Mögen Sie Brokkoli?
Ja, ein sehr gesundes Gemüse, solange man nicht darauf putten muss.
Für die Grüns bei der US Open in Chambers Bay haben Sie einen interessanten Vergleich mit Brokkoli gewählt, wie ordnen Sie denn dann München Eichenried ein?
Richtig gut, meine Trainingseinheiten auf dem Putting-Grün waren toll, so gut habe ich die hier noch nie gesehen. Aber Sie wollen jetzt doch keinen Gemüsevergleich?
Natürlich!
Hm, ein wenig wie gestutzter Spinat. Spaß beiseite, die sind wirklich gut.
Selten wurde so hitzig über einen Platz diskutiert wie über Chambers Bay, war das wirklich so grenzwertig?
Im April war ich vor Ort, um mir den Platz anzuschauen. Schon bei der Begehung stand für mich fest, dass viele Diskussionen anstehen werden. In einigen Bereichen ist die Anlage sehr extrem. Die Grüns haben ähnliche Ausmaße wie die von St. Andrews, nur haben die in Chambers Bay Himalaya-Hügel drin. Ich weiß nicht, welche Golflegende sich dazu äußerte, aber es stimmt: Wenn man das ein oder andere Grün nur um einen Yard verfehlte, dann lag man plötzlich 60 Yards weg. Ganz ehrlich, das war einfach zu viel und vollkommen überzogen. Ich habe das Designer Robert Trent Jones II und dessen Mitarbeiter Bruce Charlton auch ganz offen gesagt.
Ihnen war im Vorfeld klar, dass viel über den Platz gesprochen wird, ob so viel und so kontrovers? Ich denke, damit hatten sie nicht gerechnet.
Eines konnte ich bei der US Open feststellen, sobald sich einige Spieler äußerten, dass ihnen etwas nicht gefällt oder sie keinen Spaß haben – wobei sich ja jeder Profi dieser Aufgabe stellen muss und die gleichen Voraussetzungen hat –, schon nahm das eine spezielle Eigendynamik an. Natürlich spielen wir um viel Geld, werden verwöhnt und reisen durch die ganze Welt, aber man darf deswegen doch noch eine Meinung vertreten, oder? Egal, wie man sich in so einer Situation als Spieler verhält, man kann nicht gewinnen. Sagt man nichts, ist man langweilig, äußert man sich, wird man als Nörgler und Kritiker hingestellt.
2015 war dennoch kurios. Betrachtet man die vier Majors, könnte man sagen: Willkommen bei den Links-Majors garniert mit dem Masters in Augusta…
Absolut. St. Andrews ist ein klassischer Links-Course, Chambers Bay ist nah dran und Whistling Straits mit der PGA Championship so einer mit Links-Style. Ja, das ist schon auffallend.
Steckbrief
• Geb. 5. April 1976 in Göteborg, Schweden
• Verheiratet, drei Kinder
• Hobbies: Skifahren, Jet-Ski, Fischen, schnelle Autos (fährt Porsche und BMW)
• Seit 1998 Profi, über 20 Titel weltweit
• Ryder-Cup-Spieler (2006, 2008, 2014)
• Golf-Idole: Seve Ballesteros, Sir Nick Faldo
• Karriere-Preisgeld: über 35 Millionen Dollar
• FedExCup Champion 2013
Hat dieses weg vom traditionellen US-Open-Platz nicht schon 2014 in Pinehurst begonnen?
Pinehurst fand ich, ehrlich gesagt, erfrischend, das war einfach mal anders als die typischen US Open, wo man enge Fairways hat und aus dem dichten Rough oft nur raushacken kann. Chambers Bay war Pinball – gute Schläge wurden bestraft und schlechte häufig belohnt. Nächstes Jahr spielen wir im Oakmont Country Club, ein Klassiker unter den Open-Plätzen, und das ist gut so.
Der GC München Eichenried gilt als vergleichsweise einfacher Kurs, das dürfte Sie nach der US Open erfreut haben?
Alles nach diesem Major ist einfach. Traditionell ist München ein Turnier mit einem niedrigen Sieger-Score, auch wenn man viel verändert und den Platz schwerer gemacht hat. Die Runde ist nicht mehr ganz so einfach wie einst.
Wird die Lücke zwischen European und PGA Tour nicht jedes Jahr größer, der enorme Unterschied im Preisgeld und dann auch die Qualität der Spieler?
