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Erfahrungsbericht Ayurveda – eine ölige Entspannung

Ayurveda

In Deutschland ist es Anbietern nach dem Heilmittelwerbegesetz nicht erlaubt, betroffenen Patienten wissenschaftliche Untersuchungen über die Erkennung und Behandlung von Krankheiten zugänglich zu machen. Es bleibt einem daher oft nichts anderes übrig, als sich selbst einen Eindruck zu verschaffen. Wir sind diesmal nach Bad Ems gereist. Die dort ansässige Ayurveda-Klinik ist nach eigenen Aussagen die größte und führende Ayurveda-Privatklinik in Europa. Ein Einblick in die Welt des Ayurveda…

Die Sanskrit-Worte „Ayus = Leben“ und „Veda = Wissen“ beschreiben ein ganzheitliches Gesundheitssystem, das bereits etliche Jahrtausende vor seiner Aufzeichnung mündlich überliefert wurde und das somit älter ist als jede andere medizinische Wissenschaft. Seit knapp 3.000 Jahren hilft Ayurveda den Menschen, ihr gesundes Gleichgewicht zu wahren oder wiederherzustellen. 

Wie genau ist der Ablauf einer Kur? 

Wir erhalten nach Ankunft und Bezug unseres Hotelzimmers zunächst eine ausführliche ayurvedische Diagnose. Der im Vorfeld ausgefüllte Anamnesebogen wird detailliert besprochen, anschließend wird das Kernstück einer jeden ayurvedischen Behandlung realisiert: die Pulsdiagnose. Der Arzt ertastet dabei mit drei Fingern, in welchem Verhältnis sich die drei Bio-Energien Vata, Pitta und Kapha (siehe Infokasten) befinden, welche Organsysteme aus dem Gleichgewicht geraten sind und wie es um die seelische Verfassung bestellt ist. Sehr erstaunlich ist, dass er bei mir und meinem Kollegen einige Schwachstellen entdeckt, die wir gar nicht im Anamnesebogen eingetragen hatten! 

Diese Erkenntnisse fließen in die Vorbereitungsphase für unsere gewählte Panchakarma-Kur ein. Panchakarma ist ein System genau aufeinander abgestimmter physikalischer Behandlungen, die den Organismus sanft und tiefgreifend von Stoffwechselrückständen befreien. Auf diese Weise können vielen Krankheiten die Grundlage entzogen werden, zumal der westliche Lebensstil nahezu immer nach Entgiftung in Kombination mit Ausgleich und Beruhigung verlangt. Die weiteren Therapien entfalten sich dadurch besser und die Selbstheilungskräfte werden deutlich aktiviert.  

In jeder Panchakarma-Kur kommen hochwertige Bio-Öle, ayurvedische Heilkräuter und verschiedene Synchronmassagen zum Einsatz. Diese werden von dem behandelnden Ayurveda-Arzt individuell zusammengestellt – keine Kur gleicht der anderen. Die Konstitution, das Lebensalter und die Körperkraft werden bei der Erstellung des persönlichen Therapieplans berücksichtigt. 

Wir erhalten an den ersten drei Tagen auf nüchternen Magen flüssiges Ghee, die Mahlzeiten sind fettarm und leicht zu verdauen. Parallel bekommen wir täglich Anwendungen (siehe Infokasten), die den Stoffwechsel dazu animieren, fettlösliche Schadstoffe wie Schwermetalle zu lösen. Dies gipfelt dann darin, dass wir am dritten Tag einen Ausleitungstag einlegen. Der Respekt, den wir vor dieser Prozedur haben, entpuppt sich als harmloses Vorurteil. Morgens wird uns dazu ein kleiner Schluck Rizinusöl verabreicht, der uns einige Male abführen lässt. Gegen Nachmittag ist es schon wieder vorüber, und wir können uns ab Tag vier dem Neuaufbau und der Stärkung des Organismus zuwenden.  

Eine besondere Erwähnung der Anwendungen der darauffolgenden Tage sollte der „Königsguss“ erhalten. Der Pizzichilli ist ein Ganzkörper-Ölguss, bei dem zwei Ayurveda-Therapeuten den Körper synchron von Kopf bis Fuß massieren. Dabei laufen stetig sieben Liter warmes Sesamöl über den gesamten Körper. Der Stoffwechsel der Haut und der Organe wird sehr intensiv angeregt. Er hat eine stark reinigende und entspannende Wirkung. Der Zustand nach dieser Anwendung ist schwer in Worte zu fassen, aber der Begriff tiefenentspannt wurde wohl für das stundenlang anhaltende Gefühl nach dieser Behandlung erfunden… 

Die ayurvedische Kost, die eigens in der Klinik zubereitet wird, sollte nicht unerwähnt bleiben. Wir hatten auch davor großen Respekt, sind im Nachhinein aber zu großen Fans dieser Gesundküche geworden. Wer schon in einem indischen Restaurant gespeist hat, wird die Essenzen der Gerichte kennen. Es wird viel mit Kardamom, Kurkuma, Koriander, Zimt, Kreuzkümmel und Curry gearbeitet. Die manchmal exotische Mischung aus süßem und herzhaftem Geschmack ließ die Gerichte immer wieder zu vollkommen neuen Kulinarik-Erfahrungen werden. 

