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Schläger 2021: Die Driver im Test

Weit – hoch – gerade!

München im Mai statt Mallorca im Februar hieß es in diesem Jahr für uns. Zahlreiche Unwägbarkeiten erschwerten uns die Durchführung des großen GM Driver Tests, doch es ist vollbracht! Erfahren Sie alles über die aktuellen Trends bei Drivern und wie wir die Neuheiten im »Feldtest« erlebt haben. 

Von kaum einem Schläger geht für Golfer mehr Faszination aus als vom Driver. Die Big-Sticks bieten ausreichend Raum für die Implementierung technologischer Innovationen. Optisch machen die mächtigen Köpfe etwas her und sind für nicht Wenige auch Bestandteil ihres Golfer-Images. Vor allem aber liegt es ganz offenbar in der menschlichen Natur, dass die Frage »Wer hat den längsten«? nie langweilig wird. 

Fakt ist: Das Holz 1 berührt die Golferseele. Das wissen natürlich auch die Produzenten. Sie forschen und entwickeln unermüdlich, um im Rahmen der strengen Regularien von USGA und R&A das letzte bisschen an Performance-Steigerungen rauszuholen. Während Fairway-Hölzer und Hybrids meistens mindestens eine Produktgeneration auf die neuesten Technologien und Materialien warten müssen, steht das Produkt Driver an vorderster Front der Ingenieurs-Spielwiese. Hier dürfen und müssen sie sich austoben, um auf dem hart umkämpften, prestigeträchtigen Driver-Markt zu reüssieren.

Unter den großen Herstellern haben sich ein- bzw. zweijährige Produktzyklen etabliert. Diese relativ kurze Zeitspanne macht es noch schwieriger, immer wieder bahnbrechende Verbesserungen zu präsentieren. Die Zeiten von Längenzuwächsen im zweistelligen Meterbereich sind vorbei. Das gilt jedenfalls für Sweetspot-Treffer. Es geht nun vor allem darum, die »heiße« Zone auf der Schlagfläche zu vergrößern. Dadurch fliegt der perfekt getroffene Drive nicht unbedingt weiter, als mit einem vor zwei oder drei Jahren eingeführten Modell. Doch erzielt man seine persönliche Bestweite eben öfter und wird bei Fehlschlägen weniger hart bestraft; Aspekte, die einen größeren Einfluss auf ein gutes Rundenergebnis haben dürften, als ein paar Meter mehr nach einer rar gesäten »Bombe« vom Tee. 

Wachstum – das Angebot wird breiter 

Im ewigen Optimierungsrennen wird unaufhörlich nach besseren Materialien gesucht, werden vorteilhaftere Geometrien kreiert, und zielgruppenspezifischer entworfen. Die fortschreitende Diversifizierung zeigt sich nicht zuletzt darin, dass viele neue Driver-Serien unterschiedliche Modelle umfassen. Oder  – wie bei Eisen längst üblich – parallel verschiedene Serien mit unterschiedlichen Zielgruppen platziert werden (Beispiel Honma: Driver der TR-Serie für bessere Golfer, Driver der GS-Serie für langsamere Schwünge).
Ein Muster, das sich immer mehr etabliert, ist der Dreiklang aus High-MOI-Modell, Low-Spin-Variante und Anti-Slice-Option (wie es etwa CallawayTaylorMadePing und Cobra in ihren aktuellen Serien handhaben). Titleist bietet sogar vier verschiedene Driver innerhalb der TSi-Serie an.

Für unseren Driver Test haben wir jeweils das fehlertoleranteste Modell mit dem höchsten Trägheitsmoment (MOI) gewählt. Sollten Sie ein »Schnellschwinger« mit hartnäckig hohen Spin-Werten sein oder dauerhaft mit einem starken Slice zu kämpfen haben, empfiehlt es sich, auch die extra auf diese Problemstellungen ausgelegten Modelle auszuprobieren.

Karbon – gekommen, um zu bleiben 

Der Werkstoff Karbonfaser erweist sich als Dauerbrenner. Zwar setzen mit Titleist und Ping zwei Big Player nach wie vor komplett auf Titan beim Driver-Bau. Doch die meisten Hersteller glauben an die Vorteile, die ultraleichter Karbonverbundstoff bietet. Dabei kommt dieser nicht nur in immer mehr Modellen und Schlägerkategorien zum Einsatz, auch die daraus gefertigten Elemente werden größer. Die Verwendung beschränkt sich zudem nicht mehr auf Schlägerkopfkronen. Bei den TaylorMade-SIM2-Drivern etwa ist auch der Großteil der Sohle aus Karbon. 

