Prof. Dr. Michaela Axt-Gadermann ist Dermatologin, Ernährungs- und Sportmedizinerin sowie Professorin für Gesundheitsförderung an der Hochschule Coburg. Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Frage, wie wir unsere Haut optimal pflegen und vor Schäden bewahren können. Ihr Buch Natürlich! Schöne Haut liefert wissenschaftlich fundierte, aber alltagstaugliche Tipps für gesunde Haut.
Hautschutz-Strategien für UV- und Umweltstress
Frau Prof. Dr. Axt-Gadermann, die Zahl der Hautkrebserkrankungen, insbesondere des weißen Hautkrebses, scheint in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen zu haben. Täuscht dieser Eindruck?
Nein, das täuscht nicht. Tatsächlich ist Hautkrebs die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. Mit weit über 200.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Hautkrebs die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. UV-Strahlung ist der Hauptverursacher von Basalzellkarzinomen, Plattenepithelkarzinomen und dem besonders gefährlichen malignen Melanom. Aber auch die vorzeitige Hautalterung ist ein wichtiges Thema. UV-Strahlung schädigt Kollagen und Elastin in der Haut, sodass Falten entstehen und die Haut an Spannkraft verliert. Zudem kann sie zu Pigmentflecken führen, die viele Menschen als störend empfinden.
Woran liegt dieser Anstieg? Sind es die Sonnenanbeter der 80er/90er-Jahre, die jetzt die Konsequenzen spüren? Oder spielt die Ozonschicht eine Rolle?
Mehrere Faktoren tragen zu diesem Anstieg bei. Die aktuell starke Zunahme von Hautkrebsfällen ist Folge des Lebensstils der Siebziger, Achtziger und Neunzigerjahre, als extreme Bräune schick war. Hautkrebs entwickelt sich erst Jahrzehnte nach dem Sonnenbrand. Die Haut vergisst nichts, und die Schäden durch UV-Strahlung summieren sich über die Jahre. Auch das veränderte Reise- und Freizeitverhalten und die Ausdünnung der Ozonschicht haben in der Vergangenheit zu einer erhöhten UV-Belastung geführt. Ein weiterer Aspekt ist das gestiegene Bewusstsein und die verbesserten Diagnosemöglichkeiten, wodurch Hautkrebs häufiger und früher erkannt wird.
Welchen Lichtschutzfaktor sollte ich benutzen?
Golfspieler verbringen weiterhin oft mehrere Stunden in der Sonne. Wie ist der aktuelle Stand hinsichtlich des Schutzes? Gibt es neue Filter in Produkten? Welcher LSF für eine Golfrunde?
Aktuell würde man nicht nur empfehlen, sich während der Golfrunde zu schützen, sondern eigentlich ist UV-Schutz jeden Tag ein Thema, auch in den Wintermonaten. Dann ist zwar die Gefahr des Sonnenbrandes durch UV-B-Strahlen gering, UV-A-Licht spielt aber auch dann eine Rolle. Bei längeren Sporteinheiten im Sommer ist natürlich ein höherer Lichtschutzfaktor notwendig als bei einem Spaziergang im Winter. Der Lichtschutzfaktor sollte immer an die UV-Intensität, Dauer der Sonnenexposition und den eigenen Hauttyp angepasst sein. Für Sportler sollte das Produkt zudem wasserfest sein, denn nicht nur Wasser, auch Schweiß wäscht die Creme sonst rasch ab.
Um den gesamten Körper einzucremen, benötigt man rund drei Esslöffel voll Sonnenmilch. Wird diese Regel beachtet und auch noch ein-, zweimal nachgecremt, dann sollte eine Flasche Sonnenmilch mit 200 ml nur drei bis vier Tage ausreichen. Die meisten Menschen tragen den Sonnenschutz aber zu dünn auf, nehmen nur rund die Hälfte der empfohlenen Menge, und dann wird auch der Lichtschutz, der auf der Packung steht, nicht erreicht. Daher empfehle ich, den Schutz durch weitere Maßnahmen zu ergänzen: langärmelige UV-Kleidung, eine breite Hutkrempe und eine Sonnenbrille. Es gibt mittlerweile Funktionskleidung mit UV-Schutzfaktor 50+, die auch bei hohen Temperaturen angenehm zu tragen ist. Und es gibt typische Stellen, die regelmäßig beim Eincremen vergessen werden. Dazu zählt der seitliche Hals, die Ohren, Lippen, Augenlider, Fußrücken und die Kopfhaut.
