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Gary Player

Die Glücksmomente einer Golfrunde sind im Regelfall überschaubar. Sie reduzieren sich auf die guten Schläge. Ganz anders ist das während einer Runde mit Gary Player (83). Ingo Grünpeter, stellvertretender GJ-Chefredakteur, hatte die einmalige Gelegenheit, mit der südafrikanischen Golflegende im Frankfurter GC zu spielen. Ein außergewöhnliches Erlebnis!

In unserer Branche landet man häufiger Volltreffer. Es geht zu interessanten Destinationen, es besteht die Möglichkeit, auf Top-Anlagen zu spielen, und in einer gewissen Regelmäßigkeit bekomme ich die Chance, an einem Pro-Am teilzunehmen. Das sind Highlights, schließlich darf ich mehrere Stunden mit einem Profi verbringen. Mal war’s ein junger Shooting-Star, mal ein Ryder-Cup-Teilnehmer, mal ein solider European-Tour-Spieler – und ja, mit Charl Schwartzel war sogar ein Masters-Sieger dabei. Alles ganz tolle und interessante Menschen, und spätestens nach dem ersten Abschlag ist mir stets eines bewusst geworden – diese Herren spielen und können Golf.

Das ist immer so eine Art Weckruf: Junge, du kannst es gar nicht

Und jetzt also Gary Player. Ich darf mich glücklich schätzen, ihm seit Jahren regelmäßig zu begegnen. Mal ist es nur ein Smalltalk über den Profi-Zirkus, mal ist es ein offizielles Interview, mal ist es eine Trainingsgeschichte, mal ist es ein Plausch übers Leben. Egal wann und wie: Gespräche mit Player sind inspirierend. Der Südafrikaner ist charismatisch, freundlich und besitzt eine fundierte Meinung, zu jedem Thema. Es spielt keine Rolle, ob im Equipment-Bereich, beim Schwung, bei der Ernährung, bei der Golfplatz-Architektur oder bei der Weltpolitik.

Zurück nach Frankfurt. Der 83-Jährige ist gerade aus London eingeflogen und wird mit einem schwarzen Van zu einem Event seines Sponsors Berenberg vorgefahren. Kaum angekommen, hüpft er wie ein Jungspund aus dem Auto. Natürlich ist »The Black Knight« in Schwarz gekleidet. Das ist sein Markenzeichen bei offiziellen Anlässen. Er begrüßt alle mit einem freundlichen »Hallo« oder »Guten Tag«, hebt sofort den vierten Titel Bernhard Langers bei der Senior Open hervor, verschwindet in der Umkleide und tauscht den schwarzen Anzug gegen schwarze Golfbekleidung aus. Marc Tudhope, persönlicher Assistent, Berater und Managing-Director von Black Knight International, regelt vor dem Clubhaus die weitere Logistik mit Bag und Cart.

Nebenbei bekomme ich von ihm eine kurze Einweisung. »Du hast die Ehre, mit Mister Player zu spielen, ihr kennt euch ja, du wirst zumindest am Anfang das Cart fahren – und vergiss nicht, ihm die Entfernungen zu geben. Genieß es, ich komme später dazu«, gibt mir Marc mit auf den Weg. In seinen Sätzen war eine wichtige Message versteckt – die Anrede. Aus Respekt redet man Herrn Player grundsätzlich mit Mr. Player an, und nicht, wie in der englischen Sprache üblich, mit dem Vornamen.

Es wird auch nicht lange gefackelt, ein erneuter Handschlag, zwei Sätze, und es folgt die erste Anweisung, die Range aufzusuchen. Der Fitnessfanatiker dehnt sich und macht wie üblich ein paar Probeschwünge mit einem schweren Prügel aus Eisen. Er legt sich einen Ball hin und macht mit einem Wedge den ersten Schlag. Was für ein Klang! Ganz clean getroffen. Fast ehrfürchtig nähert sich eine Jugendgruppe des Club-Ferien-Camps. Gary Player fordert sie auf, zu ihm zu kommen. Jetzt ist er ganz in seinem Element. Er referiert über Golf! Fasziniert hören die Kinder zu und beobachten die Schläge der Golflegende. Egal ob Wedge, Eisen, Holz oder Driver –Player trifft die Bälle derartig satt, dass es dem Publikum die Sprache verschlägt. 

