News

Vorschau US PGA Championship: Wer schwimmt sich frei?

Getty Images
Möchten Sie jetzt schon mal wissen, wer die US PGA Championship 2008 gewinnt? Bitte sehr: Sergio Garcia! Wer sonst? Garcia ist Spanier, und die gewinnen im Moment alles – erst die Fußball-Europameisterschaft (da spielte ein anderer Sergio
Garcia mit), dann im Tennis-Mekka Wimbledon, wo Rafael Nadal den vermeintlich unschlagbaren Roger Federer in knapp fünf Stunden niederrang. Und während wir das hier schreiben, führt bei der Tour de France ein Mann namens Alejandro Valverde – ein Spanier.
Das nächste Argument: Garcia hat in diesem Jahr schon die Players Championship in Sawgrass gewonnen, die viele nach dem US-Masters, der US Open, der British Open und eben der USPGA Championship für das „5. Major“ halten. Mit dem Sieg im Stechen über Paul Goydos hat Garcia endlich bewiesen, dass er mit nun auch schon 28 Jahren reif genug ist für die ganz großen Einzelsiege. Außerdem, und damit wollen wir Sie dann auch nicht weiter belästigen, hat er nur die besten Erinnerungen an Oakland Hills. Hier fegte das europäische Ryder Cup-Team vor vier Jahren die USA gnadenlos mit 18,5:9,5 von den Grüns. Bernhard Langer war der geniale Teamchef und Sergio Garcia neben Lee Westwood der beste Einzelkämpfer, der während seiner dreitägigen Galavorstellung 4,5 von 5,0 möglichen Punkten holte und dabei auch Phil Mickelson im Einzel besiegte. Sie sehen also: Die US PGA Championship kann doch nur Sergio Garcia gewinnen.

Oder vielleicht doch besagter Mickelson, der immerhin seit Jahr und Tag den zweiten Platz in der Weltrangliste verteidigt? Was ist mit Ernie Els, der sich nach seiner schweren Knieverletzung im vergangenen Jahr wieder der Bestform nähert und in selbiger absolut das Potenzial hat, seinen drei Open-Triumphen (zweimal US, einmal British) einen weiteren Major-Sieg hinzuzufügen? Oder doch eher, als Geheimtipp, Lee Westwood? Der hat nicht nur beste Erinnerungen an Oakland, sondern gerade erst bewiesen, dass mit ihm nach einer ziemlich langen Schwächephase wieder zu rechnen ist. Bei der US Open hatte der Engländer das Stechen um einen einzigen Schlag verpasst und am Fernseher verfolgen müssen, wie Tiger Woods gegen Rocco Mediate triumphierte. Womit wir zum Grund für die Fülle an möglichen Siegern kommen – die Abwesenheit des Tigers. Der hat sein Knie direkt nach der US Open erfolgreich unters Messer gelegt und sich für den Rest der Saison verabschiedet. Das bringt neues Leben in die Tour, die von der Woodsschen Dominanz seit Jahren finanziell zwar bestens lebt, sportlich aber einen Teil ihrer Attraktivität und Spannung verloren hatte. Jetzt, ohne den schier übermächtigen Platzhirsch, wird die major-fette Beute neu verteilt.

Und das auf einem Platz, der sich so wohltuend von den „Monstern moderner Prägung“, die immer länger und schwerer werden, unterscheidet. Der South Course von Oakland Hills zeigt sich heute so unerschütterlich und verlässlich wie vor vielen, vielen Jahren auch wenn für die PGA Championship einige Tees nach hinten gewandert und weitere Bunker hinzugefügt worden sind. Im Vergleich aber zum brutal veränderten Masters-Kurs in Augusta, den Spieler wie Jack Nicklaus, Arnie Palmer oder Gary Player kaum wiedererkennen, sieht Oakland immer noch so aus wie 1991, als Nicklaus dort die US Seniors Open gewann und kein Spieler nach vier Runden bei Par oder besser lag.
Ähnlich dramatisch ging es 1981 zu, als Palmer dasselbe Turnier gewann (und es in der gesamten Woche überhaupt nur zwei Runden unter Par gab) und 1972, als Gary Player hier PGA-Champion wurde. Und selbst Ben Hogan würde sich, wenn er noch am Leben wäre, auf dem heutigen South Course zurechtfinden, auf dem er 1951 (!) die US Open gewann. Die 67, mit der Hogan damals das Turnier beendete, gilt noch heute als eine der besten Runden, die je bei einem Major-Turnier gedreht worden sind.
Warum an Oakland im Laufe von fast 60 Jahren nicht so viel herumgeschraubt wurde wie an vielen anderen Anlagen? Der Grund sind die Grüns! Von ihnen lebt dieser Kurs, unter ihnen leidet er – damals wie heute. Selbst die besten Spieler der Welt stehen oder hocken hier, gucken von allen Seiten – und haben bei den unzähligen kleinen Buckeln doch keine richtige Idee, wie der Putt laufen könnte. Breaks von mehr als fünf Metern sind keine Seltenheit, so dass man manchmal nach links putten und darauf hoffen muss, dass die Kugel nach einer dramatischen Kurve doch noch zum rechts liegenden Loch startet.
Auf dem Masters-Kurs in Augusta gibt es mit der 16 ein einziges Grün, das solch spektakuläre Puttlinien fordert – in Oakland Hills gibt es davon mehrere. Andere Grüns wirken wie auf dem Kopf stehende, grasbewachsene Tassen, bei denen die Fahnen natürlich nicht in der berechenbaren Mitte, sondern am Rand und damit nahe am Abgrund stehen. Angesichts dieser extremen Wellen, Buckel und Höhenunterschiede vergleichen unsere Kollegen von Golf Digest die Grüns mit Miniatur-Skipisten oder, für die jüngeren Leser, mit Halfpipes in einem Snowboard-Park.
Für Nicklaus sind es „die schwierigsten Grüns, die wir im Major-Golf spielen“. Al Watrous, der in seinen Jahrzehnten als Pro in Oakland Hills zahllose Katastrophen miterlebt hat, nahm seinen Schülern schon früh alle Illusionen: „Wenn du hier das Grün erreicht hast, fängt das Spiel neu an.“
Neues Spiel, neues Glück – das gilt bei der PGA Championship 2008 nicht nur auf den Grüns, sondern nach dem Ausfall von Tiger Woods für den versammelten Rest  der Weltelite. Mal sehen, wer die Chance nutzt?
Wie wäre es mit einem Spanier?

Detlef Hennies