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Martin Kaymer gewinnt die PGA Championship 2010

Martin Kaymer ist kein normaler Profi mehr. Mit dem Triumph bei der US PGA Championship, seinem ersten Major, katapultierte sich der 25-Jährige endgültig unter die besten Golfer der Welt. Vielleicht ist er ja bald sogar der beste!

Martin Kaymer haut seine Sprüche genauso raus wie seine Schläge … kraftvoll, präzise, mit klar definierten Zielen – und einer verblüffenden, ganz ungewöhnlichen Ruhe. Wenn er zum Beispiel davon spricht, „die Nummer eins zu werden“, ist das inhaltlich eine glasklare Kampfansage an die restliche Weltspitze und deren noch amtierenden Vorsitzenden Tiger Woods. Vom Tonfall aber könnte man meinen, Martin bestelle sich eben mal ein Glas Wasser – ohne Kohlensäure, weil das mit den Blubbern zu viele Wellen schlagen würde.

Martin Kaymer, 25 Jahre jung und seit Mitte August US PGA-Champion, gehört zu den ganz Ruhigen im großen Golfland. Die beiden schüchternen Fäuste, die er nach dem entscheidenden Putt im Stechen gegen Bubba Watson ballte, wären auch beim Monatsbecher in Oberursel kaum aufgefallen. Das kurze Glücksgrunzen auf dem 18. Grün von Whistling Straits kam von Martins ame-rikanischer Freundin Allison, die ihm um den Hals gefallen war. Kaymer: „Auch wenn ich nach außen ganz cool gewirkt habe, war das alles natürlich sehr aufregend.“

Bubba Watson gratuliert Kaymer zum Sieg im Stechen. (Photo by Sam Greenwood/Getty Images)

Der Sieg in drei Akten

Das alles, Teil I: Mit einer unglaublichen Ruhe hatte Kaymer den Ball auf dem 72. Grün aus acht Metern ins Loch gerammt, um das Stechen zu erreichen.

Teil II: Ohne größere Regung hatte er registriert, dass sich der bis dahin führende Dustin Johnson mit einem Anfängerfehler auf der letzten Bahn (der Amerikaner hatte im Bunker sein Eisen aufgesetzt!) selbst aus Play-off und Penunze geschossen hatte. Kaymer: „Das wünscht man niemandem. Für mich aber war es in dem Moment nicht entscheidend, ob ich gegen einen oder zwei antreten muss.“

Dustin Johnson hatte seinen Schläger an der 18 im Bunker aufgesetzt, dafür Strafschläge kassiert – und das Stechen um eben diese beiden Schläge verpasst (Photo by Andy Lyons/Getty Images)

Teil III: Eiskalt zermürbte Kaymer den sechs Jahre älteren Watson auf der letzten der drei Play-off-Bahnen. Nachdem Bubbas Annäherung im Bach vor dem 18. Grün baden gegangen war, (re)agierte Kaymer, der seinen Drive ebenfalls ins Rough geschlagen hatte, wie aus dem Strategie-Lehrbuch: sicherer Pitch aufs Fairway, ein sauberes Eisen 7 auf zwei Meter an die Fahne. Kaymer: „Ich war überrascht, dass Bubba aus der schlechten Lage und mit mehr als 200 Metern angegriffen hat. Als sein Ball im Wasser landete, war klar, dass er nicht besser als Bogey spielen würde. Und ich wusste, dass ich nach einem guten dritten Schlag noch die Chance aufs Par haben würde.“

Die hatte er. Dass Kaymer sie nicht nutzte, schadete nicht, weil Watson einen weiteren Bunker und mit dem Doppelbogey sein jähes Ende fand. Dasselbe galt für Watsons Etikette: „Ich gehöre nicht zu den Spielern, die vorlegen. Ich greife immer an, auch bei Major-Turnieren.“ Für diese Art Vollgasgolf schätzen wir den smarten Linkshänder aus Badgad/Florida (die Stadt heißt wirklich so) auch sehr. Rund 300 Meter konnte Bubba bei der PGA Championship nach den Abschlägen marschieren, bis er wieder zu seinem Ball kam – Platz 1 unter den Longhittern. Nur: Lang ist ja nichts alles und Bolzen nicht zwingend die beste Strategie.

Kaymer bald die Nummer 1?

