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US OPEN: New York ist bereit!

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Von Petra Himmel

„Warnung“ steht auf dem Schild am Weg zum ersten Abschlag. „Der Black-Kurs ist ein extrem schwieriger Platz, den wir nur extrem guten Golfern empfehlen.“
An exzellenten Golfern mangelt es dieser Tage im Bethpage State Park nicht. Die Herren Woods & Co haben sich zur US Open eingefunden in Long Island. Mit dem Black Course von Bethpage, wo man schon 2002 die US Open spielte, verbindet der eine oder andere aber eher gemischte Gefühle.
Das Biest, wie so mancher Profi den Platz im Geheimen schimpfen mag, ist unglaublich lang, knapp 6800 Meter bei Par 70. Nur zwei Par 5-Löcher verstecken sich darin auch wenn der Blick auf die Längenangaben der Scorekarte anderes vermuten lässt. Drei der Par 4s, die Bahnen 7, 10 und 12 sind über 450 Meter lang. Nie zuvor in der Geschichte einer US Open haben derartig viele Löcher solche Ausmaße erreicht. „Das ist ziemlich lang“, resümierte Tiger Woods, zu Beginn der Woche. „Ich kann mich noch daran erinnern, dass 380 Meter für ein Par 4-Loch vorgesehen waren, als ich groß wurde. Es ist ziemlich erstaunlich, wie sich der Golfsport gewandelt hat. Aber am Ende ist das ja nur eine Zahl, man muss raus gehen und einfach ein paar gute Schläge machen.“
Sagt sich leicht dahin, wenn man strotzt vor Selbstvertrauen wie bei Tiger Woods der Fall. Der 33-Jährige hat mit seinem souveränen Sieg beim Memorial Turnier vor zwei Wochen Maßstäbe gesetzt. Es gibt wenige im Feld, die glauben, dem Weltranglistenersten sei sein 15. Majorsieg zu nehmen. Titelverteidiger ist er ohnehin. Und: Auch 2002 hat er hier den Titel geholt.
Vor allem aber geht er auf in der Hitze der Schlacht, die man von Bethpage wie selbstverständlich erwarten kann. Die riesige öffentliche Golfanlage von Long Island mit ihren fünf Golfplätzen ist ein anderes Pflaster: Nicht exklusiv und elitär, nicht rücksichtsvoll und ruhig. Hier versammeln sich die Fans zu Tausenden. Der New Yorker ist sportfanatisch und laut, feuert an und verdammt einen Verlierer lautstark.
Sergio Garcia, auch in diesem Jahr wieder einer aus dem Kreis der Favoriten, hat unter dem Sportsgeist der Großstädter 2002 sehr gelitten. Da wusste der Spanier nie so recht, wie er den Schläger zu greifen hatte, fasste bei jedem Schlag mehrfach um. Zuviel des Aufwands für die Jungs in der Zuschauermenge. Die sahen sich die verzweifelten Bemühungen des Spaniers einen Tag lang an und fingen während der zweiten Runde an, bei jedem Griffwechsel lautstark mitzuzählen. Aus dem Sieg von Sergio Garcia ist dann nichts geworden sein ohnehin nicht eben robustes Nervenkostüm war dem Tumult nicht gewachsen.
Andere gehen in der Football-Atmosphäre auf: Phil Mickelson, aufgrund der Krebserkrankung seiner Frau Amy ohnehin derzeit der Sympathieträger schlechthin, genießt in Bethpage das Bad in der Menge: Händeschütteln, Autogramme, Zurufe, immer beschwingter läuft der Amerikaner von Loch zu Loch.
Sucht man nach Herausforderern aus Europa bleibt die Liste der Favoriten vergleichsweise kurz. Die US Open ist nie eine Veranstaltung gewesen, bei der Europäer besonders brilliert haben. Zuletzt hat der Brite Tony Jacklin 1970 gewonnen. Die größten Chancen misst man noch Paul Casey zu, ebenfalls Brite und insofern eigentlich ein passender Nachfolger. Die meisten Weltranglistenpunkte aller Spitzenprofis hat er in diesem Jahr angesammelt, sich in den USA bei allen Turnieren mit Top 20-Platzierungen behauptet, Selbstvertrauen gesammelt. Casey bringt die nötige Länge vom Abschlag mit, hat dazu aber auch das passende kurze Spiel für eine US Open.
Das Rough an den Fairwayrändern fällt in diesem Jahr ein wenig moderater aus, rund ums Grün aber wird die Sache wie immer tückisch. Die US Open in Bethpage kann nur einer gewinnen, der vorzüglich chippt und obendrein exzellent puttet. Für Martin Kaymer stehen die Chancen damit nicht sonderlich gut. Der Deutsche ist zwar vom Abschlag weg erstklassig, hat in dieser Saison gerade auf schwierigen Grüns aber sehr mit dem Putten gehadert. Ein echter Sportfan aus New York würde in Bethpage keinen Dollar auf Kaymer setzen.