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Passende Schläger vs. Schmerzen: Fitting

Fitting

 „Fitting ist nur etwas für gute Spieler!“, „Fitting benötigt kein Mensch!“, oder auch „Körperlänge messen und fertig!“ – so die geläufigen Mythen in Sachen Fitting. Ein Gespräch im wunderschönen Mainzer Golfclub über Anforderungen und medizinische Aspekte. Der Mainzer Mannschaftsarzt Dr. Alexander Mayer und Fitting-Experte Florian Rehling von Clubfixx versorgten uns mit der notwendigen Expertise.
 
Golfmedico: Wie können falsch angepasste Golfschläger und Ausrüstung orthopädische Probleme bei Golfern verursachen? 
 
Florian Rehling:  Eine Aussage wie viel das Equipment ausmacht, kann man nicht pauschal treffen. Die Schwünge vieler Amateure können durch das falsche Material „unrund“ sein, was dann wiederum im Laufe der Zeit zu Problemen führt. Umso wichtiger ist es vom ersten Tag an mit dem richtigen Equipment zu spielen. Die Schläger müssen zu dem Golfer passen, nicht umgekehrt. 

Dr. Alexander Mayer: Die Aufgabe des Arztes ist, das orthopädisch strukturelle Problem zu erkennen. Wenn orthopädisch alles ok ist, dann sind Überlastungen und Fehlbelastungen aus dem Golfspiel die Ursache von medizinischen Problemen. Ist der Schaft zu schwer, zu lang, zu kurz, und ist der Schaft korrekt für meine Schwunggeschwindigkeit?   

Golfmedico: Interessant, ich bin noch in einer Zeit zum Golfen gekommen, als man empfahl, sich einfach erst einmal einen gebrauchten, günstigen Satz aus dem Internet zu bestellen. 
 
Florian Rehling: (lacht) Ja, so ist wohl jeder aus unserer Generation gestartet. Wie in der Familie zunächst die alten Sachen des großen Bruders auftragen! Wenn man mit dem Golfen startet, und bis dahin keine orthopädischen Probleme hatte, dann sollte ich mich direkt über das für mich richtige Equipment informieren. Wir sehen im dynamischen Fitting immer wieder Golfer, die bis zu einem Handicap um ca. 18 mit solch alten Knüppeln gespielt haben. Zu lang, zu kurz, zu weich, zu hart. Daraus entstanden sind dann unrunde Schwünge, die sich dem Schläger angepasst haben. Es ist immer wieder eine Offenbarung zu sehen, was dann dank der korrekten Ausstattung an Linderung der medizinischen Probleme und Verbesserung des Golfspiels möglich ist.  

Golfmedico: Ein Bekannter von mir, ist 2,05 Meter groß. Er spielt verlängerte Schäfte, die ihm ein Pro damals angepasst hat. Bei seinem Durchschwung sieht man mit bloßem Auge, dass er die Arme permanent zu sich heranzieht. Ist das so ein typischer Fall? 
 
Florian Rehling: Das ist aus der Ferne nicht zu diagnostizieren, aber, es könnte in der Tat ein typischer Fall einer veralteten Lehre sein. Durch ein dynamisches Fitting hätten diese Probleme heutzutage eliminiert werden können. Es gibt große Menschen, die dennoch beim Schlag „eintauchen“. Auch bei Tour-Professionals gibt es „Taucher“. Zudem ist der Handgelenk-Boden-Abstand im Treffmoment entscheidend. Wenn ein langer Mensch lange „Affenarme“ hat, dann kann der Abstand geringer sein als bei einem kleinen Menschen mit sehr kurzen Armen.  

Fitting
»Die Schläger müssen zu dem Golfer passen, nicht umgekehrt.«

Golfmedico: Klären Sie uns kurz über die möglichen Arten eines Fittings auf?  

Florian Rehling: Zunächst gibt es das „statische Fitting“. Ich nenne es die „theoretische Vorarbeit“, denn dann wird es interessanter. Das biomechanische/dynamische Fitting nutzt die eben erwähnten Erkenntnisse und kombiniert diese mit den Erkenntnissen aus der Analyse des Golfschwungs. Dies bezieht sich auf die Auswahl eines Golfschlägers auf der Grundlage der biomechanischen Bewegungen des Golfers während des Schwungs. Dies kann helfen, den Schläger auszuwählen, der am besten zur individuellen Schwunggeschwindigkeit und -technik des Golfers passt.  Das wäre etwa hilfreich bei Ihrem eben erwähnten Bekannten … 
 
Ein weiterer Punkt ist die psyschologische Komponente beim Fitting. Ein sehr interessanter Aspekt, der häufig vernachlässigt wird. Wir kennen es fast alle, dass wir unter Druck ein anderes Golf spielen. Wie spiele ich unter Druck? Was sind dann meine Fehlschläge? Werde ich schneller oder langsamer im Schwung? Blocke ich Bälle dann? Das sind Informationen, die bei ambitionierten Spielern in die Entscheidung für oder gegen einen bestimmten Schaft und Schlägerkopf einfließen sollten. Wir sollten nie vergessen, dass wir eigentlich die häufigeren, schlechten Schläge fitten. Nur das Sonntagsgolf zu fitten, ist eher kontraproduktiv. 

