Reise

Platztests Slowenien

Was für ein kleines, feines Land: randvoll mit imposanten Schlössern und barocken Klöstern, gotischen Wallfahrtskirchen und mittelalterlichen Städtchen. Hier befinden sich sowohl die älteste Weinrebe als auch das älteste Gasthaus und die älteste Apotheke der Welt. Und doch wird man Slowenien nicht gerecht, wenn man nur in die Vergangenheit schaut: Kein Land aus dem Zehner-Block, mit dem sich die EU 2004 nach Süden und Osten erweiterte, stiefelt mit gewaltigeren Schritten in Richtung Zukunft.

Der Staat existiert erst seit 1991 und ist ein winziger Fleck, gerade mal so groß wie Hessen. Die Hauptstadt Ljubljana hat so viele Einwohner wie Braunschweig; Insgesamt leben zwei Millionen Menschen in dem schönen Landstrich zwischen Italien, Ungarn, Österreich und Kroatien. Doch mag Slowenien auch klein sein, Sport wird hier ganz groß geschrieben. Schon zwei Mal (2002 und 2010) war die Fußballnationalmannschaft bei einer WM dabei, als kleinstes Land aller Teilnehmer. Zudem verfügt der potente Winzling auch über Weltklasse-Basketball- und Volleyballteams und schickt immer wieder herausragende Skirennfahrer auf die Pisten. Eigentlich kann es nur eine Frage der Zeit sein, bis auch Slowenien seinen Martin Kaymer hervorbringt.

Trotz der kommunistischen Vergangenheit der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik hat Golf hier Tradition; schon seit 1937 wird im ehemaligen k. u. k. Kurort Bled abgeschlagen. Mittlerweile fanden auf dem Platz bereits die Amateur-Weltmeisterschaften und Turniere der Challenge Tour statt. Auffallend viele junge Menschen golfen, und auch der Frauenanteil ist relativ hoch.

Das Örtchen Bled selbst wirkt wie die Kulisse einer Wagner-Oper, mit einem romantischen See und einer Wallfahrtskirche mittendrin; am hohen Klippenufer thront eine Burg, die dem Märchenkönig Ludwig II. sicher gut gefallen hätte. Selbst die Schwäne fehlen nicht. Das Klima ist mild, denn die Karawanken und die Julischen Alpen halten die kalten Winde fern; von Mai bis September kann im See gebadet werden. Wenn Tito hochrangigen Besuch aus dem Ausland bekam, fuhr er gern hierher, um seinen Staatsgästen die Schönheit Jugoslawiens zu zeigen. Die Hotels am Ufer bemühen sich um West-Standard, und die Sport- und Shopping-Möglichkeiten sind ganz nach dem Geschmack der Touristen und Einheimischen. Natürlich gibt es auch hier ein Spielcasino – wer gern abseits des Platzes zockt, ist in Slowenien goldrichtig.

Auf dem Weg zum Ziel für verwöhnte Europäer

Die Hauptattraktion des Landes sind keine Schlösser, keine Burgen, kein Berg. Sondern die Spielcasinos in Portoroz, in Bled und vor allem in Nova Gorica. Deutsche, Österreicher, Italiener und vor allem die Slowenen selbst lassen es im "Perla" in Nova Gorica, dem größten Casino Europas, an mehr als 500 Einarmigen Banditen und 50 Roulettetischen richtig krachen. Zurück zu Bled: Einiges ist noch zu merken von der kommunistischen Vergangenheit. Am Ortseingang etwa steht das Hotel Krim, das so aussieht, wie es klingt. Manchmal wirkt das Ambiente wie in Spionagefilmen, die in unwirtlichen Ostblock-Orten spielen. Doch überall wird gebastelt, gebaut und restauriert.

