Wer beim Putten plötzlich die Kontrolle verliert, Zucken in der Hand verspürt und unfreiwillig die Schlagfläche verdreht, hat es wahrscheinlich schon erlebt: Yips. Das Phänomen ist unter Golfern weit verbreitet, wird aber oft tabuisiert. PGA-Master-Professional Dr. Bernd Gerland hat das Thema wissenschaftlich untersucht – und erstaunliche Erkenntnisse gewonnen.
Wie verbreitet sind Yips im Golf?
Lange galten Yips als Randerscheinung einzelner Profis. Doch die Forschung zeigt: 30 bis 40 Prozent aller deutschen Golfer sind in irgendeiner Form betroffen. Besonders brisant: Yips treten nicht nur bei erfahrenen Spielern unter Druck auf, sondern sogar häufiger bei Anfängern. „Dass nur Experten die Yips bekommen, ist ein Mythos“, erklärt Gerland.
Symptome: „Alien-Hand“ und Kontrollverlust
Viele Betroffene beschreiben den Zustand auf frappierend ähnliche Weise:
„Da wackelt etwas, das ist dramatisch.“
„Ich habe überhaupt keine Kontrolle mehr.“
„Es fühlt sich an wie eine Alien-Hand.“
Die Folge ist Verzweiflung – und oft auch die Angst, dass das Problem nie wieder verschwindet. Yips sind nicht nur eine motorische Störung, sondern ein massiver Einschnitt in die Freude am Spiel.
Ursachen: Impact-Panik statt neurologischer Schaden
Gerlands Forschung widerlegt die These, dass Yips zwingend eine neurologische Erkrankung sind. Vielmehr handelt es sich um psychologisch bedingte, negative Lernprozesse. Der Kontakt zwischen Ball und Schläger wird zu früh antizipiert – eine Art Impact-Panik entsteht.
Interessant: Gerade weil die Bewegung im Golf langsamer ist als etwa im Tennis, können motorische Störungen beim Putten sichtbarer zum Vorschein kommen.
Yips überwinden: Training statt Psychotherapie
Die gute Nachricht: Yips sind behandelbar – auch wenn es kein Patentrezept gibt. Gerland setzt auf Verfremdungstechniken im Training, um die Automatismen zu durchbrechen.
– Putten ohne Loch als Ziel
– Ball festkleben oder an einer Schnur aufhängen
– mit anderen Ballarten trainieren
So wird der Spieler Schritt für Schritt aus der klassischen Yips-Situation herausgeführt, bis er wieder in normalen Spielsituationen stabil putten kann. Entscheidend ist das Coaching, bei dem Spieler bewusst auf Unterschiede und Veränderungen achten.
Dauer der Therapie: Geduld ist entscheidend
Erste Fortschritte können schon nach vier bis sechs Wochen sichtbar sein. Wer aber seit Jahren mit Yips kämpft, braucht Geduld: „Nachhaltige Erfolge stellen sich erst nach acht Wochen intensivem Coaching und Eigentraining ein“, sagt Gerland.
Yips gibt es nicht nur im Golf. Auch Darts, Tischtennis oder Musik sind betroffen. Gemeinsam ist die motorische Störung, die eine eigentlich vertraute Bewegung plötzlich unmöglich macht. Ob es eine gemeinsame Ursache gibt, ist wissenschaftlich jedoch noch nicht geklärt.
Steckbrief: Dr. Bernd Gerland
PGA-Master-Professional & Diplom-Sportlehrer
Doktor der Sportwissenschaft
Trainer auf der Golfanlage Sankt Urbanus, Köln/Bonn
Langjährige Forschungsarbeit zu Yips im Golf an der Deutschen Sporthochschule Köln
Fazit: Hoffnung für Betroffene
Yips sind kein Schicksal, das man hinnehmen muss. Auch wenn das Phänomen komplex ist, zeigen die Studien von Dr. Bernd Gerland: Mit gezielten Übungen, Coaching und Geduld lässt sich das Problem überwinden. Wer also beim Putten plötzlich die Kontrolle verliert, sollte das Thema nicht verdrängen, sondern aktiv angehen – für mehr Sicherheit und Freude auf dem Grün.