Und die Umwelt?
Immer wichtiger werden auch Umweltaspekte. Moderne UV-Schutzfilter sind wirksam und umweltfreundlich zugleich, wie der Filter Tinomax CC. Aktuell werden Antioxidantien in Sonnencremes verwendet, um noch einen zusätzlichen Schutz vor Hautschäden aufzubauen. Teilweise lässt sich dadurch die Bildung schädlicher Radikale um mehr als 50 % senken. Grundsätzlich setzt die Forschung 2025 neben dem Vorbeugen auf Regeneration sonnengeschädigter Haut. Dafür kooperieren inzwischen auch Kosmetikfirmen mit z. B. dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).
Pigmentflecken – der unschöne Nebeneffekt von UV-Strahlung: Viele Golfer klagen über Pigmentflecken im Gesicht und an den Händen. Wie entstehen diese und was kann man gegen sie tun?
Pigmentflecken entstehen durch eine Überproduktion des Hautfarbstoffs Melanin. UV-Strahlen regen die Melaninproduktion an – das ist ein natürlicher Schutzmechanismus der Haut. Mit zunehmendem Alter kommt es aber häufig zu einer ungleichmäßigen Verteilung, sodass dunkle Flecken entstehen. Die Pigmentbildung kann aber auch durch Hormone oder Entzündungen gefördert werden. Besonders betroffen sind Stellen, die häufig der Sonne ausgesetzt sind, wie das Gesicht, die Hände und der Hals.
Der wichtigste Schritt ist der Schutz vor UV-Strahlen, um neue Flecken zu verhindern. Und hier sollte vor allem auch auf einen hohen UVA-Schutz Wert gelegt werden. Zur Behandlung eignen sich Wirkstoffe wie Vitamin C, Niacinamid oder Retinol, die die Melaninproduktion regulieren. Bis diese Kosmetika wirken, dauert es etwas. Schneller verschwinden die Pigmentflecken durch chemische Peelings oder Laserbehandlungen.
Lebensmittel, die beim Hautschutz helfen
Hautschutz von innen – welche Lebensmittel und Vitamine helfen?
Studien zeigen, dass sich mit ganz normalen Lebensmitteln bereits ein messbarer, wenn auch niedriger Lichtschutz aufbauen lässt. Voraussetzung ist natürlich, dass sie regelmäßig verzehrt werden. Tomaten sind besonders wertvoll, da sie Lycopin enthalten – ein starkes Antioxidans, das nachweislich vor UV-Schäden schützt. Möhren und Aprikosen liefern Beta-Carotin, das die Haut vor oxidativem Stress bewahrt und eine leichte, natürliche Bräunung fördert. Grünes Blattgemüse wie Spinat oder Grünkohl ist reich an Lutein und Zeaxanthin, die ebenfalls UV-Schutz bieten. Auch Heidelbeeren und grüner Tee wirken. Forscher der englischen University of Exeter wiesen nach, dass eine Stunde nach dem Genuss von drei Tassen Grüntee ein deutlicher Sonnenschutzeffekt nachweisbar war.
Viele Sportler setzen auf Nahrungsergänzungsmittel. Welche sind für die Haut besonders sinnvoll?
Ein Sonnenschutz durch Lebensmittel oder Nahrungsergänzungsmittel hat den Vorteil, dass er an jeder Stelle des Körpers wirkt und auch absolut wasserfest ist. Das Carotinoid Astaxanthin ist ein starkes Antioxidans, das in Algen vorkommt und die Hautzellen vor UV-Schäden schützt. In Studien konnte gezeigt werden, dass Menschen, die regelmäßig Astaxanthin einnehmen, weniger anfällig für Sonnenbrand sind. Allerdings ist die Wirkung auf die Haut stärker, wenn Astaxanthin äußerlich aufgetragen wird. Kurkuma hat entzündungshemmende Eigenschaften und kann Hautreizungen lindern, Grüntee-Extrakte fangen freie Radikale ab.
Sieht die KI mehr als ein Hautarzt? In vielen Bereichen der Medizin wird Künstliche Intelligenz (KI) bereits eingesetzt. Welche Rolle spielt sie in der Dermatologie?
