Reise

See you later ALLIGATOR

Sattes Grün aus Bermuda- und Bentgräsern
Von Detlef Hennies und Thomas Metelmann (Fotos)

Kiawah Island, South  Carolina. 11 Uhr. Wir sind am Tee! Die Sonne brennt, das Herz hüpft, die Frisur hält (steckt eh unter einer Schirmmütze, schon wegen der Sonne). Eine ordentliche Brise ist angesagt auf einem der atemberaubendsten Golfplätze dieser Welt, dem Ocean Course von Kiawah Island. Das Meisterstück des meisterhaften Pete Dye wird volljährig und hat schon mehr erlebt und erleben lassen als andere Clubs in 100 Jahren. Los gings im Jahr 1991 mit dem Ryder Cup, der noch heute als der dramatischste von allen gilt. Der Knackpunkt: Kurz vor dem Ende dreier viel zu hart umkämpfter Tage (die Amerikaner sprachen vom „War by the Shore“, vom „Krieg an der Küste“) hatte es Bernhard Langer im Duell mit Hale Irwin auf dem Schläger, die Trophäe für das europäische Team zu retten. Allein: Langer schob den Putt aus zwei Metern knapp vorbei.
Sorry, Bernhard, dass wir die olle Kamelle wieder rausholen, aber sie ist unter Golfern genau so populär wie unter Fußballern das dritte Tor von Wembley bei der Weltmeisterschaft 1966. Klar ist: Beide Bälle waren nicht drin! Im Vergleich zu Kiawah aber mischte sich in London ein russischer Linienrichter ein, der dafür sorgte, dass der Lattenabpraller von Hurst als Tor anerkannt und England Weltmeister wurde. Gut, dass es beim Golf keine Linienrichter gibt
Aber wir schweifen ab genau wie mein erster Drive, der mit einer sanften Rechtskurve startet und sich vom warmen Wind weit ins hohe Dünengras tragen lässt. „Lass mal stecken“, grinst mich Micheal an, mein amerikanischer Partner. „Der ist bei den Alligatoren. Außerdem steht der Mulligan hier quasi schon auf der Scorekarte.“

Ungewöhnlich. Wie der gesamte Kurs, der sich über mehr als sechs Kilometer durch eine faszinierende Dünenlandschaft zieht; die Wellen auf den Fairways und Grüns sind dabei fast so hoch wie die auf dem direkt nebenan wogenden Atlantik.

Grundsätzlich muss/darf man den Ocean Course laufen; erst bei Startzeiten ab 12 Uhr ist das Elektro-Mobil erlaubt. Klingt bei dem manchmal schwül-warmen Wetter von South Carolina erstmal  bequemer. Allerdings: Die Carts dürfen nicht auf die Fairways, so dass man endlos rennen muss, wenn man den Ball nicht direkt am Cartweg abgelegt hat. Deshalb können wir nur dringend empfehlen: Lieber marschieren und mit jedem Schritt die einzigartige Atmosphäre und Umgebung aufsaugen. Wer ein Dach über dem Kopf hat, sieht nicht, was sich über ihm tut. Wir hätten auf der 5. Bahn den Fischadler verpasst, der mit seiner fetten Beute in den Klauen große Schleifen flog, um einen Platz zum Lunch zu finden. Bis, ja bis ihn ein noch größerer Weißkopfadler zum Horizont jagte. Golf als Natur- schauspiel, bei dem es fast keine Rolle spielt, wie man spielt.

Ich spiele ordentlich, komme allerdings nicht gleich aus jedem Bunker. Was nicht nur an mangelnder Technik liegt, sondern ebenso daran, dass die Bunker hier „waste areas“ und teilweise länger als 100 Meter sind. Es fühlt sich eher so an, als spiele man direkt am Strand. Könnte man sogar, denn auf dem Ocean Course gibt es kein Aus eine echte Erleichterung, weil man fast bei jedem Schlag Vollgas geben muss.
Zum Glück haben wir sehr versierte Caddies dabei, die fast alle Bälle wiederfinden. Und die auch wissen, wo dunkle Knopfaugen aus dem Brackwasser der vielen Tümpel ragen Alligatoren. Die größten sind mehr als vier Meter lang, damit gut 100 Jahre alt und lebten hier schon mit den Ureinwohnern Kiawah zusammen (na ja, fast). Chas, mein Caddie, beruhigt mich: „Die Alligatoren haben so viel erlebt, die kümmern sich nicht um ein paar Golfer. Deshalb ist hier noch nie etwas passiert.“

16.30 Uhr, der letzte Putt auf der 18 ist gefallen. Die Sonne brennt, die Frisur hält schon lange nicht mehr. Die Füße qualmen. Das Herz hüpft, will weiter; darf aber nicht, denn im Mondschein sollte man hier tatsächlich niemanden begegnen.