Wir verlassen die Klinik schließlich mit einem Gefühl der Gesundung, obwohl wir nicht krank waren. Ein schöner Nebeneffekt, der uns nachhaltig über die Genuss- und Umweltgifte unseres Alltags nachdenken lässt. Gespräche mit ernsthaft erkrankten Mitpatienten untermauern diesen positiven Eindruck. Der größte Anteil waren „Wiederholer“, die den präventiven Aspekt des Ayurveda verinnerlicht haben und sich einmal jährlich den notwendigen, körperlichen Einklang gönnen, um ein möglichst langes gesundes Leben zu genießen. 

Die Ayurveda-Typen

Im Ayurveda gibt es drei grundlegende Kräfte, die sogenannten „Doshas“. Man kann auch von Typisierung sprechen, was durchaus einleuchtet, bedenkt man, dass nicht jeder Mensch und Organismus gleich ist. Diese drei Kräfte – je nachdem, wie sie in uns verteilt sind – beeinflussen unseren Körper und Geist auf verschiedene Weise. Diese Grundlagen unserer Persönlichkeit (Doshas) sollten möglichst im Gleichgewicht sein, damit alle Körperfunktionen gut harmonieren. Ist diese Balance gestört, können gesundheitliche Probleme des Körpers oder der Psyche auftreten. Daher ist das Hauptanliegen der ayurvedischen Lehre, durch gezielte Maßnahmen – Ernährung, Massagen, Kräuter-Substitution und Yoga –, diese Typen im Körper in Einklang zu bringen. 
 
Vata-Typ 
meist schlank • friert leicht • eher trockene Haut • Abneigung gegen kaltes, windiges Wetter • begeisterungsfähig • erledigt Dinge schnell • rasche Auffassungsgabe • unruhiger Schlaf • fängt Dinge oft an, beendet sie aber nicht • schnelles Handeln 

Pitta-Typ 
mittelschwerer Körperbau • Neigung zu Muttermalen und Sommersprossen • oft hoher Haaransatz • Glatzentendenz • meist sehr sportlich • ungeduldig • schnell wütend •  unternehmungslustig • Tendenz zum Perfektionismus • bevorzugt kalte Nahrung • gute, schnelle Verdauung • Abneigung gegen Hitze 

Kapha-Typ 
meist stabiler, kräftiger Körperbau • Tendenz zu Übergewicht • ruhig und ausgeglichen • langsame Auffassungsgabe • gutes Gedächtnis • glatte, eher fette Haut • ausdauernd • mutig • geht Dinge systematisch an • tiefer, langer Schlaf • neigt zur Melancholie 

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Anwendungen

Eine Kur enthält verschiedene Anwendungen, die auf die jeweilige Diagnose abgestimmt sind. Die Basis der Kur bilden dabei hochwertige Bio-Öl- und Kräuteranwendungen. In der Bad Emser Klinik werden ausschließlich doppelt geprüfte Öle und Kräuter verwendet. Jede Charge wird in Indien und Europa auf Schadstoffe geprüft. Weiterhin ist es wissenswert, dass Damen ausschließlich von weiblichen Therapeutinnen und Herren ausschließlich von männlichen Therapeuten behandelt werden. 

Abhyanga – die ayurvedische Ölmassage 
Zwei erfahrene Therapeuten bzw. Therapeutinnen führen die Massage in vollkommenem Gleichklang synchron aus. Sie kommen wunderbar zur Ruhe, entspannen tief und so ganz nebenbei kann sich Ihr Körper von Altlasten befreien. 

Udvarthana – die Synchronmassage mit einer Kräuterpaste 
Aktiviert den Stoffwechsel massiv und beschleunigt die Ausleitung von Stoffwechselrückständen aus dem Körper. 

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Pinda-Sveda – die ayurvedische Behandlung mit Kräuterstempeln 
Leinensäckchen werden mit speziellen Kräutern, Ölen und gekochtem Spezialreis gefüllt. Mit diesen warmen Kräuterstempeln werden nun die schmerzenden Bereiche mit einem abwechselnden Wärme- und Kältereiz behandelt, um die Durchblutung anzuregen und das geschwächte Gewebe zu nähren. 

Shirodhara – der Stirnguss mit Öl 
Die tiefenentspannende Wirkung mit warmem Kräuteröl. Etwa eine halbe Stunde lang fließt angenehm temperiertes Öl langsam über die Stirn.  

Nasya – für Kopf und Nase 
Mit einer ausführlichen Schulter-Nacken-Massage, gefolgt von Wärmeanwendungen, entspannt sich der gesamte Kopfbereich, wird besser durchblutet und zur Entgiftung angeregt.  

