Kristel Mourgue d’Algue kommt ins Schwärmen. Die blauen Augen beginnen zu leuchten, wenn sie von ihm spricht, von ihrem berühmten amerikanischen Platzdesigner. Denn Madame Kristel und ihr Bruder André haben sich ihren Traum erfüllt und einen Golfplatz bauen lassen. Aber was für einen! Und von wem!
Der Reihe nach: Die Mourgue d’Algues sind eine echte Golferfamilie. Kristels Vater Gaetan gewann 30 nationale Titel, gründete die erste Golfzeitschrift Frankreichs, organisierte die Trophée Lancôme und gab den "Peugeot Golf Guide" sowie den Band "Rolex World’s Top 1000 Golf Courses" heraus. Mutter Cécilia gewann 45 nationale Titel und zwei Silbermedaillen bei Team-Weltmeisterschaften. Bruder André ist Scratch-Golfer, trat in seiner Jugend gegen Tiger Woods an (er schlug die damals 14-jährige US-Hoffnung, weil er besser putten konnte). Und Kristel war mehrfache französische Amateurmeisterin und spielte drei Jahre auf der Ladies European Tour. Die Mourgue d’Algues sind also Golfer durch und durch, und sie hatten einen Traum. Den Traum von einem ganz besonderen Golfplatz in ihrer Wahlheimat, der berühmten Weingegend von Saint-Émilion.
Eine knappe Dreiviertelstunde östlich von Bordeaux ist die Landschaft leicht hügelig, und es gibt zwischen den Weinfeldern dichte Wälder. Bei den Dörfern Gardegan und Tourtirac wurden die d’Algues vor zehn Jahren fündig und erstanden ein 250 Hektar großes Stück Land, mit alten Eichen und hohen Pinien, einst ein Jagdgebiet. Dort, bei der Ruine eines alten Bauernhauses, sollte er sein. Über alte Kontakte in die amerikanische Golfszene gerieten sie an Tom Doak. Der Platzdesigner aus Michigan gilt derzeit weltweit als einer der fähigsten Architekten. Aus seiner Feder stammen so berühmte Plätze wie Cape Kidnappers in Neuseeland, Pacific Dunes und Old Macdonald in Oregon.
Doak war von dem Angebot der Geschwister sehr angetan, zumal es sein erstes Design in Europa werden sollte. Er reiste viele Male nach Saint-Émilion und schuf eine neue "Visitenkarte". Baute er bis dahin bevorzugt Links-Plätze an schönen Küsten, hatte er nun das Areal eines leicht hügeligen Waldgebiets vor sich. Er passte, gemäß seinem Markenzeichen "Minimalismus", die 18 Löcher behutsam der Topographie an. Klar, es mussten Bäume weichen, aber nicht willkürlich, um einfach Platz zu schaffen. Tom Doak wanderte zwei Wochen lang durch die Wälder und markierte jeden einzelnen Baum, der weg musste.
Ein Platz wie ein Gemälde
Nun ist der Saint-Emilionnais GC vollendet und Kristel strahlt übers ganze Gesicht, wenn sie erzählt, wie der Designer ans Werk ging: "Tom war für mich wie ein Maler vor einer leeren Leinwand." Das Gemälde, das dabei entstand, kann man getrost als Kunstwerk betrachten. Doaks Hauptaugenmerk liegt wie auch bei seinen anderen Plätzen auf den Grüns. Sie sind allesamt zwar fürs Auge wunderschön, aber teils heftig onduliert und mit tiefen Bunkern gut geschützt. Es ist ein Platz für echte Golfer geworden. Der Club soll nicht mehr als 400 Mitglieder haben, aber Gäste sind natürlich willkommen. "Wir wollen keine überdachten Driving-Range-Abschläge, wir wollen auch keine Carts auf dem Platz. Es soll ein Platz für Puristen sein", erklärt Kristel Mourgue d’Algue und ergänzt: "Wir wollten einen Platz im Golden-Age-Style."
