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Fußball mit Besuchern ja, Golf mit Besuchern nein.

Fußball mit Besuchern ja, Golf mit Besuchern nein. In Bayern wird in Sachen Profi-Sport mit zweierlei Maß gemessen. Ein Zwischenruf von GM.

Am Freitag, den 18. Juni, kam die Watsch’n. Die bayerischen Behörden lehnten das Zuschauerkonzept für die BMW International Open 2021 ab. Offiziell heißt es hierzu von Seiten des Veranstalters: „Das zuständige Landratsamt Erding hat auf Basis der gesetzlichen Lage im Freistaat Bayern pro Tag 400 Besucher genehmigt. Diese müssen feste Sitzplätze einnehmen und können den Golfplatz nur in definierten und geführten Gruppen betreten. Ein normaler Turnierbesuch für Zuschauer mit freier Bewegung auf der Anlage wurde nicht erlaubt, so dass ein regulärer Ticketverkauf ausgeschlossen ist. Das genehmigte Kontingent mit Sitzplätzen ist über vertragliche Verpflichtungen gegenüber den Partnern und der European Tour ausgeschöpft.“

 

Es half also weder der kurze Draht des Unternehmens in die bayerische Politik, noch der Hinweis, dass Anfang Juni in Winsen (Luhe) bei der Porsche European Open per Sondererlaubnis ein Turnier in Deutschland mit Zuschauern erfolgreich durchgeführt werden konnte – mit keinerlei Einfluss auf das Infektionsgeschehen in den dortigen Kreisen.

So wies der Landkreis Harburg (dort liegt Winsen) 14 Tage nach Turnierende eine Inzidenz von 3,9 pro 100.000 Einwohnern auf. Die Inzidenz in den LK München und Erding lag am Tag des Negativbescheides für die „BIO“ bei 20,3 bzw. 10,9. Grund genug für das „Team Vorsicht“, wie sich die bayerische Staatsregierung um MP Markus Söder gerne mal nennt, der Veranstaltung in Eichenried keine Ausnahmegenehmigung für mehr Besucher zu erteilen.

Ob man ernsthaft glaubt, damit ein Infektionsherd auszuschließen, darf doch sehr angezweifelt werden. Denn keine 20 km entfernt vom Golfturnier konnten nahezu zeitgleich in der Münchner Fußballarena über 14.000 Zuschauer die Auftritte der Nationalmannschaft bei der EM verfolgen. Klarerweise war hier – trotz der in Bayern (oftmals zu Show-Zwecken) immer gerne geäußerten Bedenken – Publikum zugelassen. Warum dann jedoch auf einer 150 Hektar umfassenden Freifläche nicht einmal 2.000 Gäste erlaubt werden, erschließt sich selbst für Nicht-Golfer kaum. Eine weitere Groteske in den vielen der Bayerischen Landespolitik, die auch einmal einen „Impfturbo“ verkündete, der den Freistaat zum 18. Juni auf den vorletzten Platz aller Bundesländer in Sachen Erstimpfung geführt hatte. Und allen Ernstes den Amateursportvereinen in einem Gesetzentwurf aufzwingen will, Zuschauern bei Freiluftveranstaltungen nur feste Sitzplätze bei zuzuweisen und Stehplätze generell zu verbieten!

Interessant: Zeitgleich zum Zuschauerbescheid für die „BIO“ verkündeten die Verantwortlichen der Open, dass im Juli bis zu 32.000 Fans täglich aufs Gelände des Royal St. George’s GC im englischen Kent dürfen. In Bayern, zeigt die Entscheidung pro EM und contra etabliertes Golfturnier nur eines: Was vermeintlich populär ist, wird gemacht. Die Ablehnung von Zuschauern beim Fußball hätte Bayern und den sorgsam um sein Bild in der Öffentlichkeit achtenden Ministerpräsidenten eine europaweite Blamage beschert. Sobald es aber um kleine Sportarten geht – insbesondere um das ach so böse und elitäre Golf – lässt man die Muskeln spielen. „Nach oben buckeln und nach unten treten“ nennt man dieses Prinzip. Oder einfach billigen Populismus.

Und auch deshalb ist die behördliche Watsch‘n besonders schmerzhaft. Zeigt sie doch, wie sehr mit zweierlei Maß, in diesem Falle zu Lasten des Golfsports, gemessen wird. Und sie raubt auch die Illusion, dass sich im Freistaat in Sachen Golf in naher Zukunft etwas ändern wird.