Clubstory

GC Bad Kissingen – Golf als Kur

Indian Summer
Das fränkische Städtchen Bad Kissingen ist der bekannteste Kurort Deutschlands. Das besagt eine landesweite Umfrage eines großen Meinungsforschungsinstituts. Heimelig versteckt im Tal der Fränkischen Saale und dennoch weltoffen hat der Ort seinen guten Ruf dem Plätschern des Wassers zu verdanken.
  
Differente Salze, Spurenelemente und Kohlensäure locken schon seit fast 500 Jahren allerlei Berühmtheiten an die Hügel der Rhön. Kaiser Ludwig I, Reichskanzler Otto von Bismarck und sogar der Dichter Fontane ließen sich in Bad Kissingen für lebensverlängernde Maßnahmen nieder. Hätten sie im Rahmen von kombinierten Kuren zu ihrer Zeit auch schon Golf spielen können, stellt sich die Frage: Wie viel älter wären diese illustren Herren noch geworden?
  
Doch diese Möglichkeit wurde ihnen zeitlebens in Bad Kissingen verwehrt. Erst auf das Drängen des alten Afrika-Generals Louis Botha Anfang des 20. Jahrhunderts wurde aus dem bayerischen Staatsbad auch ein Golfkurort.

Ein Postkutschenwendeplatz hinter dem Clubhaus

Botha war Stammgast und leidenschaftlicher Golfer, weswegen er den Bau eines Platzes vor Ort vorantrieb mit Erfolg. Am 18. Juli 1911 eröffneten die ers­ten 9 Löcher von Kissingen „auf schattiger Straße und gepflegtem Fußwege in 20 Minuten erreichbar“ (Zitat Clubchronik). Hinter dem Clubhaus (1913 erbaut), das noch heute steht, endete der Weg mit einem Postkutschenwendeplatz.
  
An seiner Stelle schlängelt sich heute, fast 100 Jahre später, die laute und viel befahrene B287. Doch das stört die Kissinger Golfer nicht. Auf dem Platz ist dank ihrer hohen Fließgeschwindigkeit fast nur das Rauschen der Fränkischen Saa­le zu hören. Dieser beschauliche Fluss (ein Zufluss des Mains) meandert quer durch den ganzen Platz, kommt gefährlich oft als Hindernis ins Spiel. Neben den gigantischen Laubbaumwänden an den Hängen der Rhön zu allen Seiten das optische Kennzeichen des Platzes.
  
Eine Landschaft, in der neben Golfern auch Wanderer ihr bevorzugtes Revier haben. Der Rundwanderweg Naturpark Rhön durchkreuzt die Anlage mehrfach. „Vorsicht vor fliegenden Golfbällen“, heißt es hier. Besonders während des Indian Summer im Spätherbst, wenn aus grünen Baumwänden bunte Farbenmeere werden, profitiert der GC Bad Kissingen von dieser exponierten Lage.
  
Die einzigen Kissinger, die diese Wochen des Laubfalls mit gemischten Gefühlen betrachten, sind die Greenkeeper. Täglich müssen sie Fairways und Grüns mit Laubsaugern bearbeiten ein Knochenjob. Doch im Gegensatz zu ihren Kollegen von vor knapp 100 Jahren ein Leichtes. Die mähten die ersten Fairways noch mit dem Pferdezug. Und die damaligen Pros hielten sich als Nebenerwerb noch Ziegen im Schuppen neben der Driving Range, um ihre Familien durchzubringen.
  
Diese „Clubarbeiter“ mussten wie allerorten auch im zweitältesten Golfclub Bayerns (nur der Münchener GC ist wenige Monate älter) die Wirrungen der deutschen Geschichte miterleben. Während der Weltkriege waren Pros und Kurgärtner (die damaligen Greenkeeper) zunächst arbeitslos. „Aus Rücksicht auf die Volksernährung“ und zur Nutzung für Futtermittel“ galt Golfspielen im Kriege als „nicht vordringlich“. Während sie zwischendurch sogar zu Multimillonären aufstiegen – der Inflation sei dank.
  
