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Reise Schottland: Felsenfest

Reise Schottland
Reise Schottland: Nach unseren Reisen in die entlegensten Winkel der schottischen Inselwelt hat sich die Landkarte der besten Golfplätze Europas um einen gewaltigen, felsigen Abschnitt erweitert

Einer der stärksten Impulse, den wir Menschen nach unserem Fortpflanzungstrieb haben, ist der Drang zum Entdecken. Wir wollen um jeden Preis die andere Seite von etwas sehen. Da ist es schon verwunderlich, dass die meisten Schotten nicht einmal die Inseln im Westen ihres eigenen Landes kennen. Speziell die Äußeren Hebriden – absurd sie so zu nennen, da selbst die Inneren schon isoliert liegen – sind den meisten vollkommen unbekannt. Kein Impuls der Welt könnte sie dorthin führen. Zu beschwerlich ist der Weg – eine Expedition, inklusive einiger Fährpassagen und Flüge in winzigen Propellermaschinen, von denen eine sogar am Strand startet und landet. Nachdem wir selbst die Reise zu Schottlands entlegensten Golfplätzen angetreten sind, können wir diesen schottischen Mangel an Entdeckersinn nachvollziehen, aber in keiner Weise gutheißen. Zu gewaltig sind die Eindrücke, die einem dadurch verborgen bleiben.

Die Zeitung kommt bei Ebbe
Zunächst bringt uns eine rostige Fähre von Ardrossan auf dem Festland nach Brodick auf der Insel Arran. Weitere 20 Minuten Autofahrt und wir erreichen Blackwaterfoot und den Shiskine Golf & Tennis Club. Es regnet „Cats & Dogs“, wie die Briten einen kräftigen Dauerregen nennen. Shiskine ist ein 12-Löcher-Platz (Par 42, 2.740 m), genau wie Prestwick zu der Zeit, als Willie Park Sr. dort 1860 die erste British Open gewonnen hat. Und genau dieser Park war es auch, der die Löcher auf Arran entwarf. Eigentlich waren es 18, doch Sandverwehungen und zwei Weltkriege verhinderten das Fortbestehen der letzten sechs. Insulaner mit windgegerbten Gesichtern, die auch bei Regen ohne Hut spielen, freuen sich besonders über diese einzigartigen zwölf Löcher – „die perfekte Anzahl“, erzählte uns einer, „nach zwölf freust du dich längst auf den Whisky im Clubhaus.“ Stolz ist man vor allem über das 4. Loch, genannt „The Shelf“ („Die Felsbank“, Par 3, 134 m); die 9 „Drumadoon“ (Par 5, 463 m) und die 12 „Kilmory“ (Par 3, 117 m), beide benannt nach kleinen Orten der Insel. Die Mitglieder können zu Recht stolz auf ihren traumhaften Linksplatz sein – ein echtes Kleinod wie aus schottischen Reiseführern. Die zweite Insel unserer Reise heißt Islay, der Golfplatz darauf Machrie GC. Das kalkfarbene Clubhaus versprüht ungefähr den einladenden Charme eines Krankenhauses. Pläne für ein wesentlich hübscheres liegen bereits vor. Die Straße nach Machrie ist – wie beinahe alle auf der gesamten Inselgruppe – einspurig für beide Richtungen, mit Nothaltebuchten und an manchen Stellen nicht breiter als die Schultern von Davis Love III. Die Autofahrer übertreffen sich darin, dem anderen mit Fingerzeig freundlich die Vorfahrt zu gewähren. „Nein, Sie zuerst.“ „Nein, Sie!“ Mitunter zieht sich das ganz schön in die Länge… Machrie ist einer von diesen echten Dünenplätzen voll von blinden und halbblinden Schlägen, bei dem eine zweite Runde fast zwingend ist – auch wenn es dann nur darum geht, die zuvor verschlagenen Bälle wiederzufinden. An der Wand im Trophäenzimmer hängt ein Auszug aus der „London Times“ vom 14. Juni 1901, in dem ein Wettkampf zwischen James Braid und John H. Taylor in Machrie beschrieben ist. Preisgeld in dem Lochwettspiel: 100 Pfund Sterling. Braid schlug Taylor 1 auf und anschließend vergnügten sich beide gemeinsam bei einer Tour durch die lokalen Whisky-Destillerien. Genau diese Tour gibt es heute immer noch, bei Bowmore, Laphroaig, Ardbeg und Co.