Kaymer dagegen spielt mit 25 Jahren so routiniert und taktisch klug, als könne er auf ein früheres Leben als Weltklassepro zurückblicken. Kein anderer kam auf dem bunkerdurchsiebten Platz am Lake Michigan mit nur sechs Bogeys über die vier Runden, konnte seine Strategie so konsequent umsetzen. Kaymer: „Ich wollte hohe Scores und dumme Fehler vermeiden. Mein Ziel war es, an jedem Loch die Chance auf ein Birdie zu haben, um dann im schlechtesten Fall ein Par zu spielen. Ich wollte mein Golf durchziehen, die Atmosphäre genießen.“ Das tat er genau so, wie es seine Art ist: still!

Martin Kaymer bei der Schlusskonferenz mit der Wanamaker Trophäe der PGA Championship (Photo by Stuart Franklin/Getty Images) *** Local Caption *** Martin Kaymer

Immerhin ließ er anschließend noch dieses raus: „Ich habe Gänsehaut, wenn ich nur darüber spreche. Ich kann es noch gar nicht fassen, nach nur vier Jahren auf der Tour mein erstes Major gewonnen zu haben. Ich hoffe, dass dies der erste von noch vielen Titeln war.“ Darauf können Sie wetten!

Kaymer ist erst der zweite deutsche Majorsieger nach Bernhard Langer. Als der im vergangenen Jahrtausend sein erstes US Masters gewann (April 1985), lag Klein-Martin auf der Krabbeldecke und freute sich seiner gut drei Monate.
Als Langer acht Jahre später zum zweiten Mal in Augusta triumphierte, hatte Kaymer sein Talent nicht nur als Golfer, sondern auch als Fußballer entdeckt. Das führte den Stürmer später bis in die Niederrhein-Auswahl – und zur Frage, welcher Sport es auf Dauer denn sein solle. Kaymer entschied sich für Golf, weil er keine Lust hatte, auf dem Weg nach ganz oben von Trainern und Mitspielern abhängig zu sein.

Auch wenn der Bunker am 3. Grün höher ist als er selbst, kam Rory McIlroy sicher aus dem Sand, locht zum Par. Der Nordire wurde Dritter. (Photo by Andrew Redington/Getty Images)

Beim Golf hat Kaymer schon vor Jahren den Trainer gefunden, der zu ihm passt. Günther Kessler, der in seiner ruhigen und analytischen Art wunderbar zu Martin passt. Kessler respektiert, dass Kaymer Luft und Leine braucht – deshalb erlebte er den Triumph seines Schülers zu Hause vor dem Fernseher. Natürlich haben sich beide inzwischen in Deutschland gesehen, miteinander gearbeitet – allerdings nicht zu viel, denn die entscheidende Vorbereitung auf den Ryder Cup steuert Martin in seiner Wahlheimat Arizona lieber wieder allein.

Auszeit in Jamaika

Ziemlich allein stand Kaymer direkt nach der PGA Championship auch mit der Entscheidung da, mit Freundin Allison erstmal für drei Wochen Urlaub nach Jamaika zu entschwinden. Während die Golfwelt (und nicht nur die) den neuen PGA-Champion sehen und hören wollte, entspannte der sich „im Pool und am Strand“.
Nach ein paar Tagen, als die Nachfragen immer schärfer wurden, packte Kaymer dann doch die Koffer, um an der New Yorker Börse die Eröffnungsglocke zu schlagen oder sich bei der Fachzeitschrift Sports Illustrated so vorzustellen: „Ich bin ziemlich konservativ. Es hilft nicht, sich über einen schlechten Schlag die nächsten zwei oder drei Löcher aufzuregen.

Ich habe diese Lektion schon sehr früh von meinen Eltern gelernt, die mir nicht erlaubten, einen Schläger kaputt zu machen. Bis zu diesem Tag habe ich keinen Schläger zerbrochen.“ Nach diesen und weiteren Auftritten ist Martin Kaymer endgültig im breiteren öffentlichen Bewusstsein Amerikas angekommen.

Mitglied der US-Tour ist die aktuelle Nummer 5 der Weltrangliste dagegen noch nicht, weshalb er bei den Finalturnieren um den FedEx-Cup auch nicht mitspielen durfte! Das wird sich im nächsten Jahr ändern, wie so vieles auf dem vorgezeichneten Weg zur neuen Nummer eins der Welt!