Golfmedico: Also empfehlen Sie was? 

Florian Rehling: Immer ein „dynamisches Fitting inkl. statischem Fitting“. Ich muss einfach wissen, wie die Bewegung des Spielers ist. Ich muss sehen, wie der Lie-Winkel ist, also kommen seine Handgelenke flach oder hoch rein? Nimmt der Golfer die Hände hoch, oder hat er einen flachen Schwung? Taucht er im Treffmoment?  
 
Dr. Alexander Mayer: Es ist wie bei einem Läufer, denn auch den muss ich in Dynamik sehen. Sonst würde ich nicht verstehen, weshalb er nach 9 km plötzlich Knieschmerzen bekommt. Diese dynamische Diagnostik hat sich auch in der Sportmedizin mittlerweile etabliert. Ein liegender Rückenpatient sagt weniger aus, als einer den ich bei der bildgebenden Diagnostik hinstelle. Die Industrie hat dies glücklicherweise erkannt und liefert uns mittlerweile entsprechende Geräte. 

Golfmedico: Herr Dr. Mayer, wie entstehen denn nun medizinische Probleme beim Golfschwung? Und was sehen Sie besonders häufig? 

Dr. Alexander Mayer: Golf ist eher ein Sport der älteren Generation, also leitet die Eingangsfrage immer „Welcher Anteil des orthopädischen Problems ist strukturell bereits vorgegeben und nicht golfsport-ursächlich?“. Wenn vorab erworbene Probleme ausgeschlossen wurden, sehen wir am häufigsten Handgelenks-, Rücken-, und Ellenbogen-/Schulterprobleme. Diese stammen zu einem Großteil aus unrunden Schwüngen und falschem Equipment. Golf ist ein Sport der intensiven Wiederholungen. Ein zu schwerer Schaft kann langfristig zu Problemen im Ellenbogen und/oder dem Handgelenk führen. Der Golfer spielt mit zu viel Kraftarbeit. Ein zu kurzer Schläger sorgt für eine permanente Fehlhaltung im Rücken. Die Liste der Probleme ist lang, daher ist eine Zusammenarbeit zwischen professionellem Fitter und Golflehrer essenziell. Der Arzt kommt selten bereits in der präventiven Phase ins Spiel.  

Golfmedico: Herr Dr. Mayer, womit hat man als Mannschaftsarzt im Golf zu tun? Und was empfehlen Sie Golfern abschließend präventiv? 

Dr. Alexander Mayer: Golf ist kein Sport der Akutverletzungen. Als Mannschaftsarzt muss man zunächst einmal konstant erreichbar sein. Als Sportarzt muss man generell eine gute Logistik im Hintergrund haben (Stichworte „MRT-Termine“ und auf jeweilige Probleme spezialisierte Kollegen). Sie müssen Lotse im Gesundheitswesen sein. Bewertungen von Diagnosen und Kommunikation stehen hier im Fokus.  

Bei ambitionierten Golfern ist die Zukunftsfrage immer „Wo will der Athlet hin?“. Dann empfehle ich einen vernünftigen Athletiktrainer als professionelles Zusammenspiel mit dem Golftrainer. Bei Freizeitgolfern empfehle ich eindeutig Krafttraining. Man verliert Maximalkraft im Alter. Eine aerobe Ausdauer bekommt man relativ schnell zurück, aber Kraft und Athletik verliert man unwiderruflich (oder zumindest dauert es sehr lange sie wieder aufzubauen). 

Florian Rehling 

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Seit 2011 Fully Qualified PGA Professional und ausgebildeter Diplom-Sportmanager. Er leitet den Mainzer Clubfixx-Standort als Geschäftsführer. 
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Dr. Alexander Mayer 

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Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Sportmedizin und Chirotherapie. Durch seine sportliche Karriere als Olympiateilnehmer im Schwimmen 1988, ist der dem Leistungssport immer verbunden geblieben und betreut heute seine Patienten mit der gleichen Leidenschaft, die in früher im Spitzensport angetrieben hat. Er ist Kooperationsarzt am Olympiastützpunkt Frankfurt, und Mannschaftsarzt des VC Wiesbaden (1. Bundesliga Volleyball), den Rhine-River Rhinos (1. Bundesliga Rollstuhl-Basketball) sowie dem Mainzer Golfclub. 
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