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Adam Scott

Wer ihn auf der Range beim Einschlagen zusieht, der denkt unweigerlich, dass dieser Mann doch eigentlich gar nicht verlieren kann.

Diese Ästhetik der gesamten Bewegung, die absolute Perfektion im Treffmoment, diese unangestrengte Selbstsicherheit in jeder Geste – und natürlich die Bälle selbst, die mit surrealer Präzision ohne jegliche Kurve in eine Art Unendlichkeit zischen, in Bereiche der Range, in die ein Normalsterblicher nie blicken musste.

Vom Abschlag bis zum Grün gibt es seit Jahren kaum bessere Spieler als Adam Scott. Und damit ist es ja längst nicht getan: Der Australier sieht aus wie ein Superstar, ist auch noch begeisterter Surfer, kein Kollege hat je ein schlechtes Wort über ihn gesagt, kein Fan wurde je von ihm brüsk stehengelassen.

Sieger der Herzen ist er schon längst. Doch was hat ihn zurückgehalten, ein multipler Major-Gewinner zu werden? Sein Putten und eigentlich sein gesamtes kurzes Spiel galten lange als anfällig; er experimentierte mit dem Klauengriff und spielte schließlich mit dem langen Putter, mit dem er auch beim US Masters 2013 triumphierte. Erstaunlich: Den Putt-Statistiken half die Umstellung dennoch nicht viel; er blieb sieglos, und 2015 war er in der wichtigen Statistik "Strokes Gained – Putting" nur auf einem miserablen 158. Platz. Pro Runde verlor Scott auf dem Grün fast einen halben Schlag gegenüber dem Durchschnitt des Feldes. Das sind nahezu zwei Schläge pro Turnier, was bei der Dichte der Weltspitze die sieglose Zeit schlüssig erklärt.

Nun plötzlich, aufgrund der Regeländerung zum kurzen Putter gezwungen, wurde der nette Herr Scott zum tödlichen Einlocher. Er gewann die Honda Classic in einem der ersten echten Tests ohne seinen geliebten verankerten Schläger. Übrigens war er der erste Spieler auf der PGA Tour seit dem Jahr 2009, der trotz eines eingestreuten Quadruple-Bogeys ein Turnier gewinnen konnte (dieses Kunststück schaffte damals Phil Mickelson bei der Tour Championship).

"Die gute Sache ist, wenn ich eine solide Runde spiele, wird es für die anderen schwer, mich zu schlagen. Das ist das einzige, woran ich denke." – Adam Scott

Wenn das Putten sich jetzt langfristig stabilisiert, gibt es wenig, was dem 35-Jährigen im Wege steht. Einige US-Experten glauben gar, er könne den "Career Grand Slam" erreichen, im Laufe seiner Karriere also bei allen vier Majors siegen. Das ist eine mehr als gewagte Voraussage, denn bislang hat er ja erst ein einziges Major gewonnen, und jünger wird er auch nicht. Andererseits hatte er auch schon einmal die British Open 2012 so gut wie in der Tasche, bis er vier Bogeys auf den letzten vier Löchern einstreute und Ernie Els den Sieg regelrecht herschenkte. Und auf dem brutalen Setup einer US Open könnte er mit seinen geraden und langen Schlägen auch einen Vorteil haben, wenngleich er dort lange miserabel spielte, denn bei einen ersten zwölf Auftritten verpasste er gleich sieben Mal den Cut; allerdings gelangen ihm 2014 und 2015 Top-Ten-Ergebnisse. Bei der PGA Championship schaffte er es immerhin schon vier Mal unter die ersten Zehn. Ausgeschlossen ist der "Career Grand Slam" also nicht. Und es gibt wohl niemanden, der es Adam Scott nicht gönnen würde.

Der nächste, vielleicht entscheidende Härtetest für den kurzen Putter wartet schon, auf den mutmaßlich gefährlichsten Grüns des Jahres – ab dem 7. April in Augusta, Georgia.  

Steckbrief

Adam Scott

• Geb. am 16. Juli 1980 in Adelaide, Australien
• Verheiratet, eine Tochter
• Seit 2000 Profi, über 25 Titel
• Sieger beim Masters 2013
• Meiste Siege auf der PGA Tour aller Aktiven unter 40 Jahren
• Nummer eins der Welt für 11 Wochen