Bled ist dank der Märchenkulisse, der touristischen Infrastruktur und des hochklassigen Golfplatzes auf dem besten Weg, ein Ziel für verwöhnte Europäer zu werden. Die mediterrane Milde, der abblätternde Glanz einer vergangenen Epoche und der Aufbruch in eine neue Zeit – all das findet sich an der Küstenlinie des Bleder Sees. Der übrigens bequem in zwei Stunden zu Fuß zu umrunden ist. Vorbei führt der Weg an Sonnenbadenden auf der schmalen Promenade und an der Ruderregattastrecke, auf der auch Weltcup-Rennen abgehalten werden – und Ende August 2011 sogar die Weltmeisterschaften. Die meisten Gefährte auf dem See gehören aber den Gondolieri, die ihre Gäste auf hölzernen Booten zur Kircheninsel befördern (aber im Gegensatz zu ihren venezianischen Kollegen weder singen noch gestreifte Hemden tragen).

Der Reiz Sloweniens liegt durchaus auch im etwas schroffen Äußeren. Es ist kein sanftes Land. Keine lila Lavendelfelder, keine gefälligen Hügel, keine Boutique-Hotels. Sondern schroffes Gebirge, deftige Speisen, blutige Sagen voller Drachen und finsterer Gestalten. Vor allem aber, und darauf legen die Menschen hier Wert, ist Slowenien nicht Osteuropa. Sondern Mitteleuropa. Der letzte Außenposten vielleicht, aber ganz bestimmt Mitteleuropa.

Geradezu südeuropäisch wird es dagegen an dem schmalen adriatischen Küstenstreifen. Wer im Hafen von Piran steht, der glaubt, er sei an einem italienischen Adria-Ort gelandet, inklusive Fischerei- und Yachthafen. Es ist genau so pittoresk und lärmend lebhaft zugleich wie in Italien; Palazzi und Kirchen sind sogar in venezianischer Bauart errichtet. Vielerorts wird sogar noch Italienisch gesprochen. Die Orte Koper, Portoroz und Piran an der knapp vierzig Kilometer langen slowenischen Adria waren die einstigen Außenposten der Seerepublik Venedig. Einziges Manko der Küste: Ihr fehlen vielerorts die feinen Sandstrände, die so typisch für die italienische Adria sind. Daher geht es, beispielsweise in Piran, von der Mole per Leiter ins Wasser. Weil die Region bis zum Zweiten Weltkrieg zu Italien gehörte, heißen die Orte auf Wegweisern und Straßenkarten auch Capodistria, Portorosa und Pirano.

Mehr Berlin als Balkan: Ljubljana ist die Hauptstadt des jungen Landes, randvoll mit Spaß, Jugend, Leben und Kultur.

In den Straßencafés treffen sich Lebens- und sonstige Künstler; davon hat die Stadt reichlich. Die Kulturszene sorgt international für Furore – etwa mit Evgen Bavcar, der fotografierend durch die Welt reist, jedoch völlig blind ist. "Ich bin jemand, der sich in einem dunklen Raum nach Licht sehnt", sagt er. "Aus dieser Sehnsucht heraus fotografiere ich." Oder mit dem Avantgardisten Dragan Zividanov, der seine Kunst per Satellit im Weltraum installieren will. Auch Architekten toben sich aus: Das Studio Sadar + Vuga entwarf die elegant geschwungene "Arena", eine Sporthalle mit Einkaufszentrum, die längst zum neuen Wahrzeichen der Stadt geworden ist. Die Architekten bauen auch gerade ein Hotel, denn die Hotellerie der Hauptstadt ist noch nicht dort, wo andere Metropolen angelangt sind. "Ljubljanas Stärke ist ihre Leichtigkeit", erklärt Architekt Bostjan Vuga. "Wir haben eine Hauptstadt ohne den schweren Glanz der Repräsentationsbauten. Es gibt reichlich Platz, um ikonische Gebäude zu schaffen."

Wer es weniger mit moderner Architektur hält, dem sei eine Landpartie empfohlen, am besten in Richtung der Golfplätze Schloss Mokrice und Otocec. Beide liegen vielleicht etwas abseits der üblichen touristischen Routen, locken aber mit Hotels wie aus Grimms Märchen: Mokrice mit einer spätmittelalterlichen Burg, Otocec mit einem bezaubernden Wasserschloss inmitten eines Sees. Und die beiden dazugehörigen Plätze müssen sich nicht verstecken wie Aschenputtel, sondern gehören auch im europäischen Vergleich zur Oberliga. Die Greenfees allerdings sind noch auf niedrigerem Niveau – ein weiteres Argument für eine Golfwoche in Slowenien.