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Lehrling Kaymer kann beim Masters Meister machen

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Er hat es ziemlich schnell ziemlich weit nach oben gebracht. Wie zum Beweis stand Martin Kaymer zu Beginn dieser Woche in München auf dem BMW-Hochhaus und schlug aus 99 Metern Höhe Bälle auf das Dach des benachbarten Museums. Ein spektakulärer Gag, mit dem der Autobauer frühzeitig auf sein Turnier im Juni aufmerksam machen wollte. Bemerkenswerter war freilich, dass dieser PR-Termin zur One-Man-Show eines deutschen Golf-Profis geriet – und dieser Golf-Profi nicht mehr Bernhard Langer war.

Profi seit November 2005, im darauf folgenden Jahr ruckzuck aufgestiegen von der dritten in die erste Liga, 2007 schon „Rookie des Jahres“ auf der Europa-Tour, als erster Deutscher. Es ging derart schnell, dass Kaymer selbst kaum zum Luftholen kam: „Es dauert, sich damit auseinanderzusetzen.“ Erst recht, wenn dann noch was dazwischen kommt: Am 20. Januar gewann er das Turnier in Abu Dhabi, zwei Wochen darauf in Dubai wurde er nur von einem gewissen Tiger Woods am nächsten Sieg gehindert.

Tiger Woods stellt sich vor

Woods, immerhin wohl der beste Golfer aller Zeiten, hat sich in Dubai erst mal vorgestellt bei Kaymer – nicht andersrum. Auch die anderen Spieler gratulierten ihm, darunter sein Idol Ernie Els, und Bernhard Langer schickte eine E-Mail. Die ehrliche Anerkennung der Kollegen – „das war schon etwas Besonderes“, betont der 23 Jahre alte gebürtige Düsseldorfer. „Es war überhaupt kein Neid da oder sowas, die Spieler akzeptieren Leistung, und wenn man gewinnt, wird man akzeptiert. Die anderen wissen, das war kein Glück in Abu Dhabi.“

Nicht erst seit Jahresbeginn wird Kaymer überhäuft mit Lob und Anerkennung. Als „Star der Zukunft“ hat ihn der Südafrikaner Els im vergangenen Juli nach der gemeinsamen Runde beim Turnier in München bezeichnet. „Martin hat mehr Talent als Bernhard Langer. Martin hat das Potenzial, ein Weltstar zu werden“, behauptet der Schotte Colin Montgomerie beim Termin in München. „Ein größeres Talent in diesem Alter habe ich noch nie gesehen“, hat Langer selbst erklärt. Häufig verweisen die Etablierten auf die große mentale Stärke von Kaymer.

„Liebe“ zum Training als Erfolgsgarant

Vor allem die Einschätzungen von Deutschlands bislang bestem Golfer, der seinen potenziellen Nachfolger in der kommenden Woche beim traditionsreichen US Masters in Augusta (10. bis 13. April) sehen wird, machen Kaymer stolz: „Das bedeutet mir sehr viel, und es gibt mir die Motivation, daran zu arbeiten, seine Erfolge zu erreichen.“ An etwas zu arbeiten, das liegt Kaymer ohnehin. Training mache ihm Spaß, sagt er. Sein Erfolgsgeheimnis klingt entsprechend: „Training. Den Willen zu haben, zum Training zu gehen. Und nie aufgeben.“ Klingt wie Langer.

Trainiert hat Kaymer, seit er im Alter von zehn Jahren von Vater Horst mal auf eine Driving Range mitgenommen wurde. Zunächst spielte er nebenher noch Fußball, und nicht mal schlecht, sogar als Mittelstürmer in der Niederrhein-Auswahl. „Aber irgendwann war das nicht mehr unter einen Hut zu bringen“, sagt Kaymer: „Ich habe mich dann für Golf entschieden, weil es eine Einzelsportart ist, und ich nicht mehr zehn andere Leute um mich rum habe. Ich bin mein eigener Boss. Das ist das Richtige für mich.“

Kaymer scheint ohnehin immer ziemlich gut zu wissen, was gut für ihn ist. Er weiß, dass gerade ein „Riesentopf“ vor ihm steht, „in dem viele Dinge drin sind“, Dinge, die er sortieren muss, oder, wie er erklärt: „Ich muss da jetzt viele kleine Töpfe draus machen.“

Ein paar hat er schon gefüllt. Der Schwede Johan Elliot ist jetzt sein Manager, der Australier Justin Grenfell-Hoyle sein Caddie, die Schwedin Fanny Suneson, ehemals Caddie von Nick Faldo, so eine Art Teilzeit-Coach für Turnierplanung, „course management“ und Tipps.

Pendeln zwischen Europa und den USA

Er hat es ziemlich schnell ziemlich weit nach oben gebracht: Zurzeit liegt Kaymer auf Rang fünf der europäischen (Geld)-Rangliste, in der Weltrangliste rangiert er auf Position 26. Zugleich versucht er, nicht gleich wieder abzustürzen, sich zu stabilisieren. Deshalb nimmt er jede Gelegenheit wahr, Erfahrungen zu sammeln, dazu gehört auch, zwischen den USA und Europa zu pendeln. Oft sagt er Sätze wie: „Man lernt viel …“. Etwa von Spielern, mit denen man auf die gemeinsame Runde geht. Kaymer sieht sich als Lehrling, doch er lernt schnell.

Kaymer sagt auch häufig Sätze wie: „Das ist noch zu früh.“ Und deshalb will er noch gar nicht daran denken, dass er im September im europäischen Aufgebot für den Ryder Cup im September stehen könnte. „Wenn ich mich jetzt schon darauf konzentriere, würde ich den Fokus auf die großen Turniere verlieren“, sagt Kaymer. Und so gilt seine Aufmerksamkeit zunächst dem US Masters. „Das wird eine beeindruckende Woche werden, in der ich viel Erfahrung sammeln kann“, sagt Kaymer. Und er ergänzt: „Mein Traum ist es, den Cut zu schaffen.“

Martin Kaymer weiß, dass es nicht so schnell noch weiter nach oben geht.