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Vitamin D: Das Sonnenhormon

Vitamin D: Es geht um viel Macht und Geld

Prof. Dr. med. Jörg Spitz arbeitete 35 Jahre als Nuklearmediziner und war Chefarzt des Instituts für Nuklearmedizin am Städtischen Klinikum Wiesbaden. Durch sein profundes biochemisches Wissen und das Verständnis für molekulare Zusammenhänge, richtete sich sein Fokus immer mehr auf medizinisch ganzheitliche Konzepte der Gesundheitsvorsorge. Seine Vorträge und Publikationen über die antientzündliche und immunstabilisierende Bedeutung des »Sonnenhormons« Vitamin D sind dabei führend. Seit 2015 ist er Präsident der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e. V. Ein Gespräch über die natürlichen Möglichkeiten zur Krankheitsabwehr.

Ein Schulmediziner, der die »Deutsche Stiftung für Gesundheitsinformation und Prävention« sowie die »Akademie für menschliche Medizin und evolutionäre Gesundheit« gründet – das gibt Anlass zur Hoffnung, dass sich Schul- und Naturmedizin doch noch die Hand reichen.

Prof. Dr. Spitz: Na, ich weiß nicht so recht. Wie heißt es doch so schön: die Hoffnung stirbt zuletzt! Konkret muss man unterscheiden zwischen den bereits gelungenen Verbindungen beider Richtungen in der Person etlicher Kollegen/Kolleginnen und den konträren Lagern unterschiedlicher Interessen. Hier geht es um viel Geld und Macht und das sind schlechte Voraussetzungen für ein gedeihliches Miteinander

Also täuscht der Eindruck nicht, dass die Schulmedizin alles was nicht patentierbar schlecht redet?

Mit wenigen Einschränkungen ist dem wohl so. Ein eindrucksvolles Beispiel für diese Haltung ist die Entwicklung dringend neuer Antibiotika. Diese hätten längst auf dem Markt sein können, aber die damit verbundene Marge erscheint zu gering, daher wird nicht produziert. Ein Grund mehr, mit Hilfe von Vitamin D auf die eigene Apotheke in unserem Körper zurückzugreifen.

Ihre Publikationen über die antientzündliche und immunstabilisierende Bedeutung des »Sonnenhormons« Vitamin D sind zur Bibel der Naturheilkundler geworden. Nehmen Sie unsere Leser ein wenig mit auf die Reise. Was ist Vitamin D genau? Und wie wirkt es im Körper?

Vitamin D ist kein kein Vitamin, das wir essen müssen, sondern die Vorstufe eines Hormons, welches wir in unserem Körper selber bilden können – falls wir ihn der Sonne aussetzen. Dann werden (je nach Hauttyp) innerhalb von 10-20 Minuten 15-20.000 internationale Einheiten Vitamin D gebildet, die von nahezu allen Zellen im Körper benötigt werden, um eine regelrechte Funktion aufrecht zu erhalten – also nicht nur der Knochenstoffwechsel, wie wir einige Jahrzehnte lang geglaubt haben. Zu diesen Funktionen zählt auch unser Immunsystem, das nicht nur für die Beseitigung von Krankheitserregern wichtig ist, sondern bedeutende Steuerungsfunktionen bei nahezu allen Erkrankungen hat.

Umfangreiche Studien zeigen allerdings, dass die Mehrheit der Bevölkerung infolge des »modernen Lebensstils« in eine Mangelsituation geraten sind. Zur Beseitigung dieses Mangels und damit zur Prophylaxe verschiedenster Krankheiten kommt daher immer mehr die Gabe von Vitamin D zum Einsatz. Dazu werden 4000 IE Vitamin D täglich für einen normalgewichtigen Menschen benötigt, die zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit zugeführt werden sollten, um die Aufnahme des fettlöslichen Sonnenhormons zu fördern. Dasselbe Vorgehen empfiehlt sich, wenn bereits eine chronische Erkrankung vorliegt, um deren Verlauf positiv zu beeinflussen und die Ausbildung weiterer Krankheiten (Komorbiditäten) zu verhindern.

Uns ist zu Ohren gekommen, dass Sie seit Jahren mit Bekannten und Verwandten wetten, dass deren Vitamin-D-Spiegel im Mangelbereich liegt. Sie haben angeblich eine Quote von 100%. Wie kommt das? 

Die Lösung dieses Rätsels ist ganz einfach: nicht der einzelne Bürger entschließt sich zu einem »unmenschlichen« Verhalten, sondern die gesamte Gesellschaft hat sich in die falsche Richtung entwickelt. Aus diesem Umstand resultieren die Ergebnisse großer, repräsentativer Untersuchungen, die praktisch für alle relevanten Bereiche (Ernährung, Bewegung, Vitamin D etc.) jeweils Defizite bei der Mehrheit der Bevölkerung zeigen. In der Summe führt die vielfältige Mangelversorgung dann zu dem, was ich als »Natur-Defizit-Effekt« bezeichne, der für die stetige Zunahme der Zivilisationskrankheiten verantwortlich ist.

Es kann jeder direkt zu einem Labor in seiner Stadt gehen und als »Privatpatient« eine Blutprobe entnehmen lassen. Wie bestimmt man den Vitamin D-Wert? Und wie korrigiert man Werte?

Zum Glück ist die Bestimmung des Vitamin D-Gehaltes im Blut eine einfache Standartuntersuchung, die jeder Arzt und Heilpraktiker in seinem Labor veranlassen kann. Sollte man keine kooperativen professionellen »Blutsauger« in seinem Umfeld finden, kann man auch direkt zu einem Labor in seiner Stadt gehen und als »Privatpatient« eine Blutprobe entnehmen lassen. Dieser Aufwand lohnt sich, auch wenn die Untersuchung mit rund 30 Euro relativ teuer ist.

Anhand des Messwertes kann man konkrete Überlegungen zur Höhe der benötigten Dosis zur Beseitigung des Defizites machen. Die Faustformel dazu lautet: Bei einer Person mit einem Standartgewicht von 70 kg benötigt man täglich 4000 internationale Einheiten Vitamin D, um den Spiegel in den erwünschten Bereich zwischen 40 und 60 ng/ml anzuheben. Das gilt von der Wiege bis zur Bahre und erlaubt eine einfache Berechnung für alle Körpergewichte nach dem Dreisatz aus der Volksschule.

Stimmt es, dass Golfer im Sommer ideal versorgt sind und die Haut mit einem hohen D-Spiegel auch besser geschützt ist? 

Den ersten Teil der Frage muss ich leider verneinen, da auch der Golfsport in aller Regel mit einer »Freizeitkleidung« ausgeübt wird, die den größten Teil des Körpers abdeckt. Was dann noch herausschaut, wird aus Sorge vor Sonnenbrand und Hauttumor sorgfältig mit Sonnencreme abgedeckt (in der Regel Stärke 30-50). Diese im Volksmund auch als Sonnenblocker bezeichneten Chemikalien erfüllen ihren Zweck: sie blockieren die UV-Strahlung. Bereits ab einem Schutzfaktor 15 wird jedoch kein Vitamin D mehr gebildet! Valide Zahlen zur Versorgung von Golfern mit Vitamin D habe ich in der Literatur nicht gefunden. Ich gehe jedoch mal davon aus, dass zumindest 50% ebenfalls im Mangel sind.

Der relative Schutz der Haut durch einen regelrechten Vitamin D-Spiegel im Blut liegt darin, dass eine überschießende Immunreaktion auf die energiereiche UV-Strahlung unterbleibt. Dies ist ein häufig erlebter Effekt nach einer konsequenten Supplementation mit Vitamin D.

Nun gibt es Thesen und sogar Studien, dass Vitamin D bei einer ganzen Reihe von chronischen Erkrankungen erstaunliche Erfolge erzielt hat. Welche sind das? 

Da Vitamin D in Wirklichkeit gar kein Vitamin, sondern- wie bereits kurz erwähnt – die Vorstufe eines Hormons ist, das alle Zellen benötigen, betreffen die Folgen des Mangels praktisch alle Organe des Körpers mit aktenkundigen Beteiligungen an Diabetes, Demenz, Depression, Herz-Kreislauferkrankungen sowie Krebs und nicht zu vergessen die Autoimmunerkrankungen wie Rheuma, Psoriasis und Multiple Sklerose. Die besondere aktuelle Bedeutung von Vitamin D für unsere Gesundheit liegt darin, dass der Mangel soweit verbreitet ist. Seine Wirkung ist durchaus vergleichbar mit anderen Hormonen (wie z.B. Schilddrüsenhormon). Auch ein Mangel an Schilddrüsenhormon führt zu schweren Krankheitsbildern – kommt allerdings nur in etwa 10% der Bevölkerung vor, gegenüber 70-90%, die einen Mangel an Vitamin D aufweisen.

In Brasilien hat der Neurologe des Verstorbenen Papstes Johannes Paul mit Hochdosen Vitamin D eine neue Behandlungsform für Multiple Sklerose installiert. Was passiert dort?

Im Grunde genommen passiert in Brasilien das Gleiche wie in allen »zivilisierten« Ländern der Welt: Die Menschen leiden weniger als früher an schweren Infektionserkrankungen wie Tuberkulose oder Malaria, dafür vermehrt an den »Zivilisationserkrankungen, zu denen eben auch die Multiple Sklerose gehört. Der Kollege Coimbra hat nun als Neurologe beobachtet, dass er mit hohen Dosen von Vitamin D (bis zu 200 000 IE/Tag) erfolgreich Patienten behandeln kann, die ansonsten therapieresistent waren. Dazu muss allerdings erwähnt werden, dass diese »Hochdosistherapie« sorgfältig überwacht werden muss, um Nebenwirkungen zu vermeiden und darüber hinaus »nur« ein Baustein im Rahmen eines ganzheitlichen Konzeptes darstellt. Einfach »einen Eimer Vitamin D einwerfen« und glauben, alles wird gut, ist naiv.

Also sind selbst bei Höchstdosen die Nebenwirkungen in einem kontrollierbaren Bereich zu halten?

Ja, aber noch einmal: nur, wenn der Arzt sein Handwerk beherrscht. »Otto-Normalverbraucher« sollte dauerhaft nicht mehr als 10 000 IE pro Tag einwerfen – es sei denn, er hat Resorptionsstörungen im Darm oder ein enormes Übergewicht, in dem sich das zugeführte Vitamin D dann verteilt. Ab 40 000 IE/Tag über mehrere Wochen eingenommen drohen Probleme.

Welche Wechselwirkungen oder Synergien gibt es bei Vitamin D zu beachten?

Ja, da gibt es aktuell vor allem zwei Themen: zum einen durch den veränderten Kalziumstoffwechsel – woraus sich übrigens auch die Probleme bei den Folgen der Überdosierung erklären. Eine Standartempfehlung lautet daher, im Rahmen einer Vitamin D-Supplementation auch Magnesium zuzuführen, da es ansonsten zu einem relativen Magnesiummangel kommt. Das ist aktenkundig.

Problematischer ist hingegen die Empfehlung zu einer gleichzeitigen Zufuhr von Vitamin K2 mit dem Argument, dass es ansonsten zu Verkalkungen der Adern komme. Hier werden Argumente miteinander vermischt, für die es in dieser Form keine Daten gibt. Dies bedeutet natürlich nicht, dass wir kein Vitamin K benötigen. Die Frage ist nur, wer braucht es und wieviel? Es wird nämlich derzeit noch gar nicht routinemäßig im Labor bestimmt.

Steckbrief

Prof. Dr. med. Jörg Spitz
Nuklearmediziner

Prof. Dr. med. Jörg Spitz arbeitete 35 Jahre als Nuklearmediziner und war Chefarzt des Instituts für Nuklearmedizin am Städtischen Klinikum Wiesbaden. Durch sein profundes biochemisches Wissen und das Verständnis für molekulare Zusammenhänge, richtete sich sein Fokus immer mehr auf medizinisch ganzheitliche Konzepte der Gesundheitsvorsorge. Seine Vorträge und Publikationen über die antientzündliche und immunstabilisierende Bedeutung des »Sonnenhormons« Vitamin D sind dabei führend. Seit 2015 ist er Präsident der Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e. V. Ein Gespräch über die natürlichen Möglichkeiten zur Krankheitsabwehr.

Superhormon Vitamin D

Spannende Erkenntnisse aus der Vitamin D-Forschung: Wurde Vitamin D bislang in erster Linie im Zusammenhang mit Osteoporose gebracht, konnte die Wissenschaft in den letzten Jahren belegen, dass eine Unterversorgung mit Vitamin D , dem Sonnenhormon, auch mit erhöhtem Risiko für Herzkrankheiten, Diabetes, MS, Rheuma und verschiedenen Krebsarten einhergeht. Zwar können wir prinzipiell das Hormon mit Hilfe der Sonnenstrahlen in der Haut selbst bilden, durch unseren heutigen Lebensstil wird damit jedoch keine ausreichende Zufuhr mehr erreicht. Auch in der Nahrung ist Vitamin D nur in geringen Mengen vorhanden – zu wenig, um den Bedarf zu decken.

Gibt es bei Ihren Vortragsreihen auch populärwissenschaftliche Vorträge für Jedermann, bei denen man sich anmelden kann?

Wir haben wegen der großen Bedeutung von Vitamin D für die Volksgesundheit eine eigene Informationsplattform im Internet geschaffen: www.sonnenallianz.de. Hier findet sich eine Fülle von Studien und praktischen Tipps zum Umgang mit der Sonne und dem Sonnenhormon Vitamin D. Ferner gibt es eine ganze Reihe von Vorträgen von mir als Video auf youtube, die zum Teil bereits eine halbe Million Zuschauer angelockt haben und dort jederzeit kostenlos angeschaut werden können.

Welches Ziel haben Sie mit Ihrer Stiftung?

Der Name meiner gemeinnützigen «Deutschen Stiftung für Gesundheitsinformation und Prävention« ist zugleich ihr Programm: sie initialisiert und fördert zahlreiche Projekte, um umfassende Gesundheitsinformationen für die Bevölkerung bereit zu stellen. Neben einer Fülle von allgemeinen Themen auf dem Portal der Akademie für menschliche Medizin, haben wir spezielle Portale für Patienten mit Multiple Sklerose aufgebaut und sind gerade dabei, ein neues Portal für die Überwindung der Probleme der Demenz aufzubauen. Diese Informationen werden benötigt, um eine neue Gesundheitskultur als Kompensation für die ungesunden Veränderungen unserer Lebenswelt durch den technischen Fortschritt der Zivilisation zu entwickeln – der Vitamin D-Mangel ist nur die deutlich sichtbare Spitze des Eisbergs. Spenden die Zwecke der Stiftung sind herzlich willkommen!