege zwischen den Bahnen haben es in sich. Zwar verlaufen sie meist durch schattenspendende Waldgassen, 500 Meter von Grün 9 zu Abschlag 10 und das alles auch noch bergauf sind für ältere Golfer ohne E-Cart kaum zumutbar. „Viele Spieler gehen von der 1 direkt auf die 10“, verrät Eduard Hirsch. „So sparen sie sich den Anstieg.“
 
80 Kilometer südwestlich von Donzdorf ganz in der Nähe der bezaubernden Universitätsstadt Tübingen hat man zwar weniger Höhe, dafür etwas mehr Länge zu überwinden. Im Golf Club Schönbuch schlängeln sich 18 Bahnen über 6.000 Meter (von gelb) durch den gleichnamigen, in der Gegend bekannten Naturpark.

Der Championship-Kurs gehört zu den „Leading Golf Courses of Germany“ und überzeugt durch einen erstklassigen Pflegezustand. „Qualitätsmäßig konnten wir schon immer mit dem Stuttgarter GC Solitude mithalten“, befindet Clubpräsident Werner Tybusseck in symphatischer Bescheidenheit, während er an seinem Getränk nippt. Recht hat er, sonst würde hier wohl nicht Jahr für Jahr die European Development Tour Station machen. Die Schönbuch Open lockt jährlich Europas Drittliga-Spieler ins Ländle. 2008 gewann Dennis Küpper mit einer 66er-Finalrunde (Platzrekord) überlegen. „Da isch hier immer was los“, schwärmt Schwabe Tybusseck. In diesem Jahr fällt das Turnier leider aus die Krise!

So bleibt mehr Spielzeit für die Mitglieder, und die gibt es hier mit gut 950 reichlich. Seit über zehn Jahren schon nimmt man keine neuen mehr auf die Wartelisten wachsen, die wirtschaftlichen Krisenwolken scheinen am Schönbuch selbst vorbeigezogen. Erklären lässt sich das eigentlich ganz einfach: Der Club profitiert von seiner zentralen Lage und ist von den drei hier getesteten der am besten angebundene. Er bietet mit einer zusätzlichen öffentlichen 9-Löcher-Anlage (der erste in Baden-Württemberg; Erweiterung auf 18 geplant) Ausweichmöglichkeiten für Gäste. Und er verfügt über wohlhabende Mitglieder, was sich am Fuhrpark auf dem clubeigenen Parkplatz zeigt. Zudem gehört die Trainingsanlage zu den größten in Deutschlands Süden.

Der Parkland-Kurs ist mit seinen langen, breiten Fairway­teppichen, den variablen Abschlägen und den sportlich platz­ierten Hindernissen allemal vier GOLFmagazin-Bälle wert. Einziges Manko: Die verkehrsgünstige Lage hat ihren Preis! An diversen Löchern werden Ruhe, Erholung und Ausblick durch angrenzende Schnellstraßen gestört. „Gerne hätten wir einen Schutzwall gebaut, aber wir durften nicht“, beklagt der Präsident.

Was fehlt, sind richtige Bergpanoramen

Was bei unserem Golftrip durchs Ländle fehlt, sind richtige Bergpanoramen. Zwar schmücken immer wieder Hügel und „Schwarzwälder“ die Horizonte, doch richtige alpine Aussichten wie in Österreich oder Bayern hat man in der von uns besuchten Gegend selten. Schade, denn die Schwäbische Alb ist eigentlich nicht weit weg.

Das bekannteste Mittelgebirge in der Region lässt sich vom GC Domäne Niederreutin  zehn Kilometer südlich von Herrenberg zumindest erahnen. Die 27-Löcher-Meisterschaftsanlage im Gemeindeort Bondorf gehört demselben Inhaber wie der GC Schönbuch. Hier stutzt, mäht (der Schwabe sagt „haia“) und werkelt dasselbe Greenkeeper-Team wie im Partnerclub. Noch besser als dort sind die Bunker (tiefer und sportlicher) sowie Grüns (ondulierter).