Also komme ich wieder. Garantiert. Und nicht nur auf den Ocean Course, sondern zu möglichst vielen der zahlreichen erstklassigen Anlagen in South Carolina, von denen wir Ihnen hier nur eine erlesene Auswahl vorstellen können. Papier ist geduldig. Ich bin es nicht. See you later, Alligator!

Clubinfos & Bewertungen:

Grande Dunes Resort

4 von 6 Sternen

Roger Rulewich schuf mit dem Grande Dunes Resort-Kurs in Myrtle Beach einen angenehmen, anregenden Platz. 11 Bahnen führen rauf und runter durch eine offene Landschaft, die von großen Grüns und noch größeren Seen dominiert wird; die anderen verlaufen entlang des Intracoastal-Kanals. Gerade erst wurde die Anlage von der National Golf Course Owners Association zum „Nationalen Golfplatz des Jahres“ gewählt.

Adresse: 1000 Grande Dunes Boulevard, Myrtle Beach, SC 29572

Tel: 001/843/315 03 33

www.grandedunes.com

Platz: 18 Löcher, Par 72. Damen: 5.534 Yards (silver) Herren: 7.195 Yards (black)

Greenfee: 82 $

Fazit: Sanft geschwungene und meist sehr weite Fairways (Bermuda-Gras) enden auf knackigen Bentgras-Grüns. Die schönsten Bahnen verlaufen entlang des Intracoastal Waterways. Nach der Runde empfehlen wir die Schaukelstühle auf der Clubterrasse.

Kings North Myrtle Beach

5 von 6 Sternen

Schildkröten-Alarm auf dem Kings North Course im Myrtle Beach National Golf Club? Keineswegs, denn das Reptil verschwand flugs wieder im Tümpel neben dem 10. Abschlag. Hier lauern viele Schildkröten darauf, dass vom Snack der Golfer am Halfway-House etwas für sie abfällt. Auch in den anderen Teichen des Arnold-Palmer-Designs muss man seine Bälle, wenn sie baden gegangen sind, nicht mehr suchen.

Adresse: 4900 National Drive, Myrtle Beach, SC 29579

Tel: 001/843/448 23 08

www.mbn.com

Platz: 18 Löcher, Par 72. Damen: 5.662 Yards (blue) Herren: 6.481 Yards (gold)

Greenfee: 84 $

Fazit: Der beste Platz im Myrtle Beach National Golf Club. Designer Arnold Palmer spielt hier brillant mit den Elementen Wasser, Gras und Sand allein auf der letzten Bahn lauern 42 (!) Bunker. Die beiden neben der 12 sind wie ein „S“ und ein „C“ geformt (steht für South Carolina).  

Ocean Course Kiawah Island

6 von 6 Sternen

Der lange Weg zum 18. Grün ist auf dem Ocean Course von Kiawah Island mit allerlei Hindernissen gepflastert. Das birgt zwei Vorteile: In den riesigen  Bunkern, die als „waste areas“ gelten, darf man seinen Schläger aufsetzen. Und: Das Harken kann man sich schenken.
Nicht verzichten sollte man im neuen Clubhaus auf den „Ab- oder in die tiefen Polster-Sacker“, zu dem grandiose Ausblicke serviert werden.

Adresse: 1000 Ocean

Course Drive, Kiawah Island, SC 29455

Tel: 001/843/266 46 70

www.kiawahgolf.com

Platz: 18 Löcher, Par 72. Damen: 6.202 Yards (Kiawah) Herren: 6.475 Yards (Dye)

Greenfee: 250

Fazit: Ohne Zweifel einer der besten und aufregendsten Plätze der Welt! Spektakuläres Layout am Rande des Atlantiks, pro Bahn sechs Tee-Boxen, damit jeder seinen Spaß haben kann. In den Tümpeln dümpeln Alligatoren, über den Wipfeln kreisen Weißkopf-Adler.

