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Reise Lech: Kampfzone für einen Golfplatz

Der Golf Club Lech  ist gerade wenige Monate alt. Doch der 9-Loch Platz hat eine 40 Jahre lange Geschichte. Klingt verrückt. Und das ist es auch.

Mitte Fairway. Zum Glück! Es wäre auch nicht auszuhalten, wenn dieser Schlag in die Hose gegangen wäre. Denn dass Kristl Moosbrugger hier überhaupt aufteen darf, „war mehr als unwahrscheinlich“, sagt sie. Die Lecherin hat 40 Jahre auf ihre Startzeit gewartet. So lange hat es nämlich gedauert die neun Löcher des Golfclubs Lech zu realisieren.
Rückblick. 1976. Im wunderschönen Urlaubsort Lech läuft es schleppend. Im Sommer herrscht tote Hose. „Wir mussten etwas machen“, erinnert sich Moosbrugger. Sie ist die Matriarchin der ersten Adresse im Ort, der Post Lech. Die Idee von ihr, ihres mittlerweile verstorbenen Mannes Franz Moosbrugger und Mitstreiter Paul Pfefferkorn: Ein Golfplatz. Damit will man Sommer-Gäste locken.
Doch mit Golfern konnte der Ferienort nichts anfangen. Die brauchen schließlich Platz und spritzen Dünger. In Lech? Bitte nicht. Bauern weigerten sich, ihr Land herzugeben, Beamte stellten sich in den Weg. Doch die Lecher gaben nicht auf. So schwer konnte das doch nicht sein. War es aber. Denn wer heute die Pressearchive nach dem Schlagwort „Golfclub Lech“ durchwühlt findet unzählige Artikel mit Überschriften wie „Bau noch nicht fix“ oder „Streit um den Golfclub“. Der Inhalt, egal aus welchem Jahrzehnt, bleibt gleich: Die einen wollen den Platz. Die anderen nicht.
Erst mit dem zusätzlichen Engagement von „Golfplatzpapa“ und heutigem Präsident Clemens Walch bekommt man das Projekt in den 2010er Jahren durch die Instanzen. Baubeginn: 2014. Nach sage und schreibe 38 Jahren. So etwas steht im Duden unter „Durchhaltevermögen“.

Immer noch nicht am Ziel

Im Juni 2016 dann die Eröffnung. Verzögert, natürlich. „Das war die einzige Baustelle, auf der ich nie meinen Pullover ausgezogen habe“, erinnert sich Diethard Fahrenleitner. Er ist der Architekt. Die voralberger Alpen wehrten sich. Das Wetter auch. Bagger versanken im Schlamm. „Hier oben ist die Kampfzone für einen Golfplatz“, erklärt der Designer. Der Golfclub Lech liegt auf 1500 Metern. Damit ist er der höchstgelegenste in Österreich. Noch im Mai lag hier Schnee. Doch die Lecher haben die Alpen besiegt und auf 19 Hektar eine wunderschöne 9 Loch Anlage errichtet.
Und wie spielt er sich? Schwierig zu beurteilen. Denn bis die Wiese komplett in Schuss ist, wird wohl noch einige Zeit vergehen. Oder in anderen Worten: Der Frühling war in Lech derart desaströs, dass das Gras kaum eine Chance zum Wachsen hatte. Beim GOLF MAGAZIN-Besuch bekam jeder Gast noch eine kleine Abschlagmatte mit auf die Runde. Chippen und Putten okay, Annäherungen nur mit Rasen-Verhüterli. Geschenkt. Denn erstens wird das vorbei gehen und zweitens lässt sich der Golf Club Lech mit klassischen Bewertungsstandards kaum messen. Er ist einfach anders.
Wie zum Beispiel das Rating zustande kam, kann sich hier niemand so richtig erklären. Ja, das österreichische Course-Rating richtet sich vor allem nach der Länge und die ist mit 4.188 Metern auf 18 Loch (Herren) nicht gerade ein Marathon. Aber der Herren-Slope von 109 hat mit der Realität recht wenig zu tun.
Lech ist nämlich schwer. Sau schwer. Abschläge wie beispielsweise der an der 4 sind erstens vollkommen blind, haben zweitens eine winzige Drive-Zone und verlangen drittens ein knackiges Force-Carry. Andere Löcher, die 7 zum Beispiel, fühlen sich an wie Crossgolf: Abschlag, dann Gestrüpp, ein Bach, ein Wanderweg und erst im Tal ein gefühlt winziges Grün. Frustrierend? Jein. Denn wer weiß, worauf er sich bei einer Runde in Lech einlässt kann hier großen Golf-Spaß haben. Amateurspieler sollten aber besser nicht mit einem ProV1 abschlagen. Der Platz ist eben ein ballfressendes Monster. Aber ein spaßiges Monster. Wie das Krümelmonster. Nur ohne Kekse.

LECH Loch4
Wo geht es hier denn bitte lang? Viele Abschläge, wie hier die 4 (Par 4, 292 m), sind blind, die Drive-Zone ist winzig.

Drives ins Nichts

Nicht falsch verstehen. Lech ist sicherlich nicht unspielbar. Es steht halt einfach sehr viel im Weg herum. Bäume zum Beispiel. Oder Flüsse. Manchmal auch ein Murmeltier. Man könnte sagen: Architekt Diethard Fahrenleitner hat einen ausgezeichneten Job gemacht, den Platz wirklich in die Landschaft einzufügen. Und das bringt uns zu einer weiteren Lecher Golf-Stilblüte. Es begab sich nämlich zu einer Zeit, dass Geschäftsführer Markus Kleißl und Präsident Clemens Walch mit ein paar Golfschlägern im Wald standen und Bälle ins Nichts schlugen. Sie wollten testen, wie sich der Golfplatz später anfühlen würde und nur die Bäume absägen, die auch wirklich weg mussten. Man beantragte etwa 21.000 Bäume zu fällen, kam am Ende aber mit 13.500 aus. Die örtliche Naturschutzanwältin Katharina Lins fand das Projekt trotzdem nicht witzig. Fast ein Jahrzehnt dauerte es, die Umweltverträglichkeitsprüfung durchzubringen. 32 Gutachten ließen die Golfplatz-Macher erstellen. Kosten: etwa 1.200.000 Euro.
Da muss man es schon ernst meinen. Aber die vollkommen Golf-verrückte Truppe um die Familien Moosbrugger, Walch oder Kleißl wollte das so. Und da ist auch eine fast kriminell kurze Spielzeit von gerade einmal 100 Tagen im Jahr kein Hindernis. Und allein das sollte man mit einem Besuch würdigen.

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