Reise

Sylter Golfwelle

Marine GC Sylt
Sonne, Sand, Sansibar – das ist es, was rund 900.000 Urlauber jährlich auf Deutschlands beliebteste Ferieninsel Sylt zieht. Und das wird es auch bleiben, doch wird die Palette der Insel-Aktivitäten und -Attraktionen um einen ganz entscheidenden Punkt ausgebaut. Golf kommt ins Spiel.
   „Ziel ist es, Golf künftig als Marke für Sylt zu etablieren“, sagt Dirk Erdmann vom Kampener Vorzeigehotel „Rungholt“. Und der Mann weiß, wovon er spricht. Erdmann ist nämlich nicht nur ein geschäftstüchtiger Hotelbesitzer, er ist auch noch Geschäftsführer der frisch gegründeten Firma „Privathotels Sylt GbR“ und ganz nebenbei noch der zweitbeste Golfer der Insel. Im GC Sylt wird das Handicap des Mannschaftsspielers mit +1,0 geführt. Mit Golf will man zusätzliche Kundschaft akquirieren und für die Hotels die Saison früher starten und später enden lassen.
   Aktuell wird an dem von Erdmann formulierten Ziel an vielen Orten gewerkelt. Und ohne allzu viel vorwegzunehmen – stellen wir nach einem mehrtägigen Besuch auf der Insel mit Überzeugung fest: Mit Sylt bekommt das Urlaubsland Deutschland eine neue, eigenständige Golf-Destination, die für europaweite Aufmerksamkeit sorgen kann.
   Angeführt wird das Sylter Golfangebot aktuell vom vor 27 Jahren gegründeten Marine-Golf-Club Sylt. Der etwas ruppig, struppige 9-Löcher-Platz, den in den 50er-Jahren die Royal Air Force angelegt hatte, ist von dem anerkannten Architekten Kenneth Moodie (Präsident des European Institute of Golf Course Architects) vor einem Jahr in einen anspruchsvollen und abwechslungsreichen 18-Löcher-Links-Course verwandelt worden.

Marine Course setzt neue Maßstäbe auf Sylt

   Mit 77 Potbunkern, knapp 6.300 Metern von Weiß und sehr festen und schnellen Grüns  genügt der Platz auch höheren Ansprüchen – erst recht, wenn der Wind bläst. Und der bläst auf Sylt eigentlich immer. Ein wunderhübsches Dreier-Ensemble stellen die Löcher 15 (Par 4), 16 (Par 3), 17 (Par 4) dar. Geschickt hat Moodie die Grüns auf oder an die Naturdünen drapiert.
   Die Greenkeeper-Mannschaft (6 Mann) ist angehalten, die Bahnen möglichst trocken und die Festuca-Roughs mager zu halten, um den echten Links-Charakter, dem der Platz gebührt, zu bewahren. Schwächen offenbart derzeit lediglich die etwas platte 10. Bahn (Par 4, 332 m).

Aber auch das wird mit Beginn der Saison 2008 behoben sein. Die Bahn wird verlängert, wenn das alte Clubhaus hinterm Tee abgerissen ist. Das neue, 500 Quadratmeter große Clubhaus – in Warft-Form – wird etwas weiter westlicher in Rangenähe erbaut und soll bereits im Frühjahr 2008 bezugs­fertig sein. Spätestens dann verfügt der Marine GC über alle Zutaten für einen großen Club.
Gekrönt werden könnten die wegweisenden Investitionen in Zukunft mit einem internationalen Profiturnier. Verhandlungen über die Austragung eines EPD-Turniers werden bereits von verschiedenen Seiten geführt.
   Nur ein paar Autominuten nördlicher liegt der GC Sylt. Hier haben ein gepflegtes Äußeres und Stil Tradition. Das voll unterkellerte Reetdach-Clubhaus gehört sicherlich zu den schönsten und charmantesten „Vereinsheimen“ Deutschlands. Vornehm residiert auch Headpro Allan Owen, der gleichzeitig auch die für jedermann zugängliche Sylter Golf Academy leitet. Der Schotte hat eine neue Abschlaghalle mit Rolltor bekommen. Hier kann jetzt 365 Tage im Jahr trainiert werden. Abgeschlossen werden die Verschönerungs- und Umbaumaßnahmen zum 25-jährigen Clubjubiläum mit der Errichtung eines neuen Starterhauses und Proshops.
   Aber wie hat schon der legendäre Fußballtrainer Otto Rehhagel gesagt: Die Wahrheit liegt auf dem Platz. Und auch hier werden im GC Sylt keine Kos­ten und Mühen gescheut, um Mitglieder und Gäste zu verwöhnen. Zuletzt wurden 120.000 Euro in eine computergesteuerte Beregnungsanlage investiert. Grüns und Fairways sind in der Regel ganzjährig in einem sehr guten Zustand. Das Layout ist vor allem deswegen gut, weil dem zum Teil heftigen Westwind geschickt aus dem Weg gegangen wurde. Nur auf den Bahnen 9, 14, 16 und 18 muss man voll in den Schlechtwetter-Wind schlagen.

