Der Take-Away und Schwungverlauf
Da der Take-Away den weiteren Schwungverlauf bestimmt, ist es wichtig, den Schläger bereits im Rückschwung in eine Position zu bringen, die man idealerweise auch im Treffmoment haben möchte. Der Eintreffwinkel eines Eisens sollte sich in der Abwärtsbewegung Richtung Boden befinden – wobei erst der Ball und dann der Boden getroffen wird (ganz im Gegensatz zum Treffmoment mit dem Driver – siehe GM 08/24). Außerdem sollte der Schlägerkopf des Eisens beim Take-Away auf der Ideallinie zurückschwingen. Heißt: auf gar keinen Fall zu weit nach innen (siehe Foto unten rechts mit eingezeichneter Linie). Wohingegen es beim Drive schlecht wäre, diesen zu Beginn des Rückschwungs extrem weit nach außen zurückzuführen, ist genau das beim Eisen ratsam. Spieler, die eher von außen nach innen zum Ziel schwingen, sind gute Eisen-Striker – wie beispielsweise Martin Kaymer. Allerdings bereitet diese Art des Take-Aways vielen Golfern Probleme. Zu Beginn des Schwungs bewegt sich der Schläger langsam und es ist schwer, genau diese Position anzusteuern. Mit den folgenden sechs Übungen können Sie an Ihren Eisen-Treffern arbeiten.
1) Aus Essstäbchen wird Bauch-Stäbchen
Bei einer Optimierung des Take-Away sind die meisten Spieler mit dem Schläger beschäftigt. Dabei ist es wesentlich wichtiger, die Hände anzusteuern. Und genau das ist das kleine Geheimnis: die Bewegung der Hände anzusteuern. Die folgende Übung ist für eine korrekte Handbewegung Gold wert. Stecken Sie in das kleine Loch am Griffende ihres Schlägergriffs ein Essstäbchen. Keine Sorge: Der Griff kann nicht kaputt gehen. Das Stäbchen sollte so tief im Griffende verschwinden, dass beim Rückschwung das andere Stäbchenende noch leicht den Bauch berühren kann. Ziel dieser Übung ist es, den Radius zwischen Griffende und Bauch möglichst lange gleich zu halten (siehe Fotos unten). Aus meinem Unterrichtsalltag kann ich berichten, dass sehr viele Spieler genau mit dieser Bewegung große Probleme haben. Der häufigste Fehler ist, das Lösen der Hände vom Körper. Auch um keine Power verpuffen zu lassen, ist es außerordentlich wichtig, eine Einheit aus Körper, Griff und Händen aufrechtzuerhalten. Bleibt das Griffende nicht auf der idealen Ebene und wird versehentlich zu sehr nach innen zurückgeschwungen, dann ist es nur schwer möglich, knackige Eisentreffer zu erzeugen.
2) Arm-Klemme
Wird ein Stäbchen in die zum Ziel nähere Achsel (für Rechtshänder unter den linken Arm) geklemmt, bleibt der entsprechende Oberarm (samt Unterarm) beim Take-Away besser mit dem Körper verbunden. Diese Übung unterstützt nicht nur den idealen Radius zu finden, sondern »beruhigt« auch die Armrotation, insbesondere des linken Arms. Dann kann sich dieser nicht mehr übertrieben drehen – und genau das ist definitiv ein Problem einiger Spieler, die mit ihrem Eisenspiel hadern. Ein übertrieben rotierender Unterarm erschwert nämlich gute Eisentreffer. Weniger ist manchmal eben mehr.
3) Handschuh-Stäbchen
Ob die folgende Übung nicht korrekt ausgeführt wird, werden Sie umgehend anhand des etwas piekenden Feedbacks spüren: Klemmen Sie sich ein Essstäbchen mittig auf Ihren linken Handrücken zwischen Handschuh und Hand – siehe Fotos oben. Diese Übung dient der korrekten Handgelenksstellung, die essenziellist. Dabei liegt der Fokus auf der Position am höchsten Punkt des Rückschwungs. Wer einen 90-Grad-Winkel zwischen linkem Unterarm und Schläger am obersten Punkt des Rückschwungs erzeugen und diesen Winkel im entscheidenden Moment auch wieder lösen kann, schwingt mit einem exzellenten steilen Eintreffwinkel auf den Ball. Dann wird mit dem Eisen bilderbuchmäßig erst der Ball und dann der Boden getroffen.
Diese Übung ist aus zwei Gründen effektiv: Die Handgelenke werden nicht nur korrekt gewinkelt (90-Grad-Winkel zwischen Unterarm und Schaft), sondern auch gebeugt (also die richtige Beugung »down the line«, wenn man in der Schlagverlängerung des Spielers steht). Würde sich die Rückseite der linken Hand Richtung Oberseite des Unterarms beugen, würde sich die Schlagfläche öffnen. Und das wäre dann eine Ursache für ein folgendes zu frühes Auflösen der Handgelenke. Damit gibt es definitiv keine knackigen Eisenschläge. Spieler, die sich genau diesen Fehler erlauben und das Handgelenk fälscherweise beugen, neigen dazu zu früh in den Boden zu schlagen. Also beherzigen Sie diese Übungen und achten auf eine schöne Gerade von Unterarm und Handrücken. Grundsätzlich sorgt diese Übung dafür, dass die Schlagfläche während des gesamten Schwungablaufs »square« bleibt – und das ist das Ziel eines idealen Schwungs.