Multi-Material-Mix: Im SIM2 Max von TaylorMade trifft Karbon (Krone und Sohle) auf Aluminium (in blau), Wolfram (hinteres Gewicht) und Titan (Cupface-Schlagfläche).

 

Ob nun Vertreter der Titan-only-Philosophie oder der Karbon-Fraktion, einer Herausforderung haben sich alle Driver-Hersteller zu stellen: Um Gewicht an strategisch sinnvolle – also zum Erreichen der Zielvorgabe förderliche – Stellen verteilen zu können, muss es an anderen Positionen eingespart werden. Erst diese optimierte Masseverteilung ermöglicht die Steigerung des Trägheitsmoments (MOI) und damit eine bessere Fehlerverzeihung, wie auch einen tieferen Schwerpunkt (CG), der großen Einfluss auf Flughöhe und Spin-Verhalten hat. 

Neue Leichtigkeit – Driver für moderate Schwunggeschwindigkeiten

Viele Senioren, Damen und Jugendliche verfügen nicht über die körperlichen Voraussetzungen, einen Driver mit Standardgewicht optimal zu bewegen; Drives zu schlagen fühlt sich für sie nach Arbeit statt mühelosem Spielvergnügen an. Einige Hersteller – wie Titleist und Honma – scheinen das erkannt zu haben und bieten mit den Modellen TSi1 und GS leichtere Driver an. Dabei profitieren sie auch von weiterentwickelten Materialien und Fertigungstechniken. Die wichtigsten und einfachsten Stellschrauben, um das Gesamtgewicht eines Drivers zu reduzieren, sind die Komponenten, also Schäfte und Griffe. Vor allem Schäfte lassen sich heute im Ultraleicht-Bereich (35 bis 50 Gramm) in deutlich besserer Qualität produzieren als noch vor wenigen Jahren. Honma und Titleist haben in ihren Lightweight-Modellen zudem das Kopfgewicht reduziert. Eine schwierige Aufgabe, die beide Hersteller grandios gemeistert haben. 

Wichtiges Wechselspiel: Für eine effektive Energieübertragung auf den Ball braucht es einerseits dünne, biegsame Schlagflächen. Andererseits ist Steifigkeit im Körper des Schlägerkopfs erforderlich. Der Jailbreak-Speed-Frame im Epic Max versteift den Kopf vertikal, horizontal und torsional.

Schlagflächenzauber – Material und Bauart entscheidend

Für die Schlagflächen gilt nach wie vor: Titan ist gesetzt, alle Produzenten nutzen das starke, leichte Metall. Doch Titan ist nicht Titan. Die Suche nach der perfekten Legierung hört nie auf. So fertigt Titleist die Schlagflächen der aktuellen TSi-Driver zum ersten Mal und als einziger Schlägerproduzent aus einer exklusiven, patentierten Raumfahrt-Legierung namens »ATI 425«, die fester und elastischer sein soll als herkömmliches Titan. Mizuno setzt auf »Forged SAT2041 Beta Titanium«, ein Produkt des japanischen Stahlgiganten Nippon Steel, welches für komplexe Bauteile in der Autoindustrie entwickelt wurde.
Neben dem verwendeten Material für Schlagflächen haben auch deren exaktes Profil und die Bauart Einfluss auf die Parameter Ballgeschwindigkeit, Fehlertoleranz und Streuung. Callaway hat in der Entwicklung der neuen Epic-Schlagflächen erneut von künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen profitiert. Der KI-Ansatz von Callaway mag am weitesten gehen (und am eindringlichsten kommuniziert werden), doch nutzt natürlich auch die Konkurrenz bei Forschung und Entwicklung leistungsstarke Rechner und 3D-CAD-Programme.
TaylorMade hat bei den SIM2-Drivern zu Schlagflächen im Cupface-Design gewechselt, deren Innenseite präzisionsgefräst wird. Auf die CNC-Fräsung der Schlagflächen-Außenseite setzt Cobra schon länger, so auch wieder in der neuen Radspeed-Linie. 

Strukturell gesehen: Karbonkronen bestehen aus mehreren Lagen geflochtener Kohlefaser und Klebstoff. Viele Hersteller nutzen die Sichtbarkeit des Wabenmusters, um optisch Akzente zu setzen.

Justierbarkeit – bewegliche Gewichte ein Auslaufmodell?