Darum endet die Bahn 9 auch nicht beim Clubhaus. Das ist übrigens in einem alten Nebengebäude komplett neu entstanden, und die sechs neuen Häuschen, die verkauft wurden, liegen nebenan und stören den Blick nicht. In das noch im Bau befindliche Hauptgebäude wird ein Restaurant einziehen. Dass auch dabei nichts überstürzt und behutsam gewählt wird – wer die Küche übernimmt, und wie es gestaltet wird etc. –, davon kann man ausgehen. Die Klientel wird sich überwiegend aus Leuten der Region und aus Bordeaux rekrutieren. Die Menschen, die hier leben sind definitiv Genießer, nicht nur, was den Wein betrifft. Dass die Karte die edelsten Tropfen des Saint-Émilion enthalten wird, versteht sich wohl von selbst. Hunderte Weingüter (Châteaux), liefern sich allein hier, in dem berühmten Weinanbaugebiet Entre-deux-Mers, zwischen den Flüssen Dordogne und Garonne, einen Konkurrenzkampf, über dessen Ergebnis Weinkenner auf der ganzen Welt mit der Zunge schnalzen.
Wohnen im Weinschloss
Wer vor Ort die Gelegenheit hat, die edlen Tropfen zu genießen, ist natürlich zu beneiden. Einen ersten Überblick sollte man sich im malerischen Weinort und Unesco-Weltkulturerbe Saint-Émilion verschaffen. Das mittelalterliche Schmuckstück liegt eingerahmt von Weinbergen, auf denen die Trauben der berühmten Grand Crus wachsen, nur sechs Kilometer vom Saint-Emilionnais Golf Club entfernt und lockt mit hübsch eingerichteten, edlen Weinboutiquen. Das historische Örtchen liegt malerisch auf einem Hügel, und in den Gassen schlendern Touristen aus allen Herren Ländern. Leicht zu finden ist das Maison du Vin, ein gut gemachtes Informationszentrum und ein perfekter Einstieg in das Thema Weine der Region (siehe Top 5).
Top 5 Hot Spots
1 Bordeaux Fête le Vin: Großes Stadtfest rund um den Wein vom 23. bis 26. Juni. Konzerte, Degustationen, Lichter-Show
2 Weintouren: Die schönsten Schlösser, die besten Anbieter – echte Weinexperten von Tours dit Vin leiten die Touren durch das Médoc und nach Saint-Émilion
3 Schifferl fahren: Der Ausflug auf der Garonne gehört zum Pflichtprogramm in der Gironde, im Stil der "bateaux mouches" von Paris
4 Place du Parlement: Schönster autofreier Platz in Bordeaux. Cafés, Restaurants und abends bunte Szene
5 Maison du Vin de Saint-Émilion: Perfekter Einstieg in das Thema in Theorie und Praxis, mit der größten Auswahl an Saint-Emilion-Weinen
Absolut zu empfehlen ist die Wahl zu einem Weinschloss-Hotel. Dass es eines in der Gegend gibt, das auch noch einen 27-Löcher-Golfplatz vor der Tür hat, ist mehr als ein Glücksfall. Das Château des Vigiers liegt eine halbe Fahrstunde südöstlich von Saint-Émilion und verkörpert im Kleinformat alles, was die Gegend zu bieten hat: die besten Weine, romantisches Ambiente, vorzügliche Speisen und gutes Golf. Bei einem Glas Roten der Hausmarke oder einem anderen Edeltropfen des berühmten Weinanbaugebiets kann man entweder die Runde des Tages Revue passieren lassen oder sich ganz auf die Speisekarte im Restaurant konzentrieren. Dabei haben Gäste des märchenhaften Anwesens bei Monestier die Wahl zwischen dem seit 2014 mit einem Michelin-Stern gekürten Lokal im Schloss oder der bodenständigen Brasserie im Nebengebäude. Wer will, kann an den täglichen Weinverkostungen im Schloss teilnehmen oder drei Golfturniertage in Kombination mit Weinproben buchen. Die nächste "Saint-Emilion Crus Classés Trophy" findet übrigens vom 3. bis 5. Juni 2016 statt.