Der GC Sylt pflegt den friesischen Stil

 Zu kritisieren ist im GC Sylt eigentlich nur das etwas einfallslose Bunkerdesign. In Form und Gestaltung sind sich die Sandhindernisse zu ähnlich, verleihen dem guten Platz keinen zusätzlichen Charme.
   Diese golfstrategischen wie designerischen Schwächen wird es nach unserer Einschätzung in dem noch im Bau befindenden GC Budersand-Sylt in Hörnum nicht geben. Golf- und Landschaftsarchitekt Rolf-Stephan Hansen hat auf 42 Hektar entlang der Budersand-Düne einen Links Course nach irischem Vorbild konzipiert.
   Erhöhte, zumindest zu einer Seite hin abfallende Grüns und zum Teil spektakuläre Potbunker (insgesamt 94 Stück) werden den Platz zu einem golferischen Erlebnis machen. Dazu gibt es spektakuläre Blicke. Auf dem höchsten Punkt der Anlage, Tee 2, steht man 17,50 Meter über dem Meeresspiegel und genießt einen Panoramablick auf Watt- und Nordseeseite.
   Die Einsaat hat weitesgehend stattgefunden, bei gutem Wachstumsverlauf will Besitzerin Claudia Ebert, bis vor wenigen Jahren Hauptaktionärin des Kosmetik-Riesen Wella, auf dem einstigen Militärareal der Pidder-Lüng-Kaserne im September die ersten Bälle fliegen lassen.
   Damit ist eines der span­nends-ten, interessantesten und aufwändigsten Projekte (rund 30 Mio. Euro) in der deutschen Golf-Geschichte aber noch längst nicht abgeschlossen. Am südlichen Zipfel der Anlage wird Frau Ebert noch ein Vier- oder Fünf-Sterne-Hotel mit 80 Zimmern errichten. Dazu kommt noch ein Golf-Clubhaus, das majestätisch über dem Links Course thronen wird.
   Das Gebäude wird den Platz der altehrwürdigen Hörnumer Fernmeldestation einnehmen, die auf Grund maroder Mauern nicht zu halten war.
   Ende 2008 dürfte Frau Ebert ihre Träume endgültig in die Realität umgesetzt haben: „Ich wollte schon immer einmal in meinem Leben ein Hotel haben. Viel schöner finde ich aber, dass ich meiner zweiten Heimat Sylt ein Stück Natur zurückgeben konnte.“
   Und dafür hat sie 26 Kasernen platt machen lassen und rund zehn Hektar versiegeltes Erdreich renaturiert. Golfanlage statt Militärgelände, allein dafür gebührt Frau Ebert höchster Respekt und Anerkennung. Einzig erkennbarer Schwachpunkt in Budersand: Es wird mangels Platz keine Driving Range geben. Aber irgendwie passt das schon wieder. Auch das irische Hansen-Vorbild Lahinch begnügt sich bis heute mit Matten und Netzen.

Sylt bekommt ein Stück Natur zurück

   Vom jüngsten zum ältesten Sylter Golfclub, dem GC Morsum. 1964 gegründet von dem großen Verleger und begeisterten Hobbygolfer Axel Springer. Der exklusive Neun-Löcher-Club (rund 200 Mitglieder, 80 Prozent Hamburger, ein einziger Sylter!) pflegt bis heute seine selbstgewählte Sonderstellung in der Abgeschiedenheit gleich hinterm Deich. Vom Beitritt in den Deutschen Golf Verband hat man bis heute ebenso abgesehen wie von einer wegweisenden Beschilderung. Die Einfahrt zum Clubgelände in Klein-Morsum findet auf Anhieb wirklich nur der, der schon einmal da war da hilft selbst die beste Navigation nichts.
   Wers geschafft hat und vor dem hübschen kleinen Reetdach-Clubhaus steht, der ist herzlich willkommen. Eine Mär ist nämlich, dass die Morsumer keine Greenfeegäste zulassen. Bei telefonischer Anmeldung werden in der Nebensaison bis zu 20 Runden verkauft (18 Löcher für 60 Euro), im Juli und August reduziert sich die Zahl auf 10 bis 15 Runden.
   Gespielt wird auf einem sanften, grünen Teppich, der dem Könner sicherlich etwas zu weich ist, dafür aber optisch beeindruckt und gepflegt ist. Wen es gelüstet, die Runde barfuß zu absolvieren, dem sei es gestattet von höchster Stelle, dem Präsidenten Rolf Scharfe. Neues Signature Hole ist die 6. Ein Par 3 (154 m) mit einem erhöhten Grün und viel Wasser auf der rechten Seite nichts für Slicer.
   Aktuell gibt es im Club das Bestreben, den Platz auf 18 Löcher auszubauen. Die sportlich orientierte Motivation der Clubmehrheit ist nachvollziehbar, aber
irgendwie wäre es auch schade drum. Mit einem Ausbau würde der GC Morsum ein Stück Identität verlieren. Aber wie schon gesagt: Die Sylter Golfwelle rollt – unaufhaltsam.

