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Martin Kaymer im Interview: „Ich hatte keine Ahnung wie gut ich war.“

Martin Kaymer hat in unserem Interview einige überraschende Einblicke in sein Seelenleben gewährt. Der 34-Jährige spricht dabei sehr offen über die mentale Seite des Golfspiels und darüber, wie es in seiner Karriere weitergehen könnte. 

Er ist zurück unter den besten 100 Spielern der Welt. Und das ist keine Selbstverständlichkeit für die ehemalige Nummer eins der Welt. Martin Kaymer musste einen langen Weg einschlagen, um sich wieder dorthin zurückzukämpfen, wo er jetzt ist. „Ich hatte eine Hall-of-Fame-Karriere, bevor ich 30 Jahre alt war, und hatte keinen blassen Schimmer davon“, sagte der Deutsche unlängst gegenüber der European Tour. In anderen Interviews betonte Martin Kaymer immer wieder, dass er an einem absoluten Tiefpunkt war, als er die Weltranglistenposition eins erlangt hatte. Verletzungen, unter anderem am Handgelenk, sorgten für den Rest.

„Das Golf Spiel ist ein extrem süchtig machendes Spiel und wir empfehlen es nur Leuten, die Spaß haben wollen „, lautete der Schriftzug auf dem Bag von Martin Kaymer bei der PGA Championship (Photo by Ross Kinnaird/Getty Images)

„Ich habe mich nach all dem Erfolg, den ich hatte, mehr mit der mentalen Seite des Golfsports beschäftigt. Ich wollte verstehen, warum ich erfolgreich war. Einige Leute meinen, man solle sich derartige Fragen nicht stellen und sich damit besser abfinden. Aber ich wollte meinen Erfolg verstehen, um eben noch mehr Erfolg zu haben. In den letzten Jahren bemerkte ich, dass die mentale Einstellung auf dem Golfplatz auch sehr viel mit der mentalen Einstellung abseits des Golfplatzes zu tun hat. Bestimmte Umstände im Leben helfen dir zu verstehen, wie wichtig dir Golf tatsächlich ist. Interessanterweise nehmen einige Spieler das auf dem Golfplatz Erlebte mit ins Hotelzimmer oder nach Hause und sind selbst noch zwei bis drei Tage nach dem Turnier über die missratenen Schläge verärgert. Ich habe mich entschieden, mein Leben nicht so zu leben. Wenn du durch schwierige Lebensphasen gehst, die nichts mit Golf zu tun haben, gibt es dir einen anderen Blickwinkel auf die Dinge.

Martin Kaymer im Interview – „Man muss loslassen lernen“

Für mich ist es sehr interessant zu sehen, wie andere Spieler das angehen. Das lässt mich auch darüber nachdenken, wie und wann ich welche Prioritäten in meinem Leben setze“, so Kaymer.

Martin Kaymer ist dabei nicht der einzige Profigolfer, der in letzter Zeit über mentale Probleme berichtet hat. Neben anderen bekannten sich der europäische Ryder-Cup-Kapitän Thomas Bjørn und auch der englische Publikumsliebling Andrew „Beef“ Johnston öffentlich zu ihren Depressionen. Der Tenor in all diesen Bekenntnissen ist oft derselbe: Der Druck der Öffentlichkeit und persönliche Erwartungen sowie der mentale Aspekt des Spiels wurden für die betroffenen Spieler – und Menschen – zu groß.

Martin Kaymer im Interview bei der BMW International Open in München Eichenried. Auch hier trat Kaymer entspannt und mit neuem Elan an und setzte den positiven Trend auch auf dem Platz fort.
Martin Kaymer im Interview bei der BMW International Open in München Eichenried. Auch hier trat Kaymer entspannt und mit neuem Elan an und setzte den positiven Trend auch auf dem Platz fort. (Photo by Stuart Franklin/Getty Images)

Martin Kaymer formuliert es so: „Wir alle stehen dem Unbekannten im Leben gegenüber. Du weißt nicht, was morgen passiert und welchen Anruf du von deiner Familie erhalten wirst. Man kann sich nicht darauf vorbereiten. Du musst spontan sein und deinen Lebenserfahrungen vertrauen, damit du etwas handhaben kannst. Das Gleiche gilt auch beim Golf. Du musst glauben, dass du alles hast, was du brauchst, um alles, was auf dich zukommt, in den Griff zu bekommen. Wenn du weißt, wie gut du bist, lässt es dich ohne Angst mit bestimmten Situationen umgehen. Aber du musst auch ein besseres Verständnis des Lebens haben, eine Perspektive, und deine Fähigkeiten kennen. Man kann sich niemals richtig auf die wirklich großen Momente auf dem Golfplatz vorbereiten.

Man kann sich zwar bis zu einem bestimmten Grad darauf vorbereiten, aber man weiß nie, wie der Körper und die Gefühle auf diese unvorhersehbare Situation reagieren.Es ist nicht möglich sich für den Moment, den ich beim Ryder Cup 2012 hatte, vorbzubereiten (Anmerkung der Redaktion: Da stand Kaymer über dem entscheidenden Putt, lochte nervenstark aus zwei Metern und rettete damit den Sieg für das europäische Team). Es ist interessant, wie manche Menschen ein Spiel kontrollieren wollen, das nicht kontrollierbar ist. Man muss diesen Drang nach Kontrolle loslassen, um erfolgreich zu sein; aber als Mensch loszulassen ist sehr schwierig. Doch wir sind nicht so gestrickt. Wir möchten Kontrolle über unsere Zukunft haben. Dieses Spiel hängt von so vielen Faktoren ab. Man muss das verstehen und akzeptieren. Die meisten Leute verstehen dies, ihnen fällt es aber schwer, es zu akzeptieren.“

Das ganze Interview von Martin Kaymer mit vielen spannenden Einblicken in sein Leben und wie er sich Schritt für Schritt zurück kämpft, können Sie in unsere aktuellen GOLF MAGAZIN Ausgabe lesen. Ganz einfach hier Online bestellen oder am Kiosk in Ihrer Nähe finden.