KI wird zunehmend in der Hautdiagnostik eingesetzt, primär bei der Erkennung von Hautkrebs. Algorithmen, die mit tausenden Bildern trainiert wurden, können auffällige Hautveränderungen oft genauso gut oder sogar besser erkennen als ein erfahrener Hautarzt. Besonders in der Telemedizin hilft KI dabei, Hautveränderungen zu analysieren und schnelle Einschätzungen zu liefern. Einige Systeme sind bereits in der Lage, ihre Entscheidungen nachvollziehbar zu erklären, was das Vertrauen der Ärzte in diese Technologie stärkt.
Hautmedizin mit künstlicher Intelligenz
Wird KI den Hautarzt einmal ersetzen?
Nein, aber sie wird eine wertvolle Unterstützung sein. KI kann Hautkrebs früher erkennen und Ärzte bei der Diagnostik entlasten. Aber menschliches Urteilsvermögen bleibt unverzichtbar, vor allem, wenn es um komplexe Hauterkrankungen oder individuelle Behandlungsentscheidungen geht.
In Ihrem Buch sprechen Sie von Digital Aging. Was genau bedeutet das und welche Rolle spielt Blaulicht dabei?
Digital Aging bezeichnet die vorzeitige Hautalterung durch hochenergetisches sichtbares Licht (HEV-Licht), das vorwiegend von digitalen Geräten wie Smartphones, Tablets und Computern ausgestrahlt wird. Dieses Blaulicht dringt tiefer in die Haut ein als UV-Strahlen und erzeugt dort oxidativen Stress. Dadurch entstehen freie Radikale, die Kollagen und Elastin abbauen – mit der Folge, dass die Haut an Spannkraft verliert, Falten entstehen und sich Pigmentflecken verstärken können.
Darmbakterien für schöne Haut – Das Kosmetikstudio im Bauch: Sie schreiben in Ihrem Buch über die enge Verbindung zwischen Darm und Haut. Wie beeinflusst unsere Darmflora das Hautbild?
Die Haut ist ein Spiegel unseres Darms. Ein gesundes, vielfältiges Mikrobiom wirkt sich direkt auf das Hautbild aus, indem es Entzündungen reduziert, die Hautbarriere stärkt und die Feuchtigkeitsbalance reguliert. Bestimmte Darmbakterien produzieren kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat, die entzündungshemmend wirken und die Haut beruhigen. Außerdem beeinflussen sie die Produktion von Antioxidantien, die uns vor Hautalterung schützen. Menschen mit einer gestörten Darmflora – etwa durch eine einseitige Ernährung oder übermäßigen Antibiotikagebrauch – leiden häufiger unter Hautproblemen wie Akne, Rosacea oder Neurodermitis.
Bakterien, die dem Hautschutz dienen?
Gibt es spezifische Bakterien, die besonders gut für die Haut sind?
Absolut! Die Haut hat – ähnlich wie der Darm – ein eigenes Mikrobiom, das sie schützt. Wer seine Haut gezielt unterstützen möchte, kann probiotische Nahrungsergänzungsmittel einnehmen oder Lebensmittel wie fermentiertes Gemüse, Joghurt oder Kefir in die Ernährung integrieren. Allerdings lassen sich die einzelnen Bakterienstämme mit fermentierten Lebensmitteln nicht gezielt zuführen, da die enthaltenen Milchsäurebakterien nicht angegeben werden.
Bei welchen Hautproblemen helfen Kosmetikprodukte mit probiotischen Bakterien?
In eigenen Studien konnten wir hervorragende Effekte bei Neurodermitis erzielen. Bei Neurodermitis spielt eine Überwucherung der Haut mit dem Bakterium Staphylococcus aureus eine entscheidende Rolle. Probiotische Bakterien können die Krankheitserreger verdrängen und die Haut heilen. Die Ekzeme besserten sich innerhalb von ein bis zwei Wochen sichtbar und spürbar. Und auch bei Fußgeruch, der in der Regel durch Mikroorganismen verursacht wird, hatten wir exzellente Erfolge mit probiotischen Fußbädern. Gerade Sportler leiden oft darunter und Deos oder Fußcremes wirken nur symptomatisch. Eine Behandlung mit probiotischen Bakterien beseitigt die Ursachen und verdrängt die Geruchsbakterien.
Wir danken für das Gespräch!