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Lust auf mehr…

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Von Petra Himmel

Die Herren von Augusta National haben offenbar gelernt, ihren Kritikern zumindest zuzuhören. Wie sonst ließe sich die deutliche Kehrtwende in Sachen „Platz“ erklären. Padraig Harrington jedenfalls sprach davon, dass dieses Masters eine sehr großzügige Art der Platzgestaltung erfahren habe. Gegen diese Art von Großzügigkeit ist nichts einzuwenden, weil sie von Spielern wie Zuschauern gleichermaßen begrüßt worden ist: Die weicheren Grün, die Verkürzung des Platzes, die teilweise etwas leichteren Fahnenpositionen führten zu deutlich mehr Birdies und Eagles und dadurch zu einer erheblich besseren Stimmung auf dem Platz. Vor allem aber hat das Masters einen wesentlichen Charakterzug zurück gewonnen: Am Sonntag war wieder mehr Spannung im Spiel, weil aggressiver gespielt werden konnte und dadurch mehr Bewegung im Feld möglich war.

Was das Play-off zwischen Chad Campbell, Kenny Perry und Angel Cabrera anbelangt, so schwankt der Betrachter zwischen negativer und positiver Einschätzung. Spannender kann ein Turnierende sicherlich nicht sein. Sowohl Chad Campbell als auch der große Verlierer Kenny Perry sind durch sehr sportliches Verhalten im Anschluss an die Niederlagen positiv aufgefallen. Aber um ehrlich zu sein: Großes Golf wurde auf den letzten vier Löchern der Masters nicht gespielt. Dass ein Angel Cabrera sich den Titel holt, obwohl er zweimal in die Pinien schlägt und vier Löcher in Folge nur Par spielt, wirft nicht wirklich ein gutes Licht auf die Klasse der Mitbewerber.

Angel Cabrera bleibt trotzdem ein guter Masters-Champion. Einer, der wieder einmal beweist, wie entscheidend Spielwitz, Kampfgeist und die richtige Kombination aus gutem langen und exzellentem Kurzen Spiel ist. Sein US Open-Sieg 2007 ist keine Eintagsfliege gewesen.
Lust auf mehr hat die Aufholjagd von Tiger Woods und Phil Mickelson gemacht. Ein Feuerwerk von Birdies, erstklassige Schläge in Serie, dazu Kampfgeist und Entschlossenheit demonstrierten die beiden Führenden der Weltrangliste am Sonntag reichlich. Noch interessanter wurde die Paarung durch die Tatsache, dass der ewige Zweite Mickelson gegenüber Woods ganz eindeutig an Boden gewonnen hat und diesem am Schluss sogar einen Schlag abnahm. „In der Regel bin ich ja am schlechteren Ende der Geschichte gelandet“, meinte Mickelson im Anschluss. Ein Gefühl dafür, dass die extreme Überlegenheit Woods aber nicht mehr in dem Maße gegeben ist wie früher, hat nicht nur er bei diesem Masters erhalten.
    Als Gradmesser für die Leistungsfähigkeit einzelner Spieler hat dieses erste Major des Jahres auf jeden Fall gute Dienste erwiesen. Aus der Reihe der hoffnungsvollen Nachwuchsspieler sind vor allem zwei Personen heraus gestochen. Anthony Kim, der wie im Vorübergehen in der dritten Runde elf Birdies spielte. Daneben aber vor allem Rory McIlroy, der den Cut mit knapper Not überstand, am Ende aber auf dem 20. Rang landete. Dagegen bleibt bei dem Deutschen Martin Kaymer, der mit 23 Jahren vier Jahre älter ist als McIlroy, der Eindruck, dass sein Spiel gerade unter Umständen, die eine sehr individuelle Anpassung an die Gegebenheiten erfordern, noch nicht das Weltklasse-Niveau hat, das man ansonsten von ihm kennt. Schon im vergangenen Jahr bei der British Open fiel dem Mettmanner die Anpassung an die besonderen Verhältnisse eines Linkskurses bei extremem Wetter schwer. In Augusta aber sind Kaymer nach wie vor die Grüns eine Nummer zu schwer. Erfreulicherweise neigt er selbst nicht zur Selbsttäuschung, sondern erkennt seine Mankos selbst. Für Martin Kaymer dürfte dieses US Masters wie schon im vergangenen Jahr eine sehr hilfreiche Erfahrung gewesen sein.

    Sein Manager Johan Elliot bezeichnet Martin Kaymer gerne als „Weltstar“. Der Abschied des Gary Player vom internationalen Turniergeschehen in Augusta mag diese Einschätzung relativieren. Einer wie Player, der seit mehr als einem halben Jahrhundert das Golfgeschehen mitgeprägt hat, Major-Turniere gewonnen und unzählige Duelle mit Männern wie Arnold Palmer oder Jack Nicklaus ausgetragen hat, ist tatsächlich ein Weltstar. Martin Kaymer, der vergangene Woche selbst mit Player spielte, würde diese Ansicht wohl teilen.

    Letztendlich hat dieses US Masters auch ein gutes Licht auf den Zustand der amerikanischen Öffentlichkeit geworfen. Wer glaubte, die Golf-Gemeinde sei angesichts der Finanzkrise gelähmt, das Major-Turnier werde in der Tristesse von Arbeitslosigkeit und geplatzten Rentenfonds zu einer trübseligen Veranstaltung werden, sah sich getäuscht. Den Amerikanern ist offenbar ihre Eigenschaft geblieben, sich bei passendem Anlass mit großer Bereitwilligkeit über unbequeme Tatsachen hinwegzusetzen. Das Masters in Augusta National bleibt offenbar eine Veranstaltung, die längst zum US-Kulturgut geworden ist. Eine Konstante in einer derzeit sehr bewegten amerikanischen Welt.