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Butch Harmon: Von den Stars lernen!

Über gut drei Jahrzehnte hatte ich das große Glück, phänomenale Spieler coachen zu dürfen. Von denen ich auch viel gelernt habe: Den Rhythmus von Fred Couples, das Kurze Spiel von Phil Mickelson, das Gefühl für den Ball von Severiano Ballesteros oder die pure Willensstärke von Tiger Woods.

Wann immer ich mit Spielern arbeite, die ihre ganz eigene Art haben, an Dinge heranzugehen, möchte ich wissen, wie sie es tun. Ich frage sie, was sie denken, was sie fühlen! Auch dadurch habe ich gelernt, wie ich mit Menschen umgehen kann. Wann sie Zeit für sich brauchen, wann ich sie triezen muss oder wann sie einfach nur eine Umarmung brauchen. Ich bringe den Menschen kein Golf bei. Ich bringe ihnen bei, Golf zu spielen.“ Im Umkehrschluss habe ich dabei selbst eine Menge gelernt, wofür ich sehr dankbar bin.

Tiger Woods – Keine Chance

In den zehn Jahren, in denen ich mit Tiger seit 1993 zusammengearbeitet habe, habe ich schnell gelernt, wie ich ihn besonders motivieren kann. Ich habe ihm einfach gesagt, dass er etwas nicht kann! Wenn er bei einem Mitspieler etwas im Schwung sah, das ihm gefiel, sagte ich: „Das ist nichts für dich! Das würde sehr lange dauern.“ Das Resultat? Tiger trainierte sich die Finger wund, um mich vom Gegenteil zu überzeugen. Meistens gelang es ihm.

Väterlicher Freund: Butch Harmon übernahm Tiger, als der noch 17 und Amateur war. Aus Woods wurde der bisher erfolgreichste Spieler des 21. Jahrhunderts.

1998 bei der Mercedes Benz Championship in La Costa standen wir auf der Range, um an seinem Fade mit den langen Eisen zu arbeiten. Es wollte nicht klappen und er fing an, die Geduld zu verlieren. Da entdeckte ich ein Loch im Zaun, wo das Rangecart immer wieder hindurch fuhr, gut 220 Meter von uns entfernt. „Ich wette 100 Dollar, dass du das Loch im Zaun mit deinem Fade nicht triffst. Du hast fünf Versuche,“ sagte ich. Er legte sich den Ball zurecht, fokussierte sich in Tiger-Woods-Manier und beförderte den Ball in einer perfekten Links-rechts-Kurve durch das Loch im Zaun.

Volltreffer beim ersten Versuch! Die 100 Dollar taten mir nicht weh, weil wir einen tollen Fortschritt gemacht hatten. Manchmal kann eine kleine Herausforderung auch bei den besten Golfern der Welt Wunder bewirken.

Dustin Johnson – Selbsterkenntnis

Dustin schlug früher feuerballartige, hohe Draws mit dem Driver; er konnte den Ball vom Planeten hooken. Auf der Range trainierte er auch Fades, falls er diese mal brauchen würde. Ich brachte ihm die alte Nickaus-Variante des Fades bei: Man richtet das Schlägerblatt in Richtung Ziel aus, der Körper ist nach links gerichtet, und man schwingt entlang der Körperlinie.

Dustin schlug kontrollierte Fades richtig weit. Ich wusste, dass dies sein sicherster Schlag sein könnte, wollte aber nichts erzwingen. Vor drei Jahren sagte er: „Ich bekomme die Drives mit dem Fade sicherer aufs Fairway. Warum schlage ich sie nicht immer so?“ Bingo!

Heute ist Dustin mit seinem Fade ein Ass vom Tee. Wenn er ihn gut trifft, kann ihn keiner schlagen. Was ich dabei gelernt habe?  Manchmal muss man die Saat legen und den Spieler die Ernte erkennen lassen. Wenn der Erfolg aus der eigenen Idee entsteht, ist das ein wahres Glücksgefühl!

Phil Mickelson – Weniger ist mehr

Unsere Zusammenarbeit begann 2007. Was mir gleich auffiel: Bei seinen kurzen Schlägen aufs Grün spielte Phil den Ball entweder ganz weit vorn im Stand oder hinten, aber niemals von der Mitte.