Das kann nicht sein, denke ich mir immer wieder. Unglaublich, wie dieser Mann die Kugel mit 83 nach vorne bewegt. Leichter Draw, bitte. Ein Fade, bitte. Ein minimaler Hook, bitte. Alles mit Ansage und ganz locker. Player lächelt dabei. Er weiß, er hat die Kids, den Pro und mich voll auf seiner Seite. Mit seiner Art fängt er die Menschen spielend ein. Für seine improvisierte Clinic erntet er Applaus, wünscht allen viel Spaß am Golf und verweist noch mal darauf, dass man Golf bis ins hohe Alter spielen kann.

Der Südafrikaner nickt mir zu, ein Zeichen, dass es jetzt bitte auf den Platz gehen soll. Player ist mit weit über 80 noch süchtig nach Golf. Wenn es sich irgendwie ausgeht, spielt er täglich. Es ist eine kurze Fahrt zurück zu Abschlag eins, doch so schnell geht es dann doch nicht los. Ein Ehepaar begrüßt ihn und wünscht sich ein gemeinsames Foto. Natürlich, gehört dazu. Und schon steht der nächste Fan da. Für mich, der ohnehin schon ziemlich nervös ist, wird die Anspannung durch die Warterei nicht besser.

»Ingo, jetzt geht’s los, wir werden viel Spaß haben«, kommt Players Startsignal; er teet auf und zimmert den Ball auf dem langen Par 4 perfekt hinaus, schaut mich mit einem souveränen Lächeln an und überlässt mir den Abschlag. Gar nichts ist gut in dem Moment, ich versuche es auszublenden, dass das Golfidol zwei Meter entfernt von mir steht und genau beobachtet, was ich nun anstelle. Es ist schon verrückt, was in meinem Kopf vorgeht. Ich erinnere mich an meine Runde in Augusta. Damals stand ich an der 1 und hatte nur vor Augen, dass hier schon jeder Weltklasse-Golfer abgeschlagen hat. 

Ein Superstar ist für mich jemand, der mindestens sechs Majors gewonnen hat

Gary Player

Und jetzt darf ich mit diesem Gary Player auf den Platz. Ein neunfacher Major-Sieger, einer, der seit über sechs Jahrzehnten in diesem Business beheimatet ist. Und einer, der alle erlebt hat. Einen Sam Snead, einen Ben Hogan. Einer, der sich über Jahre hinweg mit Jack Nicklaus und Arnold Palmer duelliert hat. Genau mit dieser Legende darf ich nun auf die Runde.

Ich bringe den Drive einigermaßen unfallfrei (wären da nicht die Bäume rechts gewesen) nach vorne. »Netter Schwung«, vernehme ich. Echt? Ich finde ihn sehr ausbaubar und weiß, Mr. Player will mir die Nervosität nehmen. Für meinen gelungenen Punch kurz vors Grün bekomme ich ein weiteres Lob. Ich muss nun ran als Caddie, na ja, ich gebe die Distanz. »Ingo, war das in Meter oder Yards, ich bevorzuge Yards«, fragt er mich. Ich rechne schnell um, und Player holt sich ohne zu Zögern den Schläger seiner Wahl. Wieder dieser perfekte Klang, allerdings landet der Ball rechts vom Grün. Der Chip aus vielleicht 20 Metern landet einen Meter am Stock. Putt, Par. Ganz easy, ganz souverän.

