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David Feherty: Zwischen Lachen und Weinen

Im Sommer 2006, bei einem Show-Match zwischen Tom Watson und Jack Nicklaus auf Prince Edward Island, kam der Wendepunkt in seinem Leben. „Tom Watson kam zu mir und sagte: ,Du siehst nicht gut aus.‘ Natürlich hatte er Recht. Abends traf ich ihn erneut und fragte: Tom, wie meinst du das? Und er antwortete: ,Es ist, als ob ich in einen Spiegel gucke und mich ein paar Jahre zurückversetze.‘“ Das war der entscheidende Moment für David, etwas in seinem Leben zu ändern. Tom gab ihm die Adresse der Anonymen Alkoholiker in Dallas, und obwohl David es terminlich kaum schaffte, ging er jeden Tag dorthin, um sich therapieren zu lassen.
Bis der Tag kam, an dem er den Termin sausen ließ. Normalerweise fuhr David mit dem Fahrrad zu den Sprechstunden. Damals, so erinnert sich Feherty, war er gerade in McKinney, rund 50 Kilometer nördlich von Dallas, als er Anita anrief. „Hol mich bitte ab, ich fühle mich in dieser Gruppe nicht wohl. Und ich möchte das lieber mit mir allein ausmachen.“
Anita wusste, dass David nur in einer Gruppe klarkommt, wenn er selbst die Rahmenbedingungen schaffen kann. Er war jetzt an einem Punkt angelangt, wo er wieder einen klaren Blick hatte. „Das Fahrradfahren wurde jetzt seine Sucht, glücklicherweise“, sagt Anita. Feherty stand vor Sonnenaufgang auf, fuhr los, mehrere Stunden lang, trank Kaffee mit Freunden und kam dann erschöpft nach Hause. Nüchtern. Das war die gute Seite.
Die Kehrseite der Ausfahrten war, dass er dreimal angefahren wurde. Beim ersten Unfall wurde sein linker Arm so verletzt, dass er mit dem Golfspielen aufhören musste. Der dritte zwang ihn leider, das Fahrradfahren aufzugeben. Aber letzten Endes war er trocken. Und wenn sie sieht, dass David auf die dunkle Seite gezogen werden könnte, würde sie Tom Watson anrufen. „David hat so hart gekämpft, physisch und psychisch, Hut ab“, sagt Watson heute. Seit 2007, als sie gemeinsam in den Irak reisten, um die stationierten US-Truppen dort mit einer Golf-Show zu unterhalten, sind sie enge Freunde. 

© Golf Digest

Als David Feherty im Jahr 2010 amerikanischer Staatsbürger wurde, war Watson einer der Freunde, die zu dieser Feierlichkeit extra anreisten. 2016, nachdem Watson seine letzte Runde beim US Masters gespielt hatte, feierten Watson und seine Familie eine Party mit etwa 60 Freunden. Der Star des Abends war Feherty. „Ich war ganz unten und konnte mir nicht vorstellen, jemals aus diesem Loch wieder herauszukommen. Und dann war plötzlich Tom da und reichte mir seine Hand“, ist sich Feherty der Bedeutung von Watsons Hilfestellung bewusst. Der erste Adressat, dem David seine Suchtprobleme anvertraut, ist – er selbst. Er nimmt 14 Pillen am Tag, sieben davon sind Psychopharmaka, die in erster Linie gegen Depressionen, bipolare Störungen und Psychosen wirken. „Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht ein bisschen in eine Depression eintauche“, gesteht er. „Und manchmal bin ich den ganzen Tag über niedergeschlagen. Seit dem Tod von Shey ist es wieder schlimmer geworden. Manchmal fange ich einfach an zu weinen und kann nicht aufhören“, gibt er offen zu. „Doch ich liebe wieder das Leben, und ich könnte momentan nicht glücklicher sein.“ 2015 verlässt er CBS und unterzeichnet einen Vertrag beim Golf Channel. Dieser beinhaltet die Ausstrahlung von 16 Shows „Feherty“. Der Vertrag mit NBC ist gut dotiert, wobei das Geld nicht ausschlaggebend war. Viel mehr interessierte ihn die Beschäftigung mit Neuem, der Kommentierung nicht nur von Golfturnieren, sondern auch der Olympischen Spiele. Nicht verschweigen möchte David allerdings, dass er es in seinem Alter schätzt, in einem Studio zu sitzen und nicht mehr den Golfspielern hinterherlaufen zu müssen.

„Wenn ich eine Woche zu Hause bin, fange ich an, unruhig zu werden. Ganz wichtig ist, dass ich meine Arbeit liebe. Auch die auf der Bühne“, sagt Feherty. Dabei übertreibt er nicht. „Ich sehe, wie er auf der Bühne agiert“, sagt Anita. „Und ich sehe auch, wenn er unsicher wird. Er hat manchmal wirklich Angst, sich zu öffnen, den Fokus zu verlieren, aber dann ist er am besten, authentisch, glaubwürdig.“ Der Abend in Atlanta neigt sich dem Ende zu, eine letzte Frage wird gestellt. „Wie sieht dein Traum-Vierer aus?“ – „Jack Nicklaus sollte auf jeden Fall mitspielen“, entgegnet David wie aus der Pistole geschossen. „Er ist der größte Akteur meiner Zeit, mit dem ich nie gespielt habe. Annika Sørenstam. Auch mit ihr habe ich nie gespielt. Ich erinnere mich noch gut an ihren perfekten ersten Abschlag beim Colonial im Jahr 2003, als sie auf der PGA-Tour aufteete.“ David macht eine Pause. „Und mein Vater sollte dabei sein. Ich hätte gern eine letzte Runde ihm gespielt.“ Seine Stimme versagt. Emotionen überwältigen ihn. „Das passiert mir jedes Mal, wenn ich von ihm spreche“, sagt David Feherty später. Billy Feherty starb im November 2016 im Alter von 91 Jahren. Er hatte Alzheimer. „Ich vermisse ihn“, sagt sein Sohn an diesem Abend. Und lächelt bei dem Gedanken an seine Kindheit. „Man sagt, Humor sei der sechste Sinn der Iren. Als Kind habe ich erfahren, dass dich gute Laune und Fröhlichkeit schützen können. Ich litt am ADHS-Syndrom und hatte ein Aufmerksamkeitsdefizit. Ich hatte nur schlechte Noten, außer in Mathe und Musik. Mein Humor aber hat die Leute davon abgehalten, mich für dumm zu halten, er war für mich wie eine Schutzmauer. Ohne ihn … ich weiß nicht, wo ich jetzt wäre oder was ich machen würde.“ Und das ist kein Witz, hier und heute auf der Bühne.