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80 Meter und noch viel tiefer

Verständlicherweise ist es für viele Amateure sehr aufregend, wenn sie die Möglichkeit bekommen bei einem Pro-Am mitzuspielen. Vor allem dann, wenn das Losglück, wie in meinem Fall auf Mauritius, auf den führenden der Order-Merit der Staysure Tour und ehemaligen Ryder Cup Spieler Paul Broadhurst fällt. Da ich diese Erfahrung allerdings bereits hinter mich gebracht hatte, dachte ich, dass ich das zweite Pro-Am entspannter angehen kann und freute mich auf die Runde mit dem Schweden Magnus Atlevi, der immerhin Zweitplatzierte in der vorangegangenen Woche.

Magnus Atlevi (Photo by Phil Inglis/Getty Images)

Als es Zeit wurde unsere Bags auf die Carts zu schnallen und ich gerade ein nettes Anfangsgespräch mit Atlevi führte, lief sein Landsmannn Jamin Sandelin an uns vorbei und posaunte heraus: „Sei lieber vorsichtig, wenn du mit ihr spielst, sie wird dich platt machen.“ Etwas irritiert führten wir unser Gespräch fort, als Roger Chapman ebenfalls an uns vorbeimarschierte, kurz innehielt und meinte: „Oh du spielst mit ihr? Naja dann kannst du direkt vor gehen bei der Preisverleihung und dir einen der Preise aussuchen.“ Achselzuckend und mit einem peinlich berührten Lächeln kommentiere ich Atlevis Blick, als Paul Broadhurst aus dem Clubhaus kam und meinem schwedischen Pro erklärte, dass er sich darauf vorbereiten solle von mir ausgedrived zu werden. „Du hast dir ganz schön einen Namen gemacht, wie es scheint!“ Den Anschein hatte es in der Tat und spätestens jetzt stieg auch die Nervosität bei mir an. Am ersten Abschlag angekommen (wir starteten an Loch 7), war ich froh, dass ich meinen Schlag mit dem Hybrid sicher auf dem Fairway platzieren konnte. Wie sich herausstellen sollte, war es allerdings deutlich zu früh für meine Euphorie. Mit dem Eisen in der Hand merkte ich plötzlich, wie die Nervosität zurück kroch und meine Knie etwas weich wurden. Stell dich nicht so an, dachte ich mir, holte aus und – Socket. Der Traum eines jeden Golfers! Kann ja mal passieren. In meinem Fall noch vier weitere Male, woraufhin Atlevi freundlicherweiße meinte: „ Hey, aber der Ball ist wieder zurück gekommen, so schlecht war der Schlag nicht.“ Das war der Punkt, an dem wir beschlossen haben ehrlich zueinander zu sein. „Ok, der war echt Scheiße“, fügte er grinsend hinzu.

Stellen Sie sich vor, Sie versuchen sich bestimmte Merkmale des Platzes für einen späteren Artikel einzuprägen und erleben gleichzeitig den persönlichen Golfhorror, während innerhalb weniger Minuten literweise Wasser in Form eines tropischen Regens über Ihnen ausgegossen werden und Sie im Anschluss an den Regenguss Dampfgegart werden, dann können Sie ungefähr erahnen, wie sich die ersten fünf Bahnen meines entspannten Pro-Ams angefühlt haben. Da machten auch die stark ondulierten Grüns, das ständig präsente Wasser, noch die engen Fairways keinen Unterschied mehr. Ironischerweise: Das waren erst die einfachen Bahnen. „Ich glaube das Ergebnis wird in dieser Woche nicht mehr als sieben oder acht Schläge unter Par sein“, schätzt Atlevi die Situation ein. Der Schwede reiste in guter Form auf die Seychellen an und weiß, dass es hier vor allem auf einen intelligenten Spielplan ankommt. Da ist es wenig verwunderlich, dass er zu den Favoriten in dieser Woche zählt. Vor allem auf den Bahnen 13-18 wird sich zeigen, welcher der Pros den besten Spielplan aufgestellt hat.

Bis Bahn 15 gilt es einige Höhenmeter zu überwinden, die schließlich am Abschlag des Signature Holes vor einem 80 Meter tiefen Abgrund mündet. Indes haben Atlevi und ich uns formtechnisch etwas eingegrooved und auch unsere Abschläge landen, nach der gefühlt fünfminütigen Flugphase, brav auf dem Grün der 15. Bahn. „Dieser Schlag macht mich so nervös“, sagt Atlevi und fügt hinzu, „ich habe Höhenangst und wenn ich sehe, wie hoch der Ball hier fliegt, da bekomme ich Gänsehaut und es schüttelt mich. Es kostet mich regelrecht Überwindung diesen Schlag zu spielen. Nach diesem Höhepunkt ging es auch für uns steil bergab. Am Grün der 16. Bahn, die so tief in die Wälder hineingebaut wurde, dass man darauf wartet, dass Mowgli und Balu bald um die Ecke biegen, beschließt unser Golfcart den Dienst einzustellen, was unweigerlich zur Folge hatte, dass Atlevi und ich unsere Bags bis auf weiteres selbst weitertransportieren mussten. Genau zum richtigen Zeitpunkt, denn der Weg über das kurze 17. Loch bis hin zum 18. Abschlag führte uns zurück auf fast dasselbe Höhenniveau wie der Abschlag von Bahn 15. „Sagt uns bitte, dass ihr das nicht freiwillig macht“, witzelt Ian Woosnam, als er uns schwitzend und schnaubend den Berg hinaufkommen sieht. Die Frage begegnet uns nicht nur einmal, denn Atlevi ist bekannt dafür, dass er viel Wert auf seine körperliche Fitness legt. „Ich habe einfach keine Lust mit Schmerzen jeden Morgen aufzuwachen. Und außerdem habe ich gerne einen flachen Bauch“, sagt Atlevi.

Während wir uns durch das Gelände kämpfen wird auch unser Golfspiel wieder besser und findet seinen Höhepunkt an der dritten Spielbahn, als Atlevi einen Schlag mit dem dreier Eisen so perfekt spielt, dass er den Fahnenstock trifft und der Ball ins Aus springt. Touché, das ist Golf. „Bei unserem Glück, wird es an der letzten Bahn noch einmal richtig zu regnen anfangen“, sage ich und sollte natürlich recht behalten. Durchnässt bis auf die Knochen, aber mit dem Longest-Drive in der Tasche, beende ich die wohl abenteuerlichste Golfrunde meines Lebens. Für Atlevi endete der Tag im Proshop auf der Suche nach Regenhandschuhen. Das Fazit: Sollte es an einem der drei Turniertage regnen, werden die Fans ihn mit einem Ladies XL Handschuh mit Aussparungen auf dem Handrücken für einen schönen Tan zu Gesicht bekommen. Klares Ziel für mich: Das Beweisbild.