Reise

Ayrshire

In Schottland betritt man als Golfer natürlich alle paar Meilen historischen Boden. Bei den ältesten Clubs etwa beginnt das Gründungsjahr mit der Zahl 17, bei den ältesten offiziell anerkannten Spielorten steht vorne gar die 15. Beim Blick speziell darauf kann der 1851 gegründete Prestwick Golf Club also nicht mithalten, dafür aber gebührt dem Links-Kurs in der Grafschaft Ayrshire ein anderer geschichtsträchtiger, ja, sogar weltweit einzigartiger Ruhm: Hier wurde 1860 zum ersten Mal die Mutter aller Profi-Turniere ausgetragen – die British Open. Nach drei Runden über jeweils zwölf (!) Löcher besiegte ein gewisser Willie Park jenen Tom Morris, der später mit dem Zusatz "Old" zu einer Legende wurde.

Dabei hatte Morris eigentlich einen klaren Heimvorteil: Er grüßte in Prestwick als Platzdesigner und zugleich als Greenkeeper. Wobei der Begriff Design gewiss etwas übertrieben ist, denn auf einem golferischen Urgestein wie hier "entwarf" die Natur nicht nur das Gelände, sondern oftmals auch – mehr oder minder stark – den Verlauf der Bahnen. Die bei heutigen Architekten so verpönten "blinden" Löcher sind deshalb eher Regel als Ausnahme. Selbstverständlich auch in Prestwick. Je nach Rough-Höhe kann hier schon an Tee 1 nichts von der Spielbahn zu sehen sein, weshalb man vorsichtshalber eine Hinweistafel mit einer Skizze angebracht hat.

Früher kamen Golfer mit der Bahn

Sehr gut sichtbar ist dagegen die Railway-Station, direkt neben dem ersten Abschlag, nur durch eine knapp mannshohe Steinmauer abgetrennt. Nicht schön? Mag sein, doch die Eisenbahn gehört in Ayrshire ebenfalls zur Historie. Schließlich mussten einst, während des frühen Golf-Booms in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die honorablen Golfer aus Glasgow ja irgendwie zum Club kommen, also baute man die Plätze in Eisenbahnnähe! Ob Irvine, Glasgow Gailes, Western Gailes oder Kilmarnock Barassie, überall rollt deshalb heute noch die Bahn vorbei.

Und natürlich auch in Royal Troon und Turnberry, den beiden aktuell einzigen British-Open-Schauplätzen in der Grafschaft, die zusammen auf bislang zwölf Austragungen kommen. Prestwick alleine steht dagegen bei 24. Warum damit allerdings nach 1925 Schluss war, und wie Old Tom Morris auf "seinem" Platz doch noch vier Open-Siege holte, das ist übrigens im prächtigen Clubhaus zu sehen, in dem zahlreiche Memorabilia, Bilder und Zeichnungen ausgestellt werden.

Die Plätze im GJ-Test

Alle Platzdaten – Länge, Course-Rating- und Slope- bzw. SSS-Werte – beziehen sich immer auf die Abschläge Gelb und Rot (oder auf die entsprechen- den Tees bei anderer Farbgebung, wie etwa in den USA). Der Maximalwert für GJ-Score beträgt 100 Punkte, die Höchstwerte für die einzelnen Kriterien stehen rechts in der Tabelle. Mit GJ-Index wird das Preis-Leistungs-Verhältnis ausgedrückt: 1,0 bedeutet angemessen; je höher dieser Wert über dieser Marke liegt, desto mehr bekommt der Golfer für sein Geld.

Prestwick Golf Club

Kein Zweifel, Links-Liebhaber und/oder technisch versierte Spieler werden von diesem golferischen Urgestein – spätestens auf der zweiten Runde – begeistert sein. Für alle anderen jedoch gibt’s eine sportliche und historische Lehrstunde. Denn Prestwick ist wirklich höllisch schwer. Auf dem Platz findet sich außer den Abschlägen kaum ein ebener Fleck, eine Reihe von blinden Löchern, viele, teils furchterregende Bunker, und die brutal ondulierten Grüns hängen manchmal wie eine Skipiste. Aber so ist das halt, wenn statt Bulldozern vor allem Mutter Natur als "Shaper" im Einsatz war.

Und das sieht und spürt man übrigens noch heute: Sieben der Grüns liegen am selben Ort wie 1851, auch der monströse "Cardinal Bunker", Namensgeber für Bahn 3, wartet hier seit 162 Jahren auf zu lange Drives oder verhunzte zweite Schläge. An Loch 5, dem 206 Yards langen Par 3 namens "Himalayas", liegt die Putt-Fläche unsichtbar hinter einem sehr hohen Graswall und wird zudem von sechs Bunkern verteidigt. Auch Bahn 17 heißt zu Recht "Alps", denn so viele Hügel wie hier findet man normalerweise nur im Gebirge. Der letzte dieser "Höhenzüge" versperrt dann frontal das Fairway und die Sicht aufs Grün – doch geschenkt, das ist eben Links-Golf pur.