Damals, zu den Anfängen des Kissinger Clubs, war Golf noch  Sport für wenige Auserwählte: Adlige, Schwerreiche und hochrangige Militärs. Kissingen zählte 1922 gerade einmal 19 Mitglieder, 1939 waren es 50. Heute, spätestens seitdem man das Clubgelände 2000 vom Freistaat Bayern gekauft hat, ist der Traditionsclub als Eigentümer offen für alle Golfwilligen.
  
Neben den aktuell 750 Mitgliedern nutzen inzwischen im Schnitt auch 3.000 Greenfeespieler (in diesem Jahr aus über 20 verschiedenen Ländern) die zentrale Europalage des Clubs. „Speziell für die Schweden und Dänen liegen wir genau auf der halben Reisestrecke für deren Urlaubsfahrten mit dem Auto oder Zug nach und von Südeuropa“, erklärt Clubsekretär Klaus Kiesel (51), „das spüren wir bei uns.“

Die Zeit ist in Bad Kissingen nicht stehen geblieben. Auch wenn der langjährige Betrachter schnell den Eindruck bekommen könnte. Die Jugendstilfassade des Clubhauses ist beispielsweise nahezu dieselbe wie vor 100 Jahren, dafür wird aber im Inneren die nächsten drei Jahre bis zum 100. Jubiläum emsig verjüngt.
  
Und viele der Golflöcher, speziell die 3, 14, 15 und 16, erinnern mit ihren schmalen Fairways (meist keine 20 m breit) und kleinen Grüns (Target-Golf) an längst veraltete Layouts. Das bedeutet für die Spielbarkeit der Löcher aber in keinem Fall einen Nachteil. Im Gegenteil: Wer keinen Championshipplatz erwartet, in dem wird das Spielkind geweckt. Erhöhte Abschläge tief in die bewaldeten Rhönhänge getrieben (seit wenigen Monaten sind auch Carts gestattet), zweigeteilte Fairways mit gemein großen Höhenunterschieden und immer wieder die plätschernde Fränkische Saale. Ein solides und präzises Eisenspiel ist oft wichtiger als Drive und Putt. Im Prinzip ließe sich der Platz sogar mit dem Golfequipment von 1910 genauso gut spielen wie mit den modernen fehlerverzeihenden Schlagwerkzeugen von heute. Eine heilende Kur gegen unsaubere Technik wäre so in jedem Fall garantiert.

Kolja Hause

Golf-Club Bad Kissingen
Adresse: Euerdorfer Str. 11, 97688 Bad Kissingen
Telefon/Fax: 0971/36 08; 0971/601 40
E-mail/Internet: GC-KG@t-online.de/golfclubbadkissingen.de
Gründungsjahr: 1910
Platz: 18 Löcher; Par 72, Herren (gelb) 5.699 m, Slope 125, CR 69,7, Damen (rot) 5.032 m, Slope 126, CR 71,6
Greenfee: 35 Euro wochentags, 40 Euro Wochenende und Feiertage; Anmeldung sinnvoll; VcG-Spieler: ja.
Trolley: 5 Euro; Cart: 20 Euro 
Gastronomie: Das italienische „Ristorante da Carlo“ gehört zum Golfclub, ist aber auch ein öffentliches Lokal, besonders beliebt bei Wanderern. Von der großen Aussichtsterrasse überblickt man die Löcher 1, 10, 13 und 18.
Hotelempfehlung: Steigenberger Hotel Bad Kissingen,
Am Kurgarten 3, 97688 Bad Kissingen, Tel. 0971/80 41-0, www.bad-kissingen.steigenberger.de, bad-kissingen@steigenberger.de, Entfernung: 10 Kilometer, Golfpackages inkl. zwei Greenfees und Casino-Eintritt ab 304 Euro.
Anfahrt: Von Süden kommend die A7 Richtung Kassel, Ausfahrt Bad Kissingen, auf die B287 Richtung Bad Kissingen, nach 10 km Ausschilderung Golfplatz folgen; von Norden kommend die A7 Richtung Ulm, Ausfahrt Bad Kissingen, auf die B286 Richtung Bad Kissingen, an der dritten Ampel links, Beschilderung Golfplatz folgen.

GOLFmagazin-Bewertung*
Platz: 4    Clubhaus: 4    Service: 4    Gastronomie: 4

                        Gesamt: 4 Bälle

*Platznote doppelt gewichtet, es gibt maximal 6 Bälle.