Von Sven Hanfft und Stefan von Stengel (Fotos)

Info Sylt &Rømø
Die Anreise: Mit der Deutschen Bahn. Ganzjährig verkehrt zwischen Niebüll und Westerland der Autozug SyltShuttle (www.sylt-shuttle.de). Fahrtzeit ca. 45 Min. Alternativ mit dem Auto über Dänemark anreisen. Von der Insel Rømø mit der Autofähre (www.sylt-faehre.de). Fahrtzeit ca. 35 Min. Und auch die Fluggesellschaften haben mittlerweile Sylt entdeckt. Air Berlin (von Berlin-Tegel, Düsseldorf, München), Lufthansa (Tegel, Düsseldorf, Stuttgart), Sylt Air und TUIfly (Köln/Bonn, Stuttgart) fliegen den Flughafen Sylt (www.flughafen-sylt.de) mehrmals in der Woche an.
  
Die Lage: Nördlichste der drei Nordfriesischen Inseln (Föhr, Amrum). Die naturgeschützte Landzunge
Lister Ellenbogen ist der nördlichste Landstrich Deutschlands. Sylt ist 99,14 Quadratkilometer groß, 38,5 km lang und am Königshafen bei List nur 400 Meter schmal. Die Uwe-Düne bei Kampen ist mit 52,20 Meter der höchste Punkt der Insel.

Die Golfacademy: Sylter Golf Academy von Allan Owen (42) im GC Sylt. Der Schotte, der mit einer kurzen Unterbrechung seit 1989 auf Sylt ist, weiß, wie man im Wind spielt. Sein Kursangebot ist vielfältig, sein Video-Analyse-System hochmodern, sein Personal sehr qualifiziert. U. a. arbeitet Jan Terwort, kürzlich zum fünft­besten Teaching Pro Deutschlands gewählt, in der Sylter Golf Academy (www.sylter-golfacademy.de). 

Der Physiotherapeut: Golf Physio heißt das Unternehmen, das Thorsten Stemke mit Ehefrau Nadine in Tinnum betreibt. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist die Bildung und Erhaltung körperlicher Voraussetzungen für das Golfspiel auf höchstem Niveau. Mit seinem Golf Performance Programm betreut Stemke auch Playing Professionals der Ladies European Tour (u. a. Betty Hauert), der Challenge und der EPD Tour.  

Die Hotels: Insgesamt hat Sylt 52.200 Gästebetten in rund 9.950 Häusern anzubieten. Gut die Hälfte davon befindet sich in Westerland. Besonders schick ist es in Kampen. Z. B. im Walters Hof (www.waltershof.de) und Hotel Rungholt (www.hotel-rungholt.de). Das Rungholt gehört zur Gruppe Privathotels Sylt (www.privathotels-sylt.de)

Das In-Lokal: Sansibar (www.sansibar.de) bei Rantum. Mitten in den Dünen gelegen. Gute Küche, 1.400 Weine im Keller und eine bunt gemischte Szene sorgen für extrem hohen Wohlfühlcharakter.  Ein Muss für jeden Sylt-Besucher.

Das Turnier: Das wohl exklusivste Golfturnier der Insel(n) organisiert Walters Hof-Inhaber Detlef Tappe. Kernpunkt der MEER & mehr Open sind drei Turniertage auf drei verschiedenen Inseln. 2007 wurde auf Sylt (Marine GC), Föhr (GC Föhr) und Rømø (Rømø Golf Links) gespielt. Dabei wird edel diniert und fürstlich gereist (Limousinen, Flugzeuge, Fähren). Die 11. Auflage ist für den 23.-27. April 2008 terminiert. Infos: www.walters-hof.de

Die dänische Nachbar-insel: Rømø ist 129 Quadratkilometer groß, davon 90 Prozent unverbaute Natur. Nur 700 Einwohner. Mit dem Festland (Gemein-de Tondern) durch einen neun Kilometer langen Damm verbunden. Außerdem Fährverkehr zwischen Rømø-Sylt. Hauptattraktion ist einer der längsten und breitesten Autostrände Europas sowie seit 2007 das exklusive Golf & Wellness Resort in Hafennähe. Golfreisen sowie Ferienhäuser werden angeboten von: Rømø Holidays/Sonne und Strand, Lakolk Butikcenter 20, 6792 Rømø;
Tel.: 0045/74 75 52 75;
www.romo-holidays.de.

Die Internetseite: www.sylt.de