Tipps & Tricks

10 Wege zum besseren Handicap – inspiriert von den Besten der Welt

Warum ist Tommy immer so ausgeglichen und positiv? Was unterscheidet Scotties Trainingsplan von denen anderer Tour-Kollegen? Und wieso lautet Annikas Rundenstrategie »Vanille-Eis«? Wir verraten die besten Tipps erfolgreicher Tour-Spieler und was wir uns alle abgucken können.

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Scottie Scheffler
Scottie Scheffler

Gut gemeinte Golftipps gibt es unzählige. Doch welche Anpassungen führen dazu, dass sich die Spreu vom Weizen trennt und ein guter Spieler erstklassige Ergebnisse erzielt? Wir haben uns umgehört und die besten und teilweise auch simpelsten Tipps recherchiert.

Rorys Fitness-Metamorphose

Rory McIlroy
Rory McIlroy

Rory McIlroy war nie unsportlich. Aber erst dank eines gezielten Fitness-Trainings wurde aus dem talentierten nordirischen Schwungwunder ein echter Athlet mit Plan. Seine Transformation begann nach dem Masters 2010, als der damals 20-Jährige unter Druck völlig einbrach. McIlroy erkannte: Wer langfristig auf höchstem Niveau bestehen will, benötigt neben einer guten Technik und Gefühl eben auch einen belastbaren Körper. Mit Coach Steve McGregor erstellte er einen Fitnessplan, bestehend aus Krafttraining und funktionellen Übungen, mit Fokus auf die für den Golfschwung wichtigen Bereiche: Beinkraft, Stabilität im Rumpf und Beweglichkeit. Die Langhantel-Übungen, Box Jumps und Core-Übungen mit Medizinball zeigten schnell ihre Wirkungen. Der erste Major-Sieg kam 2011 und dieses Jahr machte McIlroy den Career Grand Slam perfekt. All das war auch möglich dank seiner gewonnenen Schlagweite: 2023 lag McIlroys durchschnittlichen Abschlagslänge bei 326,3 Yards, der längsten in der Geschichte der PGA Tour.

Scottie setzt auf Teilbereiche

Scottie Scheffler
Scottie Scheffler

So zurückhaltend Scottie Scheffler in der Öffentlichkeit auftritt, so simpel ist auch sein Trainingsplan, den er mit seinem langjährigen Coach Randy Smith hat. »Wähle einen Teilbereich deines Spiels, der verbessert werden soll«, ist Smiths Credo. Bei effektivem Training darf man sich also nicht in zahllose Details verlieren, sondern soll sich auf einen spezifischen Aspekt des Spiels konzentrieren – und das nicht für ein paar Stunden oder Tage, sondern für Wochen oder gar Monate. Kleine Schritte führen zum Erfolg. Beim Golf ist es normal, dass es Hochs und Tief gibt; man muss sich eben in Geduld üben. Ein zentrales Element von Schefflers Training ist die Betonung grundlegender Prinzipien wie Griff, Ausrichtung und Haltung. Der Fokus auf die Basics hilft der Nummer eins, sein Spiel stabil zu halten und sich nicht in zu vielen technischen Details zu verlieren. Weniger ist also mehr.

Vanille-Eis für Annika

Annika Sörenstam
Annika Sörenstam

Annika Sörenstam zählt zu den erfolgreichsten Spielerinnen aller Zeiten. Mit zehn Major-Siegen setzt die Schwedin bis heute Maßstäbe im Damengolf. Ein wesentlicher Faktor ihres Erfolgs war die Zusammenarbeit mit der Trainerin Pia Nilsson (o.r.) und dem von ihr mitbegründeten Coaching-Ansatz Vision54. Dabei geht es um die Idee, dass Turniere nicht nur mittels guter Technik gewonnen werden, sondern durch das Zusammenspiel von Körper, Geist und Emotionen. Der sogenannte »Vanille-Eis-Moment« ist eine Metapher für strategische Disziplin und smartes Course Management. Sörenstam war während ihrer Karriere bekannt für ihre extreme Konstanz und klugen Spielentscheidungen. Nilsson stellte Annika die Frage: »Warum bestellst du beim Golf oft ‚Rocky Road mit Streuseln’ – wenn du doch genau weißt, dass du eigentlich immer am besten mit Vanille fährst?« Bei wichtigen Spielentscheidungen ist es also oftmals schlauer, die sichere (Vanille-Eis-)Variante zu wählen, anstatt das unnötige Risiko. Der Vanilla-Ice-Cream-Schlag ist ein entspannter Lay-Up vors Grün, ohne jedwedes Risiko. Und diese Strategie hat Sörenstam zur unangefochtenen Nummer 1 der Welt gemacht. Jeder sollte seine Spielfähigkeit und auch seine Grenzen kennen.