Médoc ist ein Muss
Eine andere große Weingegend des Bordelais ist das Médoc. Die Halbinsel zwischen der Gironde und der Atlantikküste bietet mit ihren kargen Kiesböden das ideale Terrain für gute Weine und gute Golfplätze. Rund um die berühmten Châteaux – von Margaux bis Rothschild – gedeihen feinste Trauben und werden erlesene, ja berühmte Weine erschaffen. Kurz gesagt, ein Paradies für Kenner und Genießer. Eine knappe halbe Autostunde nordwestlich von Bordeaux wartet ein weiteres Paradies – für Golfer. Das Resort Golf du Médoc beheimatet zwei 18-Löcher-Plätze vom Feinsten. Der Parcours Des Châteaux stammt vom renommierten US-Designer Bill Coore aus dem Jahr 1989. Der Austragungsort der Open de France von 1999 wird als einer der besten Kurse Frankreichs gehandelt. Zu Recht, denn Design und Zustand sind schlichtweg formidabel. Vignes, der zweite Platz des Resorts, ist etwas leichter, aber nicht minder interessant. Um es kurz zu machen: Das Resort ist ein Muss!
Kürzlich wurde auch noch das Hotel aufwändig renoviert. Allein die Arbeiten am Restaurant verschlangen 1,2 Millionen Euro. Zimmer, Spa, Service sind erstklassig, das Trainingszentrum zählt landesweit zu den modernsten, und die Küche ist exzellent. Ein weiterer Pluspunkt sind die Weintouren, die das Hotel organisiert, denn sie verschaffen Gästen Zutritt zu absoluten Spitzen-Châteaux, die man ansonsten so nicht ohne weiteres besuchen kann.
Das berühmte Châteaux Margaux ist eine dieser Adressen, die sich der Öffentlichkeit nicht unbedingt aufdrängen. Degustationen sind professionellen Einkäufern vorbehalten, Direktverkauf ist undenkbar und Visiten erlaubt man nur zu ausgesuchten Zeiten gegen Voranmeldung. Zum Weingut gehörte einst auch ein Hotel mit Golfplatz. Es wurde verkauft und dann wieder verkauft und soeben von chinesischen Investoren erworben. Die wollen sich – endlich, muss man sagen – um Golf de Margaux kümmern. Mehrere Millionen Euro will man in das Resort am Gironde-Ufer stecken. Bis dahin kann man mit einem 4-Sterne-Hotel vorliebnehmen und mit 18 Löchern, die ihre besten Tage wohl noch vor sich haben.
Bordeaux und Meer
Wer als Kontrastprogramm zum Weinland und seinen unzähligen Schlössern gerne noch ein, zwei Tage am Atlantik verbringen möchte, sollte die Dreiviertelstunde Fahrt von Bordeaux Richtung Küste unternehmen. Aber nicht, ohne einen Abstecher in die wunderschön restaurierte Altstadt der Metropole des Départements Gironde zu unternehmen, mit ihren klassizistischen Gebäuden, engen Gassen und dem lebendigen Treiben der jungen Szene. Von den rund 240.000 Einwohnern der Hafenstadt an der Garonne sind fast ein Drittel Studenten. Nach dem Stadtbummel trifft man sich auf dem autofreien Place du Parlement in einem der Cafés. Doch an heißen Tagen flüchten die Städter ans Meer, bevorzugt an die kilometerlangen, weißen Sandstrände des Badeorts und Surfer-Spots Lacanau-Océan, 45 Kilometer westlich von Bordeaux.
Aber auch eine Runde im Hinterland der Küste ist eine nette Abwechslung und die Meeresfrüchte in den Restaurants an der Strandpromenade schmecken hier einfach einen Tick authentischer, als in der Stadt. Wenn die Sonne am Abend dann langsam am Horizont verschwindet oder hinter dem dichten Piniengürtel versinkt, beginnen die Fairways von Golf International Lacanau Océan zu leuchten, fast so schön wie Kristels Augen.