Butch Harmon lernte auch von Mickelson

Ich bin ein Verfechter davon, den Pitch von der Mitte des Stands zu schlagen. So kann man den Loft Stück für Stück erhöhen und auf die gleiche Art und Weise wieder zurücknehmen. Phil hat eine Million verschiedene Schläge, aber der Ball liegt immer vorn oder hinten; nichts dazwischen.  Die vordere Position erlaubt es ihm, den Schläger unter den Ball zu führen, sodass der eine höhere Flugbahn bekommt. Die hintere Position sorgt für einen flachen Spinner.

Ich testete Phils Taktik bei einigen meiner Amateure und stellte schnell fest, dass zwei Ballpositionen einfacher zu lernen waren. Also lehre ich heute sehr oft genau diese Methode. Klar hilft es, wenn ich dabei sagen kann, dass es Phil Mickelson genau so macht …

Seve Ballesteros – Stärken und Schwächen erkennen

Seve bat mich 1995, nach Spanien zu kommen. Ich traf einen begnadeten Gefühlsspieler, der in der Idee, einen mechanisch perfekten Schwung auszuführen, total blockiert war. Ich versuchte, ihm den Druck zu nehmen, aber er war zu sehr auf die Technik versteift.

Seve Ballesteros († 2011) war einer der gefühlvollsten Spieler der Welt.

Irgendwann, aus Frustration, stellte ich mich einige Meter vor ihn: „Ich sage dir jetzt, welchen Schlag ich sehen will, und du schießt über mich!“ In seinem Dialekt antwortete er: „Bootch, ich werde dich umbringen!“ Schließlich aber willigte Seve ein. Also hob ich meine rechte Hand und wünschte mir einen Fade. Und so passierte es. Danach hob ich meine linke Hand und forderte einen Draw. Auch das gelang ihm. „Schlag nun einen Ball direkt über meinen Kopf.“ Gesagt, getan!

Diese Methode hatte ich von meinem Vater (Claude Harmon, Masters-Champion 1948;Anmerkung der Redaktion) gelernt. Man muss herausfinden, welche die natürliche Bewegung eines Spielers ist. Ich sehe so viele, die gegen ihre Instinkte ankämpfen und etwas werden wollen, was sie nicht sind. Finden Sie heraus, was Sie gut können, und arbeiten Sie genau daran!

Fred Couples – Locker bleiben

Als ich 2003 die Zusammenarbeit mit Fred begann, war er bereits seit 20 Jahren auf der Tour. Nun mit ihm auf der Range zu stehen, war eine faszinierende
Erfahrung. Dieser lange, flüssige Schwung im perfekten Rhythmus. Bei ihm wollte ich vorrangig wissen, wie er seinen halben Wedgeschlag macht.

Der sehr rhythmische Schwung von Fred Couples gilt als vorbildlich.

Freddies Schwung wirkt im Gegensatz zu meinen Wedge-Schlägen so entspannt, fast schon gemütlich. Auch bei den Wedges hat er seine Routine: Erst einige entspannte Schwünge, bei denen er leicht den Boden berührt,  dann ausrichten, den Körper in die richtige Position zum Ball bringen und los!

Sein Schwung sieht immer einfach und entspannt aus, er streift nur über den Rasen und schlägt selten ein großes Divot.  Nachdem ich mit Fred ein paar Jahre gearbeitet hatte, dachte ich
bei einem 30-Meter-Schlag: Mach es wie Freddie! Diesen Gedanken vermittele ich auch meinen Schülern. Wenn ich sie vor einem halben Wedge-Schlag schwitzen sehe, sage ich: „Gib mir einen Fred Couples!“

José-Maria Olazábal – Im Viereck stehen

Ich habe José-Maria Mitte der 90er-Jahre kennengelernt und sah ihn Tag und Nacht an Pitches und Chips feilen. Er ist einer der Besten, die ich jemals gesehen habe. Er spielt seine Bälle mit viel Backspin, weil er sein Handgelenk auf eine einzigartige Weise anwinkelt. Dadurch wird der Treffmoment noch knackiger.