Prestwick Golf Club

GJ SCORE: 76

Index: 0,64

ANSPRUCH 21 von 24
ZUSTAND 11 von 12
DESIGN 19 von 24
KULISSE 11 von 20
SERVICE 9 von 15
BONUS 5 von 5

Prestwick, KA91QG29
2 Links Road
Tel. 01292/47 70 04 
prestwickgc.co.uk
18 Löcher, Par 71/74 
6.544/5.549 Yards 
SSS 73/74 
Greenfee: 130 Pfund, Sa/So 155 Pfund

Kilmarnock Barassie Golf Club (Barassie Links)

1887 mit neun Löchern gestartet, zog der Club sieben Jahre später auf ein größeres Gelände, und das lag, klar, an der Bahnlinie. Neun Spielbahnen von damals werden heute zusammen mit den 1997 erbauten Löchern zum Kurs Barassie Links kombiniert. Warum dieser u.a. schon als herausfordernd genug fürs "Final Qualifying" der British Open befunden wurde, merkt man insbesondere an zwei Dingen: der kernigen Bebunkerung mit meist sehr steilen Wänden und den stark ondulierten Grüns. Diese hängen oder wellen sich stets irgendwo hin, sind aber sehr treu.

Ein Unterschied zwischen alten und neuen Löchern ist dabei nicht feststellbar, der zeigt sich vielmehr bei den langen Schlägen: Die jungen Bahnen 3 bis 12 sind viel stärker dem Wind ausgesetzt, weil es hier kaum Bäume gibt. Für die gesamte Runde gilt übrigens die eindringliche Warnung "Stay out of the rough!", denn hier haben Ginsterbüsche und Heidekraut einen ekelhaft dichten Score-Killer erschaffen. Davon einmal ganz abgesehen, bietet auch der Platz selbst Aufgaben genug. Typische Beispiele dafür sind etwa Loch 3, ein strammes Par 4, dessen Grün zum davor liegenden Bach abfällt, oder die Nummer acht, ein Par 5 mit doppeltem Dogleg.

Kilmarnock Barassie Links Golf Club (Barassie Links)

GJ SCORE: 69

Index: 1,10

ANSPRUCH 18 von 24
ZUSTAND 10 von 12
DESIGN 19 von 24
KULISSE 11 von 20
SERVICE 8 von 15
BONUS 3 von 5

Barassie, KA10 6SY
29 Hillhouse Road
Tel. 01292/31 39 20 
kbgc.co.uk
18 Löcher, Par 72/75 
6.544/5.549 Yards 
SSS 72/76 
Greenfee: 60 Pfund, Sa/So 70 Pfund

Dundonald Links

Überraschung, hier gibt’s einige Wasserhindernisse! Anders als bei klassischen Links-Layouts, ziehen sich durch diese moderne Interpretation von Kyle Phillips tückische Gräben, die ein paar Mal direkt vorm Grün lauern. Ferner sind die Fairways recht breit und immer gut einsehbar, dazu kommen vergleichsweise viele Doglegs. Dass Dundonald Links trotzdem zu Recht so heißt, dafür sorgen der von der Küste her blasende Wind, tiefes Dünengras-Rough, viele Hügel und Senken. Und natürlich die Topfbunker, die mitunter – beispielsweise an Loch 11 – bedrohliche Ausmaße haben.

Unangenehm, wenn da ein bereits auf dem Grün gelandeter Ball hineinrollt, doch das ist leider gar nicht so selten: Die Putt-Flächen sind kräftig onduliert und oft abfallend, haben verschiedene Level sowie unterschiedlichste Formen und Tiefen. Etwas störend: Mehr Dampf als die in Ayrshire allgegenwärtige Eisenbahn speit eine Papiermühle in die ansonsten schöne Landschaft, zudem besitzt der zum noblen Loch Lomond GC gehörende Platz nur ein provisorisches (aber immerhin funktionelles) Clubhaus. Doch hier wurde das Geld eben in ein paar starke Bahnen zu Beginn (z.B. 1, 3, 6, 7) und ein großartiges Schluss-Trio gesteckt.

Dundonald Links

GJ SCORE: 70

Index: 0,81

ANSPRUCH 15 von 24
ZUSTAND 11 von 12
DESIGN 19 von 24
KULISSE 12 von 20
SERVICE 11 von 15
BONUS 2 von 5

Gailes, KA11 5BF
Ayr Road
Tel. 01294/31 40 00 
dundonaldlinks.com 
18 Löcher, Par 72
6.340/5.560 Yards 
CR 71,7/73,4, Slope 135/131 
Greenfee: 95 Pfund (Twilight: 50 Pfund)