Habe ich den besten Tipp dieses Jahres einer Miesmuschel zu verdanken? Ich war nämlich in Triest baden. Eigentlich wollte ich einen Stadturlaub machen, Kultur und so, aber daran war bei 37 Grad nicht zu denken. Also begab ich mich an eines der kieseligen Strandbäder direkt am Containerhafen und schwamm ein bisschen in der Adria herum. Dann kamen die Bugwellen eines gewaltigen, längst am Horizont verschwundenen Frachtschiffs und brachten das ganze Becken zum Schwanken. Hurra, wie im Wellenbad, dachte ich noch. Aber diese Wellen hatten eine ganz andere Wucht – eine davon erfasste mich und warf mich gegen den gemauerten Pier zwischen Strandbad und Hafen. Ich konnte den kompletten Aufprall mit beiden Händen verhindern, aber eine Miesmuschel riss mir die rechte Handfläche auf – vom kleinen Finger bis fast zur Daumenwurzel.
Es blutete furchtbar, aber zum Glück war es nur eine Schnittwunde, und das Mitleid meiner Familie hatte sich nach ein paar Minuten erledigt, trotz des beeindruckenden Verbandes, den mir der Bagnino anlegte.
An Golf war nicht mehr zu denken. Aber ganz ohne Golf geht es ja auch nicht. Nachdem aus dem Verband ein Pflaster geworden war, begann ich zu putten und zu chippen, und ein paar Tage später traute ich mich an den vollen Schwung. Ich griff ganz besonders vorsichtig zu, und was passierte? Ich war einen halben, oft sogar einen ganzen Schläger länger, und meine Drives verschwanden carry in der Böschung hinter dem 200-Meter-Schild. Unfassbar.
Ja, wir alle wissen, dass wir den Schläger nicht zu fest greifen sollten. Hier ist meine Theorie: Ich glaube, wir Normalsterblichen greifen immer noch etwas zu fest zu.
Eine Theorie von Nick Faldo besagt, dass Spieler, die unter Druck Probleme bekommen, in erster Linie Probleme mit dem Griffdruck haben, ob beim Monatsbecher oder beim Major. Sie werden zu fest. Vijay Singh fasst den Schläger so locker, dass seine Hand sich unmittelbar nach dem Treffmoment beinahe komplett löst.
Also: lockerer greifen – noch viel lockerer, als Sie denken! Es ist jedenfalls das einzige Mandat, das wohl eine dauerhafte Narbe zurücklässt. Und die arme Miesmuschel zahlte für diesen Tipp sogar mit ihrem Leben.
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