Die drei mal 9 Löcher bieten ihren 1.250 (!) Mitgliedern von allem etwas: Kurs A verlangt gutes Putting, B Geschick im Umgang mit Wasserhindernissen und die C-Bahnen lange Drives. Höhepunkt ist die B7 mit Inselgrün zur großen Clubhaus-Seeterrasse, auch wenn hier Loch 9 besser aufgehoben wäre. Leider trennt eine nicht ganz ungefährliche Hauptstraße Platz und Clubhaus von Driving Range und Parkplatz. Neben den 27 Hauptbahnen gibt es weitere sechs Übungslöcher, die auf neun öffentliche erweitert werden sollen. „Unser Ziel ist es, zu den Leading Golf Courses zu gehören. Dafür arbeiten wir sukzessive an Veränderungen und mehr Qualität“, erzählt Präsident Rainer Ganske (48, HCP 17), der Sportsgeist und Jugendarbeit im Club groß schreibt. „Für unsere vorbildliche Jugendarbeit sind wir schon ausgezeichnet worden.“

Apropos Jugendarbeit. Bernhard Langer hat in seiner Zeit im GC Hohenstaufen, der Club, mit dem unsere Reise began, auch vermehrt die Jugend trainiert. Wer dem Mann aus dem beschaulichen Anhausen heute über die Schulter schauen möchte, muss über den großen Teich nach Florida, wo Bernhard seit vielen Jahren wohnt. Dass der einstige Teaching-Pro aus Augsburg noch einmal nach Donzdorf heimkehren wird, ist unwahrscheinlich. Längst hat er dem Ländle „Ade“ gesagt.

Infos Region Stuttgart
Land & Leute: Die Schwaben haben es gerne deftig und urig. Das zeigt sich im Sommer in den zahlreichen Biergärten und im Winter in den gemütlichen Kneipen. Im Gegensatz zu den Norddeutschen so der Eindruck wird man in Baden-Württemberg schneller „warm“ mit den Menschen. Die Landschaft beeindruckt durch Berge, Täler und den Schwarzwald so weit das Auge reicht.

Städte: Landeshaupt- und größte Stadt im Ländle ist Stuttgart. Im Sommer ist es im so genannten „Stuttgarter Kessel“ sehr warm, schwül und oft windstill. Wer es gern etwas kleiner und luftiger mag, sollte sich die Universitätsstadt Tübingen nicht entgehen lassen. Besonderer Höhepunkt im Sommer: Stocherkahn
fahren auf dem Neckar.

Hotels: Die von uns getesteten Plätze haben angrenzende Hotels in verschiedenen Preiskategorien. Einfach beim Club anfragen.

Anfahrt: Die gängigen Fluglinien fliegen alle nach Stuttgart. Wer früh bucht, kommt oft billiger weg als mit der Bahn.

Golfclub Hohenstaufen
Adresse: Unter dem Ramsberg, 73072 Donzdorf
Tel: 07162/271 71
www.gc-hohenstaufen.de
Gegründet: 1959
Platz: 18 Löcher, Par 72, 5.838 m (g) (CR: 70,8; Sl.: 129), 5.132 m (r) (CR: 72,3; Sl.: 128)
Architekt: Donald Harradine/Reinhold Weishaupt
Greenfee: 45 Euro (Mo.-Fr.); 60 Euro (Sa.- So.)
Fazit: Der Kurs liegt wunderschön bergig, kann qualitätsmäßig aber nicht mit den Test-Konkurrenten mithalten. Die italienische Gastronomie ist top!

Golfclub Schönbuch
Adresse: Schaichhof, 71088 Holzgerlingen
Tel: 07157/679 66
www.gc-schoenbuch.de
Gegründet: 1989
Platz: 18 Löcher, Par 72, 6.009 m (g), (CR: 71,8; Sl.: 134), 5.149 m (r), (CR: 72,9; Sl.: 129)
Architekt: Götz von Mecklenburg/Harradine Golf
Leading Golf Course of Germany
Greenfee: 60 Euro (Mo.-Fr.); 80 Euro (Sa.- So.)
Fazit: Von allen drei Clubs der am besten angebundene. Hervorragende Platzqualität, leider mit Autolärm an manchen Löchern.

Golfclub Domäne Niederreutin
Adresse: Niederreutin 1, 71149 Bondorf
Tel: 07457/94 49-0
www.golf-bondorf.de
Gegründet: 1994
Platz: 3 mal 9 Löcher
A (Par 36): 2.964 m, 2.597 m
B (Par 36): 2.980 m, 2.644 m
C (Par 37): 3.107 m, 2.736 m
A+B: CR: 71,1 (g), 72,9 (r); Sl.: 128 (g), 126 (r).
Architekt: Karl F. Grohs
Greenfee: 50 Euro (Mo.-Fr.); 68 Euro (Sa.- So.).
Fazit: Die drei Plätze bieten Abwechslung und einen hohen Qualitätsstandard.