4) Flieg Stäbchen, flieg
Die Impacthöhe ist eine enorm unterschätze Fähigkeit im Golf. Leider wird diese fast nie thematisiert – außer im Golf Magazin. Wenn man Bälle mit der Schlagflächenmitte treffen möchte, ist es unerlässlich, auch die Höhe der Schlägersohle über dem Boden zu kontrollieren. Eine ideale Übung dafür ist, etwas ganz Kleines vom Boden zu schlagen. Konkret in unserer Take-Away-Serie ist es sogar noch präziser, den oberen Teil eines Essstäbchens mit der Sohle zu treffen – und zwar so, dass das Stäbchen elegant über den Boden hüpft (Fotos unten). Das nennt man dann perfektionierte Millimeterkontrolle. Versuchen Sie diese Stäbchen-Übung zunächst bei einer geringeren Schwunggeschwindigkeit und steigern sich dann, bis Sie bei vollem Schwung-Speed das Stäbchen über den Boden tanzen lassen.
5) Box für Boxengasse
Für gute Eisentreffer muss der Eintreffwinkel in der Treffmomentszone passen. Damit sämtliche Parameter unmittelbar vor dem Impact stimmen, bauen wir uns unsere eigene (Schwung-) Boxengasse. Alles, was Sie für diese Übung benötigen, ist eine Nudelbox und zwei Sets Essstäbchen. Diese Übung gibt ein direktes Feedback zur Treffqualität. Das Praktische an dieser Übung: Es gibt zwei Varianten: Bei Variante 1 positionieren Sie nur die Nudelbox außerhalb Ihrer Schwungbahn und etwas näher zum Ziel (Foto unten). An einem sonnigen Tag stellen Sie die Box idealerweise so hin, dass diese einen Schatten wirft. Der Schläger sollte genau beim Schatten in den Boden dringen und ein Divot erzeugen. Beim Schlagen des Balls sollte sich die Box keinen Millimeter bewegen. Hat sich die Box bewegt oder ist sogar umgefallen, verläuft die Schwungbahn von zu weit von außen Richtung Ball. Damit ist es unmöglich, starke Eisentreffer zu erzeugen; genauso, wie wenn man von zu weit innen an den Ball kommt.
Für die absoluten Könner ist Übungs-Variante 2 noch etwas trickreicher: Mittels der Stäbchen und der Box wird eine Schwungbahn gebildet. Stecken Sie die Stäbchen und die Box mit derselben Neigung wie den Schlägerschaft in den Boden. Möglicherweise benötigt man einen Trainingspartner, um die korrekte Neigung der Stäbchen genau nachstellen zu können. Vielleicht fragen Sie sich, weshalb im Durchschwung nur ein Stäbchen steckt und nicht etwas zwei, wie vor dem Ball? Es ist völlig in Ordnung, wenn der Schläger sich etwas nach innen bewegt. Alle anderen Richtungen hingegen sind äußerst ungünstig für einen sauberen Treffpunkt mit dem Eisen.
6) Take-Away mit Gadget
Extra für den Take-Away hat Trainer-Legende David Leadbetter den »Straight-Away« entwickelt (79 Euro, leadbetter.de). Dieses verblüffend einfache Gerät zeigt die Richtung des Rückschwungs an (Foto oben) und bringt somit Hände und den Schlägerkopf automatisch in die richtige Position. Das Gadget lässt sich unkompliziert an den Schlägerschaft klicken und hilft bei der Kontrolle der Schlägerposition im Rückschwung – ideal auch für Trockenübungen im heimischen Garten. Auf dem Foto zeigt die Linie an, dass sie parallel mit der Linie der Füße ist und genau das ist das Ziel. Die Schwungbahn beeinflusst den Winkel, mit dem man den Ball schlägt. Meines Erachtens sollte exakt dieser Zusammenhang unbedingt verstanden werden: wie essentiel und wichtig der Eintreffwinkel für gute Eisentreffer ist. Und: dass ein guter Treffmoment bereits mit dem Take-Away beginnt. Nehmen Sie sich als eine der Kernbotschaften dieser Eisen-Take-Away-Story mit: Bei Eisenschlägen ist es nicht schlimm, von außen an den Ball zu kommen, vielmehr begünstigt das eher den sauberen Treffmoment und solide Eisentreffer. Viel Spaß beim Verzehr von Take-Away und viel Erfolg beim anschließenden Üben am Rückschwung.
Paul Dyer
Paul Dyer ist lizensierter Leadbetter-Coach, gehört zum Trainer-Team des Golf Magazin und betreibt seine Golfschulen an der Ostseeküste in Timmendorfer Strand und Hohwacht. Neben seinen Publikationen und Lern-Videos (auf golfmagazin.de und YouTube) betreibt er auf pauldyer.de seine virtuelle Academy mit exklusiven Trainings-Insights.