Reise

Reise Alaska – ziemlich abgehoben

Gletscher, Wale, Delfine, Bären – daran denkt, wer über Alaska spricht. Neben seiner berauschenden Natur aber bietet der nördlichste aller US-Bundesstaaten auch eine bemerkenswerte Golfplatzdichte. Das Beste: Im Sommer kann man hier, in der Nähe des Polarkreises, rund um die Uhr spielen!

Flughafen Fairbanks, gegen Mittag. Die junge Dame am Check-in der Condor legt die sonst so glatte Stirn in zarte Falten, nachdem ich mein Travelcover aufs Band gewuchtet habe. Dann traut sie sich: „Was haben Sie denn da? Golfschläger? Damit ist hier ja noch keiner aufgetaucht!“ Da stellt sich doch die Frage: „Ja, warum denn nicht?“ Weil bei uns kaum jemand weiß, wie wunderbar man in der Nähe des Polarkreises spielen kann – und das bei Bedarf auch noch rund um die Uhr!

Es geht damit los, dass es in Alaska statistisch mehr Golfplätze gibt als bei uns! 20 sind in der Alaska Golf Association organisiert, mehr als 700 Anlagen im Deutschen Golf Verband. Alaska aber hat auch gerade mal 700.000 Einwohner, und so müssen sich nur 35.000 einen Golfplatz teilen. Bei mehr als 80 Millionen Deutschen liegt diese Quote bei über 100.000!

Halten wir uns nicht mit drögen Zahlen auf. Dafür ist Alaska zu wild, zu vielseitig, zu groß. Wer nur zum Golfen kommt, macht viel falsch. Wer dagegen seine Sinne schärft und das Spiel als Abenteuer-Tour durch eine faszinierende Natur versteht (egal, ob zu Fuß, auf Rädern, dem Boot oder im Flieger), wird wohl keinen vergleichbaren Fleck auf dieser Erde finden!

Kurze Saison

Der einzige Haken: Die Golfsaison dauert zwar, wie bei uns, von Frühling bis Herbst, ist aber knackig kurz. Die Jahreszeiten sind direkt unterm Polarkreis diese: Frühling ist im Mai, wenn es grün wird; Sommer dauert von Juli bis August. September ist Herbst, der Rest Winter. Dann gibt es kaum noch Sonne und Temperaturen bis minus 50 Grad. Wohl dem, dem die Evolution einen langen Winterschlaf ins Genom geschrieben hat…

Der Winter in Alaska ist lang und kalt. Foto: Thomas Metelmann

Am besten, Sie starten direkt nach dem Lesen dieser Geschichte. Juli und August sind die Monate, in denen sich das Land in voller, satter Blüte zeigt; dann stehen auch die Alaskaner unter Dauerdampf und bester Laune. Das gilt genauso für Schneeschuhhasen, Kanadakraniche, rote Eichhörnchen, Elche, Falken, Adler, Raben, Bisamratten, Murmeltiere, Bären, Kojoten, Elche, Karibus und Füchse.

Diese tierische Liste haben wir uns nicht ausgedacht, sondern abgeschrieben – von der Scorekarte des North Star Golf Clubs. Vor jedem Tiernamen prangt ein Kästchen, so dass man ankreuzen kann, welche Tiere man während der Runde gesehen hat; die Box „New Species“ gibt es natürlich auch.

Im hohen Norden

Der North Star liegt in Fairbanks und ist der „nördlichste Golfkurs Amerikas“. Die Anlage ist offen und weitläufig, hier fühlt man sich fast schon als Teil der Natur. Zwischen den 18 Bahnen schießen leuchtend-gelbe Blumenfelder in die Höhe, die Querschläger für immer verschlucken.

Das gesamte Areal liegt auf Permafrost-Boden, der sich gelegentlich selbst als Baumeister betätigt. Das 13. Grün zum Beispiel ist eine Buckelpiste, soll aber mal glatt wie ein Tiefgaragenplatz gewesen sein. Faire Fahnenpositionen gibt es zwei, bei den anderen fahren die Putts Achterbahn. Hier kann man direkt nachvollziehen, wie die immensen Kräfte des Permafrost-Bodens auch die Natur eines Golfplatzes dauerhaft verändern können.

Viele Tiere im North Star GC. Foto: Thomas Metelmann

Je weiter im Norden, desto länger bleibt hier im Sommer das natürliche Licht an, weil die Sonne nur kurz oder gar nicht untergeht. Auf der Webseite des North Star Golf Course kann man deshalb seine Startzeit schon für 4 Uhr morgens buchen; abends ab 22 Uhr geht aber auch noch! Das gilt genauso für den benachbarten Fairbanks Golf Course. Hier haben sie schon 1946 neun interessant geführte Bahnen angelegt, die bestens eingewachsen sind und mit Hingabe gepflegt werden.