Gespräch mit dem Ayurveda-Arzt Aurel Christ und dem Klinikgründer Lothar Pirc 

Herr Pirc, zu Ayurveda existieren mittlerweile belastbare Studien zu Wirksamkeiten. Wie ist der aktuelle Stand der Wissenschaft bei Ayurveda? 
 
Lothar Pirc: Ich nenne Ihnen Ergebnisse von zwei nachlesbaren, wissenschaftliche Studien: Die eine hat ergeben, dass durch eine Maharishi Ayurveda Panchakarma-Kur nach zwölf Tagen bis zu 58 % der im Blut angereicherten Umweltgifte abgebaut wurden. Ein ähnlich wirksames Verfahren ist bis heute nicht bekannt. Für einen vergleichbar großen Abbau von Umweltgiften würde der Körper ohne Panchakarma etwa 25 Jahre benötigen. 
 
Eine weitere Studie besagt, dass sich die Cholesterinwerte nach einer Ayurveda-Reinigungskur auf Werte senkten, die das Risiko eines Herzinfarkts oder von Herzbeschwerden um 17,8 % verringerte. Wenn man weiß, dass hohe Cholesterinwerte auch stoffwechselbedingt sein können, verwundert dies nicht besonders.   

Herr Christ, wir sind immer noch nachhaltig von Ihrer Diagnose beeindruckt. Wie erlernt man diese Art von Diagnosestellung? 

Aurel Christ: Das ist jahrelange Studienarbeit und Praxis. Ich hatte das große Glück, dass ich es quasi mit der Muttermilch aufgenommen habe (lacht). Meine Mutter hat diese Klinik mitgegründet und ihr Leben der medizinischen Lehre des Ayurveda gewidmet.  

Waren Sie sofort überzeugt? Wir fragen, weil wir in Ihrer Vita sehen, dass Sie auch Arzt der Medizin sind. Weshalb sind Sie auf der Seite der Ayurveda geblieben? 

Aurel Christ: Ich bin grundsätzlich ein skeptischer Mensch, daher sehe ich mir immer gern beide Seiten einer Argumentation an. Ich habe Medizin studiert und war im Klinikalltag eingespannt. Was mir dort auffiel, war, dass die moderne Medizin zum Großteil nur die Symptome bekämpft, selten aber daran interessiert ist, den Menschen gesund zu halten. Ein Beispiel ist, dass ich im gesamten Studium nie mit ernstgemeinter Ernährungslehre in Berührung kam. Diese präventive Sinnhaftigkeit ist einer der Hauptgründe, weshalb ich Gesundheit lieber nachhaltig erhalte, als unter Zeitdruck zu reparieren. 

Eine stille Kritik an der westlichen Medizin? 

Aurel Christ: Ganz und gar nicht. Man kann gewissen Lobbygruppen, die an der westlichen Medizin andocken, einiges unterstellen – der Medizin selbst jedoch nicht. Ich bin ein Verfechter davon, dass sich die Zweige der uralten Naturheilkunde und der modernen Medizin die Hand reichen. Leider ist das politisch und gesellschaftlich ein sehr dickes Brett, an dem wir selbst schon eine Zeit lang mitbohren. 
 
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich würde keinem Menschen mit einem grünen Star literweise Öl ins Auge schütten. Und ein Schlaganfall gehört in eine Notaufnahme, nicht in unsere nachhaltig aufbauende Medizin. Aber umgekehrt würde es Sinn ergeben, die verschiedenen Menschentypen auch in der Medizin als solche zu behandeln. Jeder Hund wird nach seiner Rasse typisiert, nur bei uns Menschen soll diese eine Pille für alle unterschiedlichen Organismen helfen? Das ist auch ohne Studium etwas weit hergeholt.  

Herr Pirc, Sie haben ein bewegtes Leben hinter sich, das Sie auch in einer Autobiografie festgehalten haben. Was sind Ihre weiteren Ziele? 

Lothar Pirc: Wenn man sieht, wie Belastungen mit Umweltgiften, Stress, Medikamenten oder minderwertigen Nahrungsmitteln zunehmen, kann ich nur sagen, dass mein Weg gerade erst begonnen hat (lacht). Aber ernsthaft: Diabetes, Bluthochdruck, Allergien, Krebs und Autoimmunkrankheiten nebst Burnout nehmen in alarmierendem Ausmaß zu. Das wird keine Pille dieser Welt in den Griff bekommen. Die Nachhaltigkeit der Natur im Menschen zu verankern, das wäre ein schöner Erfolg.  
 
Weiterhin stehe ich dem indischen Volk sehr nahe. Ich habe viele ayurvedische Zukunftsprojekte, die ich mit meinen indischen Freunden umsetzen möchte. Zudem wäre es wünschenswert, dass die Politik den Schritt zur Anerkennung einer nachhaltig wirksamen Naturheilmethode geht.  

Wir danken für das nette Gespräch und wünschen weiterhin viel Erfolg in Bad Ems. 

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