Auch beim zweiten Loch verfolgt Player jede meiner Bewegungen, und ich merke: Bald geht der Nachhilfeunterricht los. Nebenbei inspiziert er die Bahnen und sagt entschlossen, dass die Abschläge nach vorne verlegt werden müssten für die Berenberg Challenge. »Die sind zu lang und zu schwer, die Amateure sollen ihren Spaß haben.«

Während er jeden Schlag spürbar einfach auf den Fairways platziert, freunde ich mich mit der Aus-Grenze an oder muss mich mit Querschüssen zurück aufs Fairway retten. Bei einem Chip bekomme ich sofort ein Feedback. »Sehr gut, du hast beschleunigt, merk dir: bei den kurzen Schlägen oder auch im Bunker – du musst beschleunigen. Immer!«

Meine Vorahnung, dass eine Korrektur ansteht, kommt postwendend. Player macht mich auf die falsche Einleitung meines Rückschwungs aufmerksam, derzufolge ich den Schläger schließe und somit nicht mit einem neutralen Schlägerblatt an den Ball komme. Er steht vor mir, demonstriert mir die richtige Bewegung und lässt mich diese Bewegung anschließend spüren. »Und jetzt am Ball«. Fühlt sich komisch an, und die Ergebnisse sind verbesserungswürdig.

An einem Par 3 legt der Meister seinen Abschlag fünf Meter neben die Fahne, während ich – der Schlag war schon besser – mein Glück über Chip-Putt versuchen muss. Es gelingt mir, und ich bekomme ein »well done« und High-Five von Mr. Player. Er spielt Par und holt zum Vortrag aus. »Wir haben beide den gleichen Score gespielt, du hattest einen durchschnittlichen Abschlag, keinen wirklich guten Chip und lochst den langen Putt ein. Mein Abschlag war sehr gut und ich brauche zwei Putts. Was sagt uns das? Putten ist extrem wichtig, hier kann man sich schnell verbessern, wenn man nur ein wenig trainiert. Die Hälfte aller Schläge pro Runde sind Putts. Aber wer von den Amateuren, wenn sie denn üben, konzentriert sich auf Putt-Drills?«

Die Anspannung ist längst vorbei, es wird einfach nett gespielt, und Player greift in regelmäßigen Abständen ein. Im Cart und auf dem Grün reißen wir wie zwei bessere Bekannte verschiedene Themen an. Zum Beispiel die Athletik von Brooks Koepka. »Mich haben sie damals für verrückt erklärt, weil ich als erster mit Workout angefangen habe und im Gym war. Koepka stemmt vor der Runde Gewichte. Und? Er ist die Nummer eins. Das sind alles Athleten. Schau dir Rory McIlroy an. Er ist unbestritten das größte Talent auf der Tour, ich frage mich immer wieder, was bei ihm los ist.«

Player schwärmt von Ben Hogan, dessen Schwung er als den besten der Welt bezeichnet. »Hätte ich in meiner aktiven Karriere so viel über den Schwung gewusst wie jetzt – ich hätte mit Sicherheit drei bis vier Majors mehr gewonnen.« Es geht rasend weiter von Loch zu Loch. Immer wieder erinnert er mich an die Einleitung meines Rückschwungs und verwendet das Wort Beschleunigung vor jedem meiner kurzen Schläge. Wir bleiben beim Thema Glorifizierung und Star-Kult hängen. Für die Golflegende ist es befremdend, dass man bei vielen Profis schnell das Wort Star oder Superstar zückt. »Ein Superstar ist für mich jemand, der mindestens sechs Majors gewonnen hat.«

Der 18-fache Major-Sieger puttet anschließend souverän zum Par. Mark ist mittlerweile dazu gestoßen und deutet dezent auf die Uhr. Meine Zeit mit Player ist abgelaufen. Wir schütteln uns die Hand, ich bedanke mich, und der 83-Jährige klopft mir auf die Schulter. »Es hat Spaß gemacht.« Es geht zurück zum Clubhaus, wir verabschieden uns. »Ich hab‘ gespürt, du liebst Golf. Das ist wichtig.« Sagt Gary Player und verschwindet in der Umkleidekabine.

Fotos: ©Matthias Gruber – GruberImages.com

Steckbrief

Gary Player
»The Black Knight«

– Geb. am 01.11.1935
– verheiratet mit Vivienne seit 1957, 6 Kinder
– Pro seit 1953
– Erfolge: 163 Profi-Siege, u.a. 9 Major-Titel
– Mitglied der Hall of Fame seit 1974
– mit seinem Design-Team hat er über 400 Plätze in 36 Ländern auf fünf Kontinenten realisiert

Bei den kurzen Schlägen oder auch im Bunker – du musst beschleunigen. Immer!

Gary Player