José-Maria Olazábal lernte sehr viel von seinem Freund Ballesteros.

José-Maria macht bei kurzen Schlägen etwas Simples, das jeder ’mal probieren sollte: Er spielt von einer Art Viereck, auch geschlossener Stand genannt. Eigentlich lehren viele das Gegenteil, damit man die Linie besser sehen oder die Flugkurve besser beeinflussen kann. Aber das ist gar nicht der Fall. Als ich José-Maria zum Viereck-Stand ausfragte, erklärte er, dass das hintere Bein beim Durchschwung automatisch im Weg steht, man den Schläger instinktiv vom Körper wegbewegt und so von außen an den Ball kommt.

So hatte es mir niemand zuvor erklärt, aber es klang plausibel. Dieser Tipp hat auch meine  Methode verändert: Seitdem gibt’s bei mir das Annäherungsspiel nur noch mit dem Viereck-Stand.

Greg Norman – Geduldig bleiben

Es war 1991, als meine Zeit mit Greg Norman begann; kurz vorher hatte er die Spitze der Weltrangliste an Nick Faldo abgegeben. Bei Greg hatte sich ein kleiner Makel in den Schwung gemogelt. Er schob seine Hüfte beim Durchschwung so weit zum Ziel, dass der Schläger hinter ihm zum Boden kam. Das wiederum verursachte manchmal eine Blockade der rechten Seite. Ich wusste, dass wir ihn dazu bringen mussten, früher mit der Hüfte zu rotieren.

Mit Butch Harmons Hilfe wurde Greg Norman wieder die Nr.1 der Welt

Greg ist der konzentrierteste Spieler, den ich kenne. Wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, ist er unermüdlich und gibt alles. Das war zum Teil zermürbend, aber zwei Jahre später war er wieder die Nummer 1! Was ich von Greg gelernt habe: Gute Spieler können körperlich fast alles umsetzen, und das in einem sehr transparenten Prozess.

Jimmy Walker – Die Kreativität fördern

Jimmys Vater war ein sehr guter Golfer und hat ihm als Kind gesagt, er solle mit dem Wedge, das den stärksten Loft hatte, so viele Bälle wie möglich im Garten schlagen. Ein einfacher, genialer Ratschlag, ist er doch der Grund für Jimmys Fähigkeit, mit demselben Schläger verschiedene Situationen zu meistern.

Jimmy Walker hat seine Lieblingsschläger, die er häufig einsetzt.

Als wir vor sechs Jahren zusammenkamen, nahm Jimmy sein 60-Grad-Wedge für fast alle Schläge rund ums Grün.  Ich hingegen wuchs damit auf, alle Schläger von Sandwedge bis 5er-Eisen zu verwenden. Aber als ich Jimmy mit nur einem Schläger sah, fielen mir die Worte meines Vaters ein: „Lass die Dinge in Ruhe, die ein Spieler gut macht.“

Wenn ich heute Spieler unterrichte, die einen Schläger besonders lieben, dann lass ich sie damit spielen. Mal wieder ein Beweis dafür, dass es für Golf kein finales Lehrbuch gibt. Was funktioniert, funktioniert!

Rickie Fowler – Über den Boden gleiten

Rickie und ich arbeiten seit 2014 an seinem vollen Schwung. Ich hatte dazu immer bewundert, wie er seine Pitch-Schläge „anschnippelt“ –gerade aus schweren Lagen. Dann zeigte mir Rickie, wie er das Schlägerblatt unten lässt, sodass er im Treffmoment den Boden streift, anstatt auf den Ball einzuschlagen. Bei seinem Setup hat er die Hände direkt über dem Ball und kehrt im Treffmoment genau zu dieser Position zurück.

Rickie Fowler hat seine ganz eigene Technik für kurze Pitches.

Ich übte diese soften, kleinen Schläge und liebe das Konzept noch heute: Den Ball von der Sohle rutschen zu lassen ist sehr viel einfacher, als zu versuchen, das Schlägerblatt direkt hinter dem Ball fallen zu lassen. Probieren Sie es aus!