Acht der neun Driver aus unserem Test sind mit einem verstellbaren Hosel für Loft- und Lie-Anpassungen ausgestattet; nur Wilson tanzt in diesem Punkt aus der Reihe. 
Anders sieht es bei der Ausstattung mit beweglichen Sohlengewichten aus. Mit dem Ping G425 Max und Callaway Epic Max verfügen nur zwei der neun Modelle im Driver Test über eine solche Funktion. Darin ist noch nicht unbedingt ein Trend zur Abkehr zu erkennen. Denn teilweise sind andere Modelle der gleichen Serien mit beweglichen Gewichten versehen (Beispiele: Titleist TSi3, Cobra Radspeed, Srixon ZX7). Doch könnten sowohl die zunehmend breiteren Produktpaletten als auch der erweiterte Einsatz von Karbon in den Sohlen einen Trend daraus werden lassen. Haben Golfer die Möglichkeit, aus einer Driver-Serie das Modell mit dem ab Werk für sie passenden – fixen – Schwerpunkt (CG) zu wählen, verlieren Gewichtsschienen und Front-Back-Ports an Bedeutung. Und dass Karbonsohlen und Gewichtsschienen sich nicht besonders vertragen, zeigt nicht zuletzt der Verzicht auf dieses Merkmal von TaylorMade in den SIM2-Drivern. Immerhin gilt das Unternehmen als der Pionier auf diesem Gebiet.

Optik – dezente »Farben« 

Schwarz und Anthrazit-Töne dominieren das Bild der Driver-Kronen im diesjährigen Test. Grelle Farbtupfer findet man – wenn überhaupt – nur an Sohle und Schürze. Die farblich auffallendsten Modelle sind der TaylorMade SIM2 Max mit seinem Kontrast von  kreidefarbenen Titananteil und leuchtend blauem Aluminiumring sowie das Neongelb beim Cobra Radspeed XB. Die Oberflächen sind überwiegend glänzend (nur Ping bleibt beim mattschwarz). Bei den Modellen mit Karbonkrone setzt die Sichtbarkeit des Verbundstoffs einen schönen dezenten Akzent; den besten Job hat hier unseres Erachtens Mizuno gemacht. 

Mizuno ST-X

Kosten – die Preise steigen

Die Preise für Driver sind im Mittel weiter gestiegen, damit setzt sich die Entwicklung der vergangenen Jahre fort. Unter 500 Euro ist von den großen Marken in diesem Jahr kaum noch was zu haben. Marktbeobachter gehen davon aus, dass sich dieser Trend im kommenden Jahr noch weiter verstärken wird. Ursachen hierfür sind zum einen ein weltweit gestiegenes Interesse am Golf, aber auch die hohen Lieferkosten aus Asien nach Europa (s.a. GM4/2021) und nicht zuletzt die Knappheit vieler Komponenten, die für den Schlägerbau benötigt werden. 

Ergänzend noch dieses: Ältere werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass zu DM-Zeiten ein Driver gerne mal an die 1000er Marke (gut 510 Euro) heranreichte. Weit entfernt ist man von diesem Niveau zwar nicht mehr, aber keiner will mehr einen Schläger spielen, der 2001 neu auf den Markt kam. Insofern gilt, dass es viel bessere Produkte gibt, die etwas weniger kosten, als vor 20 Jahren. Und das gibt’s in kaum einer Branche! Wer also ohnehin überlegt, ein neues Holz 1 zu kaufen, sollte zugreifen.

Der große GM Schläger Test 2021: Driver.

 Das sagen die Tester

Ingo Grünpeter

Ein wirklich beeindruckendes Rund-um-Sorglos-Paket bietet in meinen Augen Titleist mit dem TSi1. Einfach, weit, hoher Ballflug und fehlerverzeihend. Es folgt dicht dahinter der Taylor Made SIM2 Max mit seiner angenehmen Spielbarkeit und dem herrlichen Gefühl im Treffmoment. Eine Nuance dahinter, wenn nicht sogar gleichauf, rangiert Callaway mit seinem Epic Max.

Marcel Czack

Zu den Drivern, die in diesem Jahr herausragen, zählt auf jeden Fall der Ping G425 Max. Für mich ist er weder der schönste noch der längste; aber mit keinem anderen Modell treffe ich mehr Fairways, die Fehlerverzeihung ist überragend! Spitzenreiter bei Klang und Gefühl ist der SIM2 Max von TaylorMade; dumpf, dicht und kraftvoll. Titleists TSi1 setzt neue Maßstäbe beim Thema einfache Spielbarkeit; so mühelos können tolle Drives sein.

Benedikt Aidelsburger

In der Kombination fand ich den Epic Max von Callaway sehr angenehm. Eine gute Optik, ein gutes Feedback und eine gute Fehlertoleranz. Prima. Der Titleist ist ebenfalls extrem angenehm mit dem satten Sound und dem guten Feedback. Dazu ein klassisches Design. Als einfach zu spielen empfand ich den Honma, Abstriche bekam dieser klassisch wirkende Driver von mir bei der Tonqualität.