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Geteiltes Echo auf Woods-Entschuldigung

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Ehrliche Entschuldigung oder lediglich ein gelungener PR-Coup: Der emotionale Fernseh-Auftritt des Golf-Stars Tiger Woods spaltet die USA – und sorgte an der Wall Street zeitweise sogar für einen deutlichen Umsatzrückgang.

„Das war eine der bemerkenswertesten öffentlichen Stellungnahmen in der Geschichte“, sagte TV-Moderator George Stephanopoulos vom Fernsehsender ABC: „Er hat reinen Tisch gemacht. Das war ein Mann, der eine Menge über sein Handeln nachgedacht hat.“

„Es war sehr schmerzhaft mitanzusehen“

Auch der Ex-Profi Charlie Rymer, jetzt Experte beim „Golf-Channel“ war von der Entschuldigung Woods‘ für seine außerehelichen Eskapaden beeindruckt. „Wir haben einen aufrichtigen und authentischen Tiger gesehen“, sagte der gerührte Rymer: „Es war sehr schmerzhaft mitanzusehen.“

Andere Medien waren in der Beurteilung des knapp 13-minütigen Statements, das in allen wichtigen Fernsehsendern des Landes übertragen worden war, deutlich zurückhaltender. Besonders die „durchchoreographierte“ Form der Erklärung gab Anlass zur Kritik.

Der Ausnahme-Sportler verlas wie ein Staatsmann an einem Redner-Pult stehend und von zwei Kameras gefilmt seine vorformulierte Rede. Lediglich geladene Gäste und ausgewählte Journalisten waren am Sitz der US-PGA-Tour in Ponte Vedra Beach zugelassen – Nachfragen waren nicht erlaubt.

Mit Tränen in den Augen und zeitweise zitternder Stimme entschuldigte sich der jäh abgestürzte Superstar wegen mehrerer Seitensprünge bei seiner Ehefrau, Freunden und Fans, kündigte eine weitere Therapie wegen seiner Sex-Sucht an und erteilte einem baldigen Comeback eine klare Absage.

„Was ich gesehen habe, war Arroganz“

„Was ich gesehen habe, war Arroganz“, sagte Rick Cerone, ehemaliger PR-Chef der New York Yankees im Nachrichtensender CNN: „Das war hauptsächlich eine Werbeveranstaltung.“ Noch weiter ging die Washington Post, die in einem Kommentar feststellte: „Die Entschuldigung von Tiger Woods war so exakt einstudiert, dass sie sich unaufrichtig anfühlte. Im Endeffekt war es nur eine falsche Pressekonferenz, um falsches Verhalten zu entschuldigen.“

Auch den Nachrichtensender MSNBC überzeugte der 14-malige Major-Sieger nicht. „Ich hatte an einigen Stellen Zweifel, ob er das selbst geschrieben hat“, sagte Sportjournalistin Lindsay Czarniak.

64 Prozent der Amerikaner fanden Entschuldigung „ausreichend“

Doch zumindest eine Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung konnte der 34-Jährige mit seinem ersten öffentlichen Auftritt seit drei Monaten beruhigen. In einer Blitzumfrage nach der Ausstrahlung fanden 64 Prozent der Zuschauer die Erklärung „ausreichend“.

Diese Meinung teilt offenbar auch Woods‘ langjähriger Caddie Steve Williams, der versicherte: „Wenn ich mit Tiger Woods zur Arbeit zurückkehre, wird sich nichts ändern.“ Zudem unterstrich er die Bedeutung seines Chefs für den Golfsport und sprach sich für dessen schnellstmögliche Rückkehr aus: „Ich denke, dass die meisten Leute begeistert sein werden, ihn wieder spielen zu sehen.“

Tim Finchem, Commissioner der US-PGA-Tour, betonte allerdings, dass nicht der Zeitpunkt, sondern die Art und Weise des Comebacks entscheidend sei. „Wichtiger ist, dass er bereit ist, zu spielen, und seine Karriere auf positive Art fortzusetzen“, sagte er, damit Woods dem Golfsport möglichst lange erhalten bleibe. Hierzu müsse Woods zunächst seine persönlichen Belange regeln.

Umsatz an der Wall Street bricht ein

Ungeachtet aller unterschiedlichen Interpretationen war das Interesse an der Beichte des ersten Sport-Milliardärs der Geschichte ungemein groß. Die TV-Sender CBS und NBC unterbrachen sogar ihre Übertragung der Olympischen Winterspiele in Vancouver, um die Rede live zu zeigen. Medien sprachen von der „meistgesehendsten öffentlichen Entschuldigung“ seit der Erklärung des damaligen US-Präsidenten Bill Clinton zu seiner „unangemessenen Beziehung“ zu Monica Lewinsky.

Selbst auf die New Yorker Börse Wall Street strahlte der Auftritt des Golf-Profis aus. Wie der Finanzsender Bloomberg berichtete, fiel der Umsatz während der Sendung von 576,8 auf 456 Millionen gehandelten Aktien.