Mehr Golfplätze als gedacht

Der beste der acht Plätze, die wird gesehen haben, ist Settlers Bay Golf Course in Wasilla. Eine großzügig dimensionierte Anlage mit 18 höchst abwechslungsreichen Bahnen, geschickt platzierten Bunkern und bestens in Schuss. Wenn es Ihnen hier richtig gut gefällt… gibt es einige Prachtgrundstücke direkt am Platz, die zu haben sind – ob mit oder ohne Villa drauf!

Eine Stunde südlich auf gut ausgebauten Straßen liegt mit dem Anchorage Golf Course die nächste 18-Löcher-Anlage. Auch hier stehen mächtige Fichten so dicht an den Fairways, dass man meint, man spiele in den Wald. Zu den Grüns öffnen sich die Bahnen, geben damit famose Blicke auf den Mount McKinley frei. Bei gutem Wetter; als wir da waren, regnete es am Stück. Der Kurs steckte die Wassermassen besser weg als wir. Zur Freude des Rachens gab es vom Club nach der Runde eine kleine silberne Kiste mit Minzbonbons, die wie Driver geformt sind. Lecker!

Typisch amerikanisch!

Auf dem Kenai Golf Course werden eher Hotdogs und Burger serviert. Hier gibt man sich rustikal und so entspannt, dass sich über Jeans, Netzhemden oder dicke Metallketten an Männerhälsen niemand aufregt. Die Laune jedenfalls ist bei allen bestens, von jedem Flight gibt’s nette Worte oder einen fröhlichen Gruß. Die ersten neun Bahnen laufen relativ eng durch einen Wald. Bei der 3 muss man blind über hohe Bäume abkürzen, auf der 18 mit einem Eisen 5 ablegen, um dann einen längeren Schlag ins Grün zu haben. Das Layout ist hausgemacht, und weil auch der verfügbare Platz beschränkt war, sind eben ein paar wunde Ecken entstanden. Das aber stört hier niemanden; die Einheimischen gucken ja noch nicht einmal hoch, wenn über ihnen Seeadler kreisen.

Der Kenai GC. Foto: Thomas Metelmann

Was durchaus verständlich ist, weil die Kenai-Halbinsel und ihre Fjorde alles an Flora und Fauna bieten, was einem beim Thema Alaska einfallen kann: Wale, Delfine, Otter, Adler, Bären, Elche, Karibus, aber auch Pflanzen wie aus einem bestens sortierten botanischen Garten. Das Beste: All das kann man mit gutem oder interessantem Golf kombinieren. Sei es auf dem Black Diamond Golf Course südlich von Fairbanks oder zwei weiteren 9-Löcher-Kursen auf der Kenai-Halbinsel. Während der Birch Ridge Course ein „normaler“ ist, spielt man auf dem Fireweed Meadows Golf Club von (bei den Abschlägen) und auf Kunstrasen (bei den Grüns). Verblüffend: Die Geschwindigkeit der Grüns lässt sich von recht langsam bis rasend schnell (13 auf dem Stimpmeter) „verstellen“.

Es ist vieles ein bisschen anders beim Golfen in Alaska. Wilder, freier, kreativer! Probieren Sie es selbst. Es lohnt sich!

Informationen über Alaska

Lage: Alaska ist der westlichste und größte Bundesstaat der USA (rund fünfmal so groß wie Deutschland). Der lokale Name „Alaxsxag“ stammt aus dem Aleutischen und bedeutet „Land, in dessen Richtung der Ozean strömt“.

Bevölkerung: In Alaska leben nur gut 700.000 Einwohner, davon knapp 300.000 in Anchorage.

Währung: US Dollar + Kreditkarten aller Art.

Klima: Im Inneren herrscht kontinentales Klima, im Süden ist es gemäßigter und regenreicher; dort fallen die Temperaturen auch im Winter selten unter -10 Grad. Die kurzen Sommer gelten als „mäßig warm“; als wir im Juni dort waren, hatten wir allerdings bis zu 28 Grad!

Golfsaison: Die Clubs öffen spät im Mai und schließen im September/Oktober. Die besten Monate zum Golfen sind Juli und August, weil die Plätze genug Zeit hatten, richtig gut einzuwachsen – da hilft die fast unendlich scheinende Sonne, die Mitte Juni gar nicht untergeht.

Zeitunterschied: 10 Stunden hinter der deutschen Sommerzeit.

Anreise: Condor fliegt im Sommer mehrmals die Woche nonstop von Frankfurt nach Anchorage und Fairbanks. Die Preise beginnen realistisch bei 1.000 € für hin und zurück; Golfgepäck kostet pro Langstrecke 75 Euro extra.

Reisen vor Ort: Mit dem Mietwagen oder, wie die meisten Gäste, mit dem Wohnmobil. Einer der größten Anbieter ist das GoNorth Alaska Travel Center. Chef ist Rolf Meyer, ein umgänglicher Schweizer, der seit mehr als 20 Jahren in Alaska arbeitet, selbst Golf spielt und deshalb neben Land, Leuten und Tieren (fast) jedes Grün kennt.

Weitere Informationen (auch auf Deutsch): GoNorth Alaska Travel Center, Fairbanks, Alaska 99706-147. Internet: www.gonorth-alaska.com