Na ja, in Europa ist das durchschnittliche Preisgeld bei zwei Millionen Euro und in den USA bei sechs bis sechseinhalb Millionen Dollar. Ich denke, das Preisgeld ist durchaus ein Aspekt, aber Spieler treibt auch etwas anderes an: Man will sich messen. Im Regelfall ist die golferische Qualität bei den Turnieren in den USA besser. Das heißt, wenn man die Besten schlagen will, muss man gegen die Besten spielen, genau das ist in den USA wöchentlich der Fall. Geht man diesen Schritt über den Teich, richtet man sich auch mit der Familie in den USA ein. Für einen Spieler ist es auf der PGA Tour einfach angenehmer, denn man hält sich vorwiegend in einem Land auf, die Reisewege sind kürzer, und das Wetter ist auch besser. Das Gesamtpaket ist angenehmer. Ich finde dennoch, dass die Top-Europäer, die in den USA beheimatet sind, auch häufig in Europa vertreten sind. Viele Spieler haben besondere Beziehungen zu diversen Turnieren und Sponsoren, folglich kommen sie gerne wieder. Ich bin doch ein gutes Beispiel, seit Jahren komme ich zur BMW International Open, und ja, ich komme immer wieder gerne. Andere habe ein besonderes Verhältnis zu Italien oder Portugal etc. etc. Im Sommer, gerade rund um die British Open, sind die Felder sehr stark.
Würden Sie Ihre Karriere bislang als durchwachsen beschreiben?
Es fällt mir schwer, dagegen zu argumentieren. Meine Karriere gleicht mehr einer Achterbahnfahrt. Ich hatte zwei richtige Dellen, um 2001/2002 und dann 2011/12, das war schrecklich. Aber ich hatte auch sehr viele Höhen. 2013 hatte ich das Jahr meines Lebens, und 2014 war die zweitbeste Saison meiner Karriere, das kann man schnell übersehen bei den Erfolgen, die ich 2013 hatte. Ich bin mit meinem Erreichten sehr zufrieden. Wenn ich jetzt aufhöre, würde ich sagen: Das hat gepasst.
Wenn ich jetzt aufhöre, würde ich sagen: Das hat gepasst.
Einspruch! Sie sind Schwede, kommen also aus einer sportbegeisterten Nation mit vielen Spitzengolfern, aber das Land wartet sehnsüchtig auf den ersten Major-Titel. Das muss doch Anreiz genug sein?
So ein Sieg wäre das Sahnehäubchen. Aber, ich könnte meine Karriere beenden und wäre auch ohne Major ein glücklicher Mensch. Es wäre eine tolle Ergänzung, denn ansonsten habe ich alles gewonnen.
Ist das die Motivation, sich täglich zu quälen und zu trainieren?
Teilweise, Golf ist eine Lebensaufgabe, eine unendliche Gesichte, da dieses Spiel nie endet. Ich habe eine perfektionistische Ader, und die treibt mich ständig an: Ich kann einfach immer noch besser werden. Schon eine gute Trainingseinheit ist motivierend, wenn die Bälle genau das machen, was ich will. Dann weiß ich, das geht auch im Turnier. Es ist ein irrer Kick, auf dem 72. Loch zu stehen und dann den Ball mit einem 5er Eisen einen Meter neben die Fahne zu schlagen. Am Ende eines Turniers oder beim Ryder Cup um den Sieg zu spielen, ist ein unglaublicher Adrenalinschub.
Henrik Stenson auf dem Platz zu beobachten ist interessant. Regungen? Fehlanzeige. Emotionen? Kaum sichtbar. Bringt Sie wirklich nichts aus der Ruhe oder verbergen Sie das geschickt, hinter der Sonnenbrille?
Ich habe Momente, in denen ich nervös bin, ganz klar. Die Sonnenbrille trage ich seit 1997 aus einem einfachen Grund, da meine Augen sehr empfindlich auf die Sonnenstrahlen reagieren. Natürlich hat die Brille den Vorteil, dass ich mir alles anschauen kann, ohne dass es jemand mitbekommt. Eine Kappe hilft bereits, aber die Brille schützt noch mehr. Vielleicht erscheine ich dadurch etwas kühler und reservierter.
Und ausgerechnet Sie sollen ein guter Kumpel von Patrick Reed sein…
Davon habe ich auch gehört, nein, ich habe mal eine Proberunde mit ihm gespielt und ihm einfach zu seinen Leistungen gratuliert. Das war womöglich mehr, als meine Kollegen gemacht hätten. Ich habe Achtung vor ihm als Golfer, ich kenne ihn aber nicht gut und da eine Freundschaft hinein zu interpretieren, ist übertrieben.
Sie sind ein Facebook-Aktivist, posten regelmäßig und auch viel aus ihrem Privatleben – sehen Sie da nicht eine gewisse Gefahr?
Kaum, natürlich habe ich meine Kinder nicht gefragt, ob das für sie okay geht, dafür sind sie schließlich noch zu jung. Das wird sich spätestens ändern, wenn meine Kinder älter sind und sich selbst der Sozialen Medien bedienen. Im Regelfall sind meine Posts Bilder, wenn wir etwas unternommen haben – ich mag gerne lustige Dinge, dann teile ich auch meine Art des Humors. Die überwiegende Mehrzahl meiner Follower versteht das und hat Spaß. Zum Beispiel die Sache mit meiner Tochter Alice. Wir sind im Büro, und ich nehme sie und stelle sie in die Außentasche des Bags. Das war nur noch witzig, und warum sollen die Leute so etwas nicht mitbekommen? Ich weiß nicht, ob das gefährlich ist.
Need to listen if Gareth says bad things about me while doing an interview with Swedish media.
Posted by Henrik Stenson on Donnerstag, 4. Februar 2016