Turtle Point Kiawah Island

5 von 6 Sternen

Ein weiteres Schmuckstück auf Kiawah Island aus der Feder eines ganz Großen Jack Nicklaus. Eines der früheren Werke des „Goldenen Bären“, das sich durch ein traditionelles Design auszeichnet: Schmale Landezonen, kleine Grüns, die auch bei viel Wind hoch angespielt werden wollen, und verschiedene taktische Optionen. „The Sanctuary“, das beste Hotel auf der Insel, grenzt direkt an den Turtle Point Golfkurs.

Adresse: One Turtle Point Drive, Kiawah Island,
SC 29455

Tel: 001/843/266 40 50

www.kiawahgolf.com

Platz: 18 Löcher, Par 72. Damen: 5.789 Yards (Kiawah) Herren: 6.779 Yards (Turtle)

Greenfee: 100 $

Fazit: Dieser Platz, den Jack Nicklaus schon 1981 bauen und 2000 komplett renovieren ließ, schlängelt sich wunderschön durch dichte Wälder und  an Lagunen entlang, bevor er auf den letzten drei Bahnen
die ausladenden Dünen am Ufer des Atlantiks erreicht.

Heron Point, Sea Pines

5 von 6 Sternen

Der „Reiher Punkt“ präsentiert sich als farbenfroher, botanischer Garten: Mit mächtigen Bäumen, die Grüns und Fairways begrenzen, und Marschlandflächen, die sich am Horizont verlieren. Dazu hat Pete Dye einige Bahnen so dramatisch geschnitten, dass nur ein perfekter Drive die Chance aufs Grün lässt. Der Platz ist zwar nicht so berühmt wie sein großer Bruder (Harbour Town Golf Links), aber genauso gut.

Adresse: 100 North Sea Pines Drive, Hilton Head Island, SC 29928

Tel: 001/843/842 84 84

www.seapines.com

Platz: 18 Löcher, Par 72. Damen: 5.802 Yards (Carolina) Herren: 6.625 Yards (Dye)

Greenfee: 140 $

Fazit: Noch ein starkes Stück von Pete Dye. Auf dem früheren Sea Marsh-Kurs wurden die Fairways neu geführt und Grüns aufgebaut. Dyes Markenzeichen, senkrecht aufgestellte Eisenbahnschwellen, trennen die erhöht liegenden Grüns von den Tümpeln.

Hilton Head National

5 von 6 Sternen

Nicht nur wegen des hinterm Grün vorbeifahrenden Cola-Lasters (oben): Hilton Head National ist ein typischer Vertreter der Gattung Golf in South Carolina: Meist offen, immer ehrlich, gut in Schuss und mit einem interessanten Layout das stammt hier vom legendären Gary Player.

Adresse: 60 Hilton Head National Drive, Bluffton, SC 29910

Tel: 001/843/842 59 00

www.scratch-golf.com

Platz: 18 Löcher, Par 72.
Damen: 4.563 Yards (red) Herren: 6.155 Yards (blue)

Greenfee: 58 $

Fazit: Gary Player, der den Platz entworfen hat, verspricht ein faires Layout und allen „eine amüsante Runde.“ Dieser exquisite öffentliche Kurs verfügt über sehr schnelle und nach modernen Standards kleine Grüns. Es gibt noch weitere 9 Löcher („Weed“-Kurs).

Kurz-Info South Carolina
Anreise: Per Flugzeug über die Drehkreuze Atlanta, Charlotte, Newark oder Washington zu den Airports in Myrtle Beach, Charleston oder Savannah.

Golfclubs und -schulen: Zwischen Myrtle Beach und Hilton Head gibt es fast 400 Plätze und mehr als 30 renommierte Akademien.

Reiseveranstalter: proGolf-Reisen in Leverkusen (www.progolf-reisen.de; Tel.: 0214/550 85) und Junker-Reisen in Kaiserslautern (www.junker-reisen.de; Tel.: 0631/ 36 211 35) bieten viele Packages. Ein Highlight ist das World Am, das größte Amateur-Turnier der Welt; da spielen im August 2009 wieder über 4.000 Golfer aus aller Welt um den Titel des „World Amateur Champion“ (www.worldamgolf.com).

Weitere Infos: Im Internet unter www.SouthCarolinaGolf.de oder beim South Carolina Tourism Office, c/o ESTM, Postfach 1425, 61284 Bad Homburg. Tel.: 06172/92 16 04. E-mail: es-tm@t-online.de