Ricky & sein »Floating Putter«

Rickie Fowler beim Putten
Rickie Fowler beim Putten

Rickie Fowler ist bekannt für seinen geschmeidigen, rhythmischen Puttstil. Ein auffälliges Detail dabei ist das »Schwebenlassen« des Putters kurz vor dem Treffmoment. Bevor Fowler den Rückschwung beginnt, setzt er den Schlägerkopf nicht komplett ab, sondern hält ihn leicht über dem Boden. Damit vermeidet der US-Amerikaner Bodenwiderstand, Reibung und auch unnötige Muskelspannung in Armen und Händen. Das wiederum führt zu einem flüssigeren und entspannteren Rückschwung. Das Schwebenlassen des Putterkopfs hat im Grunde auch einen mentalen Aspekt: Dem Gehirn wird signalisiert: Jetzt beginnt die Bewegung. Damit wird Ablenkung reduziert und Rhythmus beibehalten – auch unter Druck. Mit dieser Technik hat sich Fowler ein geschmeidiges Tempo und einen wiederholbaren Stroke antrainiert.

Sandflüsterer Seve

Eine Augenweide: Seve Ballesteros
Eine Augenweide: Seve Ballesteros

Seve Ballesteros war ein wahrer Kurzspielgott und hatte so manch magische Schläge aus dem Bunker. Das Geheimnis seiner zum Teil legendären Rettungsschläge waren ein einmaliges Gefühl und die richtige Technik. Als kleiner Junge besaß er nur ein altes Eisen 3 und spielte mit diesem überall und aus sämtlichen Lagen – auch am Strand. Chips, Pitches, Lob-Shots und Bunkerschläge – alle wurden mit dem langen Eisen geübt. Mit der richtigen Technik (und dem passenden Schläger) sind Bunkerschläge ein Kinderspiel, wenn ein paar Basics berücksichtigt werden: Ein breiter, bei Bedarf geöffneter Stand und – ganz wichtig – tiefe Hände. Sind die Hände betont niedriger, kann der Schläger sanft unter den Ball gleiten, der Loft wird erhöht und der im Sand-Wedge verbaute Bounce kann voll ausgenutzt werden, was zu weichen und kontrollierten Flugbahnen führt. Liegt der Körperschwerpunkt tiefer, klappt’s auch aus der Sandkiste. Und zur Inspiration eignen sich noch alte Seve-Videos auf YouTube.

Bubbas Feeling

Bubba Watson
Bubba Watson

Bubba Watson hat seine ganz eigene Technik und setzte nie auf einen richtigen Schwungtrainer. Dennoch konnte er sich auf der PGA Tour behaupten und verzeichnete zwölf Siege. »Auf dem Platz denke ich an das Ziel und nicht an den Schwung«, erklärte Watson während der PGA Show im Orange County Convention Center. Ohnehin gehören technische Gedanken – falls vorhanden – nur auf die Range. Der US-Amerikaner arbeitet fast ohne Technik und nur mit seiner Vorstellung: Vorm Schlag visualisiert Watson den gewünschten Ballflug – Draw, Fade, hoch, flach – und führt ihn intuitiv aus. Er beschreibt das als »playing by feel«. Das Gehirn kann ohenhin die ganzen Schwunggedanken nicht umsetzen. Wenn die Technik ansatzweise passt, ist das auch für Freizeitgolfer ein sehr gutes Konzept. Oft wird nämlich vorm Schlag alles unnötig verkompliziert und überintellektualisiert. Weniger Gedanken bringen dem Golfspiel mehr Gelassenheit und bessere Schläge. Also: Blick Richtung Ziel, sich die gewünschte Flugkurve vorstellen, Augen zurück auf den Ball und »Zack« wird der Rückschwung begonnen.

Langer dehnt sich fit

Bernhard Langer
Bernhard Langer

Bernhard Langer ist bekannt für seine Disziplin. So konnte er sich neben zwei Masters-Titeln auch zwölf Senior-Major-Siege erspielen und schaffte es selbst nach seinem Achillessehnenriss Februar 2024 schon drei Monate später wieder auf der PGA Champions Tour aufzuteen. Der Schlüssel zu seinem Erfolg: Ein ausgeklügeltes Fitness-Programm mit ausgiebigen Dehnungs-Sessions. Über eine Stunde widmet er dem täglichen Stretching – zu Hochphasen »auch mal zwei«, wie er vor einiger Zeit im GM-Interview erklärte. Auf dem Programm stehen morgendlich Hüftbeuger & Oberschenkelrückseite, Brustwirbelsäule und Nacken einschließlich Schultergürtel. Und das garniert mit Balance-Übungen und leichtem Core-Training. So erhält sich der 67-Jährige seinen außerordentlichen Fitness-Zustand. Würde jeder Golfer täglich lediglich zehn Minuten in Stretchen investieren, gäbe es sicherlich weniger golfbedingte Zerrungen und eine weichere Rotation in den Rückschwung, und das bis ins AK-80-Alter.

Tiger & Chris setzen auf Boden

Chris Como und Tiger Woods
Chris Como und Tiger Woods

Über drei Jahre war Chris Como (o.l.) der Coach von Tiger Woods.
Während dieser Zeit arbeiteten die beiden intensiv an den biomechanischen Aspekten des Schwungs und die Nutzung der Bodenreaktionskräfte: »Ground Reaction Forces« lautete der neue große Hype im Teaching. Fortan wurde versucht, jene Kräfte zu nutzen, die durch das Abdrücken der Füße gegen den Boden entstehen und dem Körper die so notwendige Schwungenergie liefern. Konkret wird dabei im Rückschwung der Druck vom linken Fuß leicht auf das rechte Bein übertragen, ohne dabei mit dem Körper zu schwanken. Im Abschwung wird explosiv nach links gedrückt und sich vertikal abgestoßen. Das Ergebnis: Mehr Geschwindigkeit bei weniger Stress für die Gelenke, was bei dem vorbelasteten Tiger Woods essenziell war. Anstatt den Schwung mit Armen und Händen zu beschleunigen, soll die Bewegung aus der Hüftrotation angestoßen werden. Ein einfacher Schwunggedanke, der ganz viel Power freisetzt.

Tommys positive Gedanken

Tommy Fleetwood
Tommy Fleetwood

Rory McIlroy war nie unsportlich. Aber erst dank eines gezielten Fitness-Trainings wurde aus dem talentierten nordirischen Schwungwunder ein echter Athlet mit Plan. Seine Transformation begann nach dem Masters 2010, als der damals 20-Jährige unter Druck völlig einbrach. McIlroy erkannte: Wer langfristig auf höchstem Niveau bestehen will, benötigt neben einer guten Technik und Gefühl eben auch einen belastbaren Körper. Mit Coach Steve Tommy Fleetwood zählt zu den besten Ballstrikern der Welt. Sein butterweicher Schwung und sein ruhiger Auftritt sind sein Markenzeichen – und die Fähigkeit, unter Druck absolut cool zu bleiben. Nach jeder Runde zieht er ein Fazit, um seine kommenden Trainingseinheiten zu planen. Was ist gut gelaufen und was nicht? Doch die wichtigste Aufgabe nach der Runde sei, die Schläge Revue passieren zu lassen und die drei besten Schläge zu wählen. Diesen Tipp erhielt er schon als kleiner Junge von seinem Vater. »Das sind die drei Schläge, die einen wieder zum Lächeln bringen«, erklärt Fleetwood. Generell ist dies ein sehr smarter Mentaltrick. Denn üblicherweise reagieren Spieler heftig auf schlechte Schläge, wodurch das Gehirn eher dazu neigt, die Misserfolge zu speichern. Den Trainingstag mit der Visualisierung der besten Schläge zu beenden, sorgt für ein positives Mindset.

Kiwis Fokus auf Impacthöhe

Maximilian Kieffer beim Pitch
Maximilian Kieffer beim Pitch

Seit 2018 arbeitet Max Kieffer, Spitzname »Kiwi«, mit Kurzspielexperte Ian Holloway zusammen, der dieses Jahr von der PGA of Germany zum »Teacher of the Year« ausgezeichnet wurde. Ein zentraler Trainingsschwerpunkt liegt auf der steten Optimierung der Treffmomenthöhe bei den Wedge-Schlägen. Mit Holloway konzentrierte er sich darauf, die Fähigkeit zu erlernen, die Höhe der Schlägersohle oberhalb des Rasens zu kontrollieren. Das Ergebnis sind deutlich konstantere Ballkontakte und sauber getroffene Bälle, eine präzise Steuerung der Ballflughöhe, einschließlich -richtung und das Erzeugen des gewünschten Spins. Trainiert werden kann das schon, indem bei Probeschwüngen intensiv darauf geachtet wird, wie hoch der Schläger oberhalb